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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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und das Gespräch war zu Ende. David atmete tief ein und blies die Luft mit kräftigem Druck wieder aus. Er stand auf, um sich noch einen Whisky einzuschenken, und während er die Flasche aufschraubte und die braune Flüssigkeit über das Eis goß, klingelte das Telefon erneut.
    Nicole, die Hexe! Ihre Stimme segelte auf Samtschwingen durch die Leitung und säuselte in sein Ohr: »Hallo, großer Mann! Wie geht es dir?«
    »Gut, warum?«
    »Ich habe mir etwas überlegt. Du bist doch deine Familie jetzt für eine ganze Weile los, warum kommst du eigentlich nicht öfter zu mir?«
    »Steht davon etwas im Vertrag?«
    »Ich habe kurzentschlossen eine Zusatzklausel eingefügt. Ich würde dich gerne heute abend sehen.«
    »Heute abend geht nicht, tut mir leid.«
    »Und warum nicht?« fragte sie und tat enttäuscht, doch David bemerkte, wie sich die Samtstimme in wütendes Klapperschlangenrasseln verwandelte.
    »Ich habe einem Bekannten versprochen, ihm bei einer Arbeit zu helfen«, log er.
    »Schade, Esther ist nämlich heute abend weg, dann hätten wir sturmfreie Bude. Sie hat heute morgen sogar vor lauter Langeweile das Bett frisch bezogen und überall staubgewischt und gesaugt und zwei Maschinen Wäsche gewaschen. Aus der wird doch noch mal was. Ich dachte nur, wir könnten das frischbezogene Bett einweihen.«
    »Sicher. Aber wie gesagt, es geht nicht.« David grinste innerlich und stellte sich vor, Esther stand in Hörweite des Telefons und grinste ebenfalls.
    »Ein andermal.«
    »Ein andermal, ein andermal!« Ihre Stimme wurde schneidend. »Wie lange bist du bei deinem Freund?« fragte sie hart.
    »Es kann spät werden. Sehr spät.«
    »Ich habe verstanden. Aber morgen abend, mein Freund, will ich dich sehen. Ich bezahle dich nicht nur dafür, daß du den ganzen Sommer über meine liebe Tochter ausführst. Ich habe bestimmte Vorstellungen, was unsere Beziehung angeht …«
    »Wir haben keine Beziehung«, unterbrach David sie schroff, »wir haben ein bloßes Arbeitsverhältnis, wie du ja selbst gesagt hast! Ich würde mit dir nie eine Beziehung haben! Außerdem war das Ausführen deiner lieben Tochter deine Idee.«
    »Oh, schau an, der Herr wird aufsässig! Gut, dann werden wir doch mal sehen, wer von uns am längeren Hebel sitzt! Bis morgen, mein Lieber, und verleb einen schönen, angenehmen Abend.«
    Sie legte auf, ohne eine Erwiderung abzuwarten. David ließ sich zurückfallen und dachte nach. Er war mutiger geworden, er ließ sich nicht mehr alles gefallen.
    Er schaute jetzt unentwegt zur Uhr, die Zeiger kreisten mit geradezu unverschämter Gemächlichkeit um das Ziffernblatt, doch schließlich wurde es halb acht und Zeit für ihn loszufahren, um seinen Engel, seine Zukunft nicht warten zu lassen. Er zog frische Socken an und seine Slipper über. Es klingelte. Eine Nachbarin, die es nur mit Schwarzen trieb, beinahe Woche für Woche kam ein neues Gesicht die Treppen hoch, und die allein mit zwei kleinen krausköpfigen Kindern am Ende des Flurs wohnte, stand vor ihm. Eine Zigarette hing lose im Mundwinkel, die strubbeligen, wasserstoffblond gefärbten Haare waren zerzaust, die Lippen blaß und die Augen klein, leblos und übermüdet, tiefe Furchen hatten sich um die Nase und den Mund gegraben, die fetten Oberschenkel und der noch fettere Hintern waren in hautenge Leggings gepreßt, die Nippel des ballonartigen, in ein enganliegendes durchsichtiges Shirt gezwängten Busens zeigten wie Richtungspfeile vom Bauch ab zum Boden, derauf ihre ungepflegten Fuß- und Fingernägel aufgetragene Lack war nur noch zu erahnen, eine Schlampe ersten Grades, die David nicht einmal mit einer Beißzange angefaßt hätte. Sie reichte ihm ein Päckchen und stieß mit rauchiger, brüchiger, ordinärer Stimme hervor: »Das ist heute morgen für Sie abgegeben worden. Es hat nichts gekostet.«
    »Danke«, sagte David und nahm das leichte Päckchen in seine Hände. Die Frau machte wortlos kehrt und schlurfte in ihren ausgelatschten Schlappen zu ihrer Wohnung zurück, in der eines der Mischlingsgören plärrte.
    David ließ die Tür ins Schloß fallen und schnitt die Schnur des Päckchens durch, riß das Papier ab. Kein Absender. Als er den mit festem Klebeband umwickelten gelben Karton aufschnitt und die Klappe hochbog, wurde ihm für einen Moment schwindlig, dann übel, er stürzte ins Bad und kotzte sich die Seele aus dem Leib. In dem Paket war in Plastik eingewickelter Hundekot!
     
    Als sein Magen zur Ruhe gekommen war, wusch er sich die

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