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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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deine Arme sehen?«
    »Warum denn das?«
    »Bitte, zeig sie mir!«
    Alexander streckte David die Arme entgegen, der Einstich war deutlich zu erkennen. »Hier«, sagte David, »sie haben dir außerdem Heroin gespritzt.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe dir doch erzählt von den anonymen Anrufen, die wir bekommen. Du hast mir damals nicht glauben wollen, du hast gemeint, du würdest vorsichtig sein. Sie haben dich gekriegt. Ich bin gestern nacht angerufen worden. Auch du trägst jetzt ihr Zeichen.«
    »Heroin?« fragte Alexander entsetzt und erhob sich langsam. David hatte Mitleid mit dem großen, starken Jungen, der sich auszog und die Wäsche einfach auf den Boden fallen ließ und mit den Tränen kämpfte. »Sie haben mir Heroin gespritzt? Warum denn das?«
    »Diese Frage kann ich dir nicht beantworten.«
    David erwähnte auch nichts von der mit Aidsviren verseuchten Spritze. Alexander war schon fertig genug, er würde es jetzt noch nicht verkraften. Er ließ ihm ein Bad ein und holte frische Wäsche aus dem Schrank, die stinkende packte er in die Waschmaschine. »Nimm ein Bad, und dann ißt du was.Und danach wirst du dich ausschlafen. Ich werde bei Dr. Sintermann anrufen und ihn bitten vorbeizukommen. Er soll dich untersuchen.«
    »Nein, keinen Arzt, ich werde schon wieder. Ich muß nur schlafen.«
    »Ganz sicher keinen Arzt?«
    »Nein, ganz sicher. Ich will nur Ruhe.« Alexander ging ins Bad, stellte das Wasser ab und legte sich in die Wanne. David machte ihm etwas zu essen, Cornflakes mit viel Zucker und Milch. Aids! Sie hatten nicht gelogen, sie waren dabei, die Brut zu vernichten.
     
    Am Nachmittag, Alexander schlief tief und fest, rief David bei seiner Bank an und erkundigte sich nach dem Kontostand. Es war bereits der Neunte des Monats, und noch immer waren die achtzehnhundert Mark von Nicole nicht auf dem Konto, dabei war doch sonst das Geld nie später als am Ende eines Monats da. Nein, man könne sich das nicht erklären, es gäbe auch keinen Computerfehler. Aber die Kreditrate wäre fällig und auf seinem Konto nicht genügend Deckung vorhanden. Er solle bitte bis spätestens Mittwoch für Ausgleich sorgen. David begann zu schwitzen, er würde Nicole zur Rede stellen. Vermutlich war dies ein perfider Trick von ihr, ihm eins auszuwischen, vermutlich hatte sie deswegen am Mittwochabend mit diesem süffisanten Lächeln gefragt, der wievielte am Freitag doch gleich wäre. Doch was immer sie anstellen würde, es war nur eine Frage der Zeit, bis er frei war, und er würde auf ihr Geld scheißen; sie sollte es sich sonstwohin stecken, er brauchte sie nicht mehr. Sie hatten Esthers Geld und bereits ein Schließfach gemietet, in dem sie das Geld bis zum Tag ihrer Abreise aufbewahren wollten.
    David ging in Alexanders Zimmer, trat nahe an dessen Bett heran. Alexander atmete ruhig und gleichmäßig, es war heiß im Zimmer, Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet.David sah nachdenklich den friedlich schlafenden Jungen an und schüttelte den Kopf; nein, er würde Alexander wahrscheinlich nie etwas von der verseuchten Spritze erzählen. Nicht heute und nicht morgen, irgendwann würde bei Alexander die Krankheit ausbrechen, irgendwann würde Alexander daran sterben. Doch er würde mit Johanna darüber reden. Er würde ihr die Entscheidung überlassen, ob sie es Alexander sagte oder nicht. Doch Alexander war noch so jung, und vielleicht hatte er ja Glück, vielleicht brach die Krankheit nicht aus, vielleicht blieb ihm ein qualvolles Dahinsiechen erspart, vielleicht wurde ja bald ein Mittel gegen HIV gefunden. Er streckte sein Gesicht zum Himmel empor und dachte voll Zynismus,
du, Gott da oben, wenn du schon mir alles versagst, dann hilf wenigstens diesem Jungen! Er hat dir nichts getan! O ja, ich bin ein Ehebrecher, ich bin nicht nur das, ich bin auch ein Verbrecher! Ich weiß, ich werde eines Tages in der Hölle schmoren, und du wirst dir die Hände reiben! Aber so lange werde ich dieses Scheißleben genießen, und du wirst mir keinen Strich mehr durch die Rechnung machen! Gott, wo um alles in der Welt hältst du dich bloß versteckt?!
     
    Am Nachmittag, als Alexander schlief, fuhr David in die Klinik. Er hatte auf dem Weg dorthin beim Supermarkt haltgemacht und Thomas’ Lieblingsschokolade – Erdbeer-Joghurt – sowie eine Packung Butterkekse und eine Tüte Gummibärchen gekauft. Er sprach mit dem Arzt, ließ sich das Band von den beiden Hypnosesitzungen vorspielen. Danach blieb er noch eine

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