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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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bräuchte er eine Stütze. Lapidus sieht mir nach, wie ich gehe, und schließt dann langsam die Tür. Aber in der letzten Sekunde … unmittelbar bevor er sich umdreht … als er sich mit der Hand über die Oberlippe fährt … Ich schwöre, daß er den Anflug eines Grinsens unterdrückt.
     
    »Also wollte er dir nichts verraten?« fragt mich Charlie, als wir uns auf der Park Avenue nebeneinander durch die Menge der Leute schlängeln, die ihre Mittagspause machen.
    »Können wir bitte aufhören, davon zu reden?« fahre ich ihn an.
    »Und was ist mit …?«
    »Ich sagte, ich will nicht darüber reden!«
    Charlie tritt zurück und hält mir seine Handflächen vors Gesicht. »Hör zu, du mußt es mir nicht zwanzigmal sagen. Ich habe Besseres vor. Also was willst du dir zuerst kaufen? Ich denke da an etwas Kleines, was man gut verstecken kann. Zum Beispiel Delaware.«
    Diesmal antworte ich gar nicht.
    »Was? Du magst Delaware nicht? Okay. Wie wär’s mit Carolina?«
    Ich schweige beharrlich.
    »Komm schon, Ollie, sei lieb zu mir … Zuck mit den Schultern … Schrei mich an … mach irgendwas.« Er weiß, daß ich viel zu rechthaberisch bin, um mir auf die Zunge zu beißen, also ist ihm natürlich auch klar, daß ich an etwas anderes denke, wenn ich schweige.
    »Halloooo … Erde an Oliver! Du sprechen Español?«
    Ich überquere die 41st Street. Noch ein Block. »Glaubst du, daß Shep uns angreifen würde?« frage ich aufgeregt.
    Charlie lacht laut auf. Es ist wieder dieses Kleiner-Bruder-Lachen. »Machst du dir deshalb in die Hose?«
    »Ich meine es ernst, Charlie. Wir müssen davon ausgehen, daß er uns deshalb treffen will. Er wird unser Gespräch aufzeichnen, und dann muß er uns nur noch …«
    »Wird Zeit, schleunigst in den Bus zu springen und das Land der Phantasie zu verlassen. Wir reden hier von Shep. Er macht nicht mit, um uns reinzulegen. Er ist genauso scharf auf das Geld wie wir.«
    »Sprich für dich selbst«, erwidere ich. »Ich habe die Nase voll von dem Geld. Ich mache mir nur Sorgen, daß wir bis zum Hals in dieser Er hat gesagt – Wir haben gesagt – Nummer stecken, wenn es hart auf hart kommt.«
    »Dann sage ich dir eines: Wenn es dazu käme, wäre er ein Narr. Ich meine, so, wie wir das aufgezogen haben, konnten wir es gar nicht allein durchführen. Selbst Shep weiß das. Wenn er also mit dem Finger auf uns zeigt, muß ihm klar sein, daß er genug Fingerabdrücke hinterlassen hat, um sich selbst zu verraten. Außerdem haben wir keine Wahl. Er ist unser einziger Mann innerhalb des Systems.«
    Erneut verstumme ich. Soweit es um das Geld geht, hat mein Bruder absolut recht. Was aber das große Gesamtbild betrifft, fehlt uns noch eine ganze Tonne an Information. Und während wir die 42 nd überqueren und uns schnell der Grand Central Station nähern, gibt es nur noch einen Ort, an dem wir sie uns beschaffen können.
    »Bist du bereit?« fragt Charlie, während er die Tür zum Bahnhof aufzieht und sich wie ein Butler verbeugt. Er beobachtet mich scharf und wartet auf ein Zögern.
    Ich bleibe an der Schwelle stehen, aber nur eine Sekunde. Bevor er mich provozieren kann, trete ich ohne einen Blick zurück hindurch.
    »Jetzt geht’s zur Sache«, sagt er leise.
    »Los, komm!« rufe ich und mache Tempo. Schon sein Schweigen verrät mir, was er denkt. Er weiß nicht, ob meine Zuversicht echt ist oder ob ich nur unbedingt ein paar Antworten haben will. Als ich mich herumdrehe, um zu sehen, wie er sich fühlt, bemerke ich, wie begeistert er ist.
    Die ersten Schritte gehen wir durch einen niedrigen, klaustrophobischen U-Bahn-Tunnel. Dann – es ist der Moment, an dem man mit dem Wagen den Brooklyn Battery Tunnel verläßt und ganz Manhattan sich vor einem ausbreitet –, dann treten wir die ersten Schritte ins Licht. Die Decke schwingt sich immer weiter nach oben, und das enorme, von Marmor eingefaßte Gewimmel der Grand Central Station taucht vor uns auf. Charlie legt den Kopf in den Nacken und schaut zu den fünfundzwanzig Meter hohen Fenstern hinauf, die an der linken Wand verlaufen, und dem blauweißen Wandgemälde, das die Gewölbedecke ziert. Es zeigt die Tierkreiszeichen.
    Laut der Uhr in der Mitte des Bahnhofs bleiben uns noch etwa drei Minuten. Ich drehe mich im Laufen zu Charlie um. »Wie kommen wir am einfachsten …?«
    »Mir nach!« unterbricht er mich. Er findet es aufregend, die Führung zu übernehmen. Ich habe zwar schon von dem Ort gehört, zu dem wir unterwegs sind, war aber noch nie

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