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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wirklich nichts?«
    »Was ist das?« fragte David mühsam beherrscht.
    »Wir werden es untersuchen lassen, aber aller Wahrscheinlichkeit nach Heroin. Es sieht schlecht aus für Ihren Sohn. Sehr schlecht. Und sollten wir herausfinden, daß Sie uns etwas verschweigen, dann sind auch Sie wegen Vertuschung einer Straftat dran.«
    »Er hat nicht gedealt!« kreischte Johanna und fuchtelte wild mit den Armen. »Was immer hier passiert und was immer Sie hier finden mögen, Thomas hat damit nichts zu tun! Wir sind allesamt gläubige Christen, und wir tun so was nicht! Verstehen Sie, wir nicht!!«
    »Christen haben Christen umgebracht, gute Frau Marquardt. Christen haben schlimmere Verbrechen begangen als irgendwer sonst. Christ sein heißt gar nichts. Absolut nichts! Selbst die größten Mafiabosse gehen sonntags in die Kirche und stellen Kerzen auf. Aber nichtsdestotrotz alles Gute«, sagte der Mann zynisch und verabschiedete sich. An der Tür drehte er sich noch einmal um und meinte: »Aber vielleicht sollten Sie nicht nur beten, daß Ihr Sohn durchkommt, sondern auch dafür, daß alles wirklich nur ein Mißverständnis ist. Gute Nacht.«
    David blieb mit dem Rücken an die Tür gelehnt stehen, die Schritte der Männer verhallten im Treppenhaus, die Haustür schlug scheppernd zu. Er hörte das Starten des Motors, das Geräusch des sich langsam entfernenden Autos. Johanna kam aus dem Wohnzimmer, rotgeränderte Augen, Hilflosigkeit im Blick. Sie schneuzte sich die Nase. »Warum Thomas? Mein Gott, warum ausgerechnet er? Er hat doch wirklichniemandem etwas getan! Und das stimmt nicht, daß er mit Drogen handelt! Nicht er, nicht Thomas!« Sie stockte kurz, den Blick zu Boden gerichtet. Dann fuhr sie fort: »Aber ich habe immer schon gewußt, daß eines Tages irgend etwas mit ihm passieren würde – immer nachts unterwegs, immer allein, und das in Frankfurt! Wie oft habe ich ihn gewarnt. Und er, was hat er gemacht, er hat immer nur gelacht und abgewunken. Und jetzt stirbt er vielleicht …« Sie weinte wieder und legte ihren Kopf an seine Schulter, vergessen war der Zornesausbruch von vorhin. Johannas Haar roch selbst jetzt nach Zwiebeln und Gebratenem.
    »Laß uns für ihn beten!« bat sie.
    »Beten?« David lachte ätzend auf und stieß Johanna weg.
    »Gott liebt uns doch nicht!« zischte er. »Steck dir deinen Gott sonstwohin, aber der Gott, den wir uns all die Jahre über eingebildet haben, dieser Gott existiert nicht! Ich habe mich getäuscht, und du solltest selber einmal überlegen, ob du nicht einem Phantom nachjagst.«
    »Hör auf!« schluchzte Johanna. »Hör endlich auf! Du denkst doch in letzter Zeit sowieso nur noch an dich und deine Sauferei.«
    David ignorierte ihre Worte. »Ich werde jetzt im Krankenhaus anrufen. Geh ins Bett.«
    Er griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer. In der Wohnung über ihnen wurde die Musik angestellt. Laut und hämmernd. Dreckiges Gesindel! Es dauerte lange, bis sich eine weibliche Stimme meldete. David fragte nach Thomas, die Schwester versprach, den Arzt zu holen. Es vergingen mehrere Minuten. Der Arzt berichtete mit schnarrender, unfreundlicher Stimme, ohne ihn zu Wort kommen zu lassen, Thomas sei bewußtlos und habe viel Blut verloren. Mit einem stumpfen Gegenstand, vermutlich einem Knüppel, seien ihm sehr schwere Schädelverletzungen zugefügt worden, dazu mehrere Stiche in Brust, Bauch und Rücken. Zwei Stiche hatten die Wirbelsäule verletzt. Vermutlichwürde Thomas, sollte er überleben, den Rest seines Lebens im Rollstuhl zubringen müssen. Aber es wäre noch zu früh, Prognosen abzugeben. Die nächsten achtundvierzig Stunden müßten abgewartet werden. Überstand er die, stünden seine Chancen gar nicht so schlecht. Sie könnten Thomas am Sonntag besuchen, aber nur für ein paar Minuten. Dann legte der Arzt nach einem kurzen »Auf Wiederhören« auf, ohne David die Chance zu geben, eine Frage zu stellen.
    Er berichtete Johanna. Nathalie kam aus dem Kinderzimmer und wischte sich über die Augen. Sie blickte kurz auf und tippelte vorbei auf die Toilette, und genauso geräuschlos verschwand sie wieder in ihrem Bett. Johanna ging vor David ins Schlafzimmer, er legte sich neben sie, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
    »Es gibt Gott«, flüsterte sie und sah ihn von der Seite an, und es klang trotzig, so, als zweifelte auch sie in ihrem tiefsten Innern, als müßte sie sich selbst in ihrem Glauben bestärken. »Glaub doch, was du willst! Für mich jedenfalls ist Schluß

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