Die Bankerin
doch noch, bei welcher Bank du dein Konto hast.«
»Bei der D EUTSCHEN G ENERALBANK , warum?«
»Schon gut, ruf jetzt an.«
»Sie arbeitet …«
»Dann ruf sie im Büro an, du wirst doch wohl ihre Nummer haben, oder?«
David nahm den Hörer ab, wählte Nicoles Nummer. Sie nahm nach dem zweiten Läuten ab.
»Vabochon.«
»Hier ist David. Entschuldige, daß ich dich in der Bank anrufe, aber es bleibt mir keine andere Wahl. Sie möchten mit dir sprechen.«
»Warum? Hab ich was verbrochen?«
»Nein, reine Routine, glaub mir …«
»Und wenn deine Frau davon erfährt …«
»Sie wird es nicht erfahren, versprochen. Ich konnte mich aber nicht dagegen wehren, sie bestehen darauf, mit dir zu sprechen.«
»Gut, dann sollen sie vorbeikommen, ich bin den ganzen Tag im Büro. Wir unterhalten uns später darüber. Es wäre ganz gut, wenn du heute abend vorbeikämst. War’s das?«
»Ja, ja, und ich komme heute abend vorbei. Es tut mir leid,daß du jetzt auch noch in die Sache hineingezogen wirst, aber wie gesagt, sie bestehen darauf.«
»Schon gut, schon gut, mach dir keine Sorgen. Bis heute abend.«
David legte auf und sah Henning an. Er zog die Stirn in Falten, kniff die Lippen zusammen, sagte dann: »Du kannst bei ihr vorbeikommen. Sie arbeitet bei der D EUTSCHEN G ENERALBANK , dreizehnter Stock. Ihr Name ist Nicole Vabochon, ich schreib’s dir auf.«
Nach weiteren fünf Minuten verabschiedete sich David und machte sich auf den Weg zu Esther. Es würde seine strapazierten Nerven beruhigen. Er hatte Angst vor dem Abend, vor der Konfrontation mit Nicole.
Donnerstag, 12.30 Uhr
D EUTSCHE G ENERALBANK . Dreizehnter Stock, das Büro von Nicole Vabochon.
Henning klopfte an die Tür, ein leises »Herein«. Henning war von dem sich ihm bietenden Anblick genauso überrascht wie David damals beim ersten Zusammentreffen. Er ließ sich die Überraschung nicht anmerken. Er schloß die Tür hinter sich, kam näher, wies sich aus, setzte sich. Jetzt konnte er sich wenigstens vorstellen, warum diese Frau sich einen bezahlten Liebhaber hielt.
»Ich habe nur ein paar Fragen, und ich werde die Angelegenheit so diskret wie möglich behandeln. Sie brauchen keine Angst zu haben, Herrn von Marquardts Frau könnte etwas davon erfahren.«
»Ich habe keine Angst, er müßte Angst haben …«
»Hat er auch. Ich habe ihm aber versprochen, daß jedes Wort, das wir hier sprechen, absolut vertraulich behandelt wird.«
»Also«, sagte sie, »was führt Sie zu mir?«
»Herr von Marquardt, der übrigens ein Freund von mir ist, hat Ihnen doch sicherlich seine Geschichte erzählt, oder?«
»Wenn Sie das mit seiner Firma meinen und wie seine Familie und er terrorisiert werden … natürlich hat er das. Ich bin ja wohl eine der wenigen Personen, denen er sein Herz ausschütten kann.«
»Sie haben auch von den Morden gehört?«
»Ich kenne jede Einzelheit, zumindest die, die Herr von Marquardt kennt. Es ist eine scheußliche Sache. Die Frage ist nur, wer steckt dahinter? Soweit ich weiß, tappt die Polizei völlig im dunkeln.«
»Noch … aber inzwischen wissen wir, daß eine Frau die Drahtzieherin ist. Zumindest was den Verkauf der Softwarerechte an die P RO C OM angeht. Und auch, daß besagte Rechte nur unter der Bedingung an die P RO C OM vergeben wurden, wenn diese Herrn von Marquardt einstellt. Und der Inhaber der P RO C OM hat sich bei Ihrer Bank für Herrn von Marquardt stark gemacht …« Er machte eine Pause und musterte die vor ihm sitzende, in ein dunkelbraunes Kostüm gekleidete Frau. Sie zeigte keine Regung.
Nach einer Weile: »Ja, und? Was wollen Sie jetzt von mir? Was habe ich damit zu tun?«
»Keine Ahnung, ob Sie überhaupt mit irgend etwas, was diesen Fall betrifft, zu tun haben. Ich will Ihnen nur ein paar Fragen stellen, ein paar Angaben zu Ihrer Person haben …«
»Schießen Sie los, ich habe nichts zu verbergen.«
»Ihr Name ist Nicole Vabochon. Alter?«
»Sechsunddreißig.«
»Ihr Mädchenname?«
»Maier, mit ai.«
»Geburtsort?«
»Nürnberg.«
»Dort sind Sie auch aufgewachsen?«
»Ja.«
»Seit wann leben Sie in Frankfurt?«
»Neunzehnhundertzweiundachtzig.«
»Verheiratet sind Sie nicht, sonst hätten Sie Herrn von Marquardt sicher nicht dieses doch etwas seltsame Angebot gemacht. Was hat Sie dazu gebracht, ihn für dreimal in der Woche bei sich … einzustellen?«
»Das geht Sie im Prinzip nichts an, aber ich mag Herrn von Marquardt. Und ich bin eine sehr einsame Frau. Es ist wirklich nur ein
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