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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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verändert zu haben: »Ich will nichts als mit dir weggehen. Nur weggehen, weit, weit weg!«
    Sie war so enthusiastisch, so voller Tatendrang, sie war fähig, in ihren Gedanken die Welt aus den Angeln zu heben. So wie David früher, als er noch jung und dynamisch und sicher gewesen war, die Welt ließe sich nach seinen Vorstellungen formen. Doch ein Teil dieses Jungseins, dieser Dynamik war mit Esther zurückgekehrt. Ihre Augen blitzten ihn unternehmungslustig an, und David hatte Mühe, diese ihre Lust zu zähmen, nicht sofort loszurennen und im Überschwang ihrer Gefühle einen verhängnisvollen Fehler zu begehen. Trotz all ihrer Intelligenz, trotz ihrer Reife vermochte sie noch nicht, ihre Emotionen im Zaum zu halten. Sie mußte es lernen, unbedingt, denn der kleinste Fehler, die geringste Unachtsamkeit vor allem Nicole gegenüber hätte nicht wiedergutzumachende Konsequenzen nach sich gezogen.
    »Das will ich auch. Aber bitte, laß uns nichts übereilen! Ich sehe es deinen Augen an, du beginnst, an mir zu zweifeln, aber das brauchst du nicht. Laß uns bitte in Ruhe darüber sprechen. Wir müssen einen Plan machen, einen hieb- und stichfesten Plan, den uns keiner durchkreuzen kann. Erst wenn wir jede Unwägbarkeit erkannt und aus dem Weg geräumt haben, dann verschwinden wir. Ich verspreche es. Einverstanden? Aber glaub mir, wenn ich jemals mit einem Menschen blind abgehauen wäre, dann mit dir.«
    Sie nickte verständig und kaute auf ihrer Unterlippe. »Duhast recht. Und ich vertraue dir. Wir machen einen Plan. Morgen machen wir einen Plan. Und bevor die Ferien um sind, sind wir weg. In fünf Wochen sind wir nicht mehr hier.«
    David lächelte sie an und strich über ihr schweißnasses Haar – es war aber ein anderer Schweiß als der von Johanna, in diesem Schweiß hätte er baden, er hätte ihn trinken können! »Wir müssen verdammt vorsichtig sein. Sollte Nicole auch nur den leisesten Verdacht schöpfen, wird sie uns vernichten. Das hast du selbst gesagt.«
    »Diese alte Kuh wird uns keinen Strich durch die Rechnung machen«, zischte sie, und für einen Moment ähnelte sie Nicole. Sie stand auf. »Ich schwöre dir, sie wird es nicht schaffen!«
     
    Sie wuschen sich und kleideten sich an. Esther fönte ihr Haar trocken, während David das Schlafzimmer so richtete, daß Nicole unmöglich etwas von dem morgendlichen Treiben merken konnte. Er bezog das Bett frisch und stellte die Waschmaschine an, instruierte Esther, sie solle sagen, daß sie sich gelangweilt und nichts Besseres zu tun gehabt hätte, als ein wenig aufzuräumen, und dabei seien ihr eben auch die Betten unter die Finger gekommen.
    Nicole würde heute um halb fünf nach Hause kommen. Eine Stunde zuvor verabschiedete sich David von Esther. Sie verabredeten sich für den Abend, Esther sollte zu einem bestimmten Treffpunkt in die Stadt kommen, und dann würden sie etwas unternehmen.
    »Warum mußt du jetzt weg?« fragte sie traurig, als er sie in den Arm nahm und ihr Haar und ihre Ohrläppchen küßte. »Daß alles so heimlich geschehen muß!«
     
    David erledigte die notwendigen Einkäufe, Milch, Butter, etwas Wurst, Bananen und Äpfel und eine Flasche Whisky. Whisky schmeckte ihm mittlerweile besser als Cognac, allmählichbegann er sich an diesen seltsam herben, fast seifigen Geschmack zu gewöhnen. Er brauchte eine Stunde für den Einkauf, stand in einer langen Schlange an der Kasse an, von den acht Kassen waren nur zwei besetzt. Und doch fühlte er sich heiter und beschwingt, selbst die gnadenlose Hitze, die sich in den Häuserschluchten staute und von einem heißen böigen Südostwind nur verteilt wurde, machte ihm nichts aus. Sein Denken konzentrierte sich nur noch auf einen Fixpunkt direkt vor ihm, und er würde vorläufig weder nach links noch nach rechts sehen. Vor dem Supermarkt stand ein Notarztwagen, in dem hektische Betriebsamkeit herrschte. Ein alter, magerer Mann stand ängstlich und traurig blickend direkt davor, der Stock in seiner rechten Hand zitterte. Eine Frau kam auf ihn zu und sagte, er solle sich keine Sorgen machen, das sei nur die Hitze, und seiner Frau würde es sicher bald bessergehen. Der alte Mann nickte, aber er schien kaum wahrzunehmen, was die nette Frau zu ihm sagte. Dann ging die Tür des Notarztwagens auf, ein ganz in Weiß gekleideter Arzt mit Nickelbrille und kurz geschorenem Haar sprang herunter und kam auf den Mann zu, Besorgnis im Blick. Er faßte ihn kurz bei der Schulter und schüttelte den Kopf, und der alte

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