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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Wolkenwand auf die Stadt zu. Der Wetterbericht hatte wieder einmal Gewitter angekündigt, wie fast jeden Tag in den vergangenen Wochen. Trotzdem hatte der Pegel des Mains einen Rekordtiefstand erreicht, der Wassernotstand war in Teilbereichen des Rhein-Main-Gebietes ausgerufen worden. Autowaschen und Rasensprengen waren verboten. Und schon wurde angekündigt, daß, wenn nicht bald eine Änderung der Wetterlage einträte, die Wasserversorgung auf bestimmte Stunden reduziert werden müßte.
    Nathalie und Maximilian saßen vor dem Fernsehapparat. Johanna begrüßte die Kinder und umarmte sie, erzählte nur kurz von der Ostsee und ließ sich gleich darauf Badewasser einlaufen. David nahm ein Aspirin gegen seine Kopfschmerzen und bereitete dann einen großen Teller belegter Brote mit Salami, Schinken, Käse und Tomaten, dazu schnitt ereine frischgekaufte Gurke in dünne Scheiben und legte Zwiebelringe und Radieschen dazu. Er stellte zwei Karaffen mit Säften auf den Tisch, den Maximilian und Nathalie deckten.
    Sie saßen zu viert am Tisch, Alexander war irgendwo bei Freunden, sie sprachen ein Tischgebet und aßen beinahe schweigend. Kurz nach dem Essen ging Johanna zu Bett. David räumte den Tisch ab und spülte das wenige Geschirr, das Wasser lief nur langsam ab. Schon einige Male hatte Johanna ihn gebeten, den Abfluß zu reinigen. Er haßte diese stinkende, eklige Arbeit, aber dafür einen Klempner kommen zu lassen hätten sie sich momentan nicht leisten können. Er trocknete ab, danach brauchte er nicht einmal zehn Minuten, bis er die schleimige, übel stinkende Masse aus dem Siphon unter der Spüle entfernt hatte.
    David langweilte sich. Dabei hätte er eine Menge zu erledigen gehabt, Überweisungen überfälliger Rechnungen ausschreiben, zwei Briefe beantworten oder das eine oder andere Telefonat führen müssen. Doch er tat nichts davon. Um halb zehn duschte er. Er kam gerade aus dem Bad, als das Telefon klingelte. Nicole!
    »Komm her«, sagte sie, »ich brauche dich jetzt, großer Held!«
    »Das geht heute nicht«, flüsterte er, »wirklich, heute nicht.«
    »Schlappschwanz!« zischte Nicole und knallte den Hörer auf. Wenig später klingelte das Telefon ein weiteres Mal. Er nahm sofort den Hörer ab, um Johanna nicht zu wecken. Schweres, ziehendes Atmen am anderen Ende. David fragte ein paarmal leise, wer da sei, keine Antwort. Er legte auf, stellte das Telefon leise und nahm es mit sich ins Wohnzimmer. Es klingelte erneut. Wieder nur dieses schwere Atmen, das David die Kehle zuschnürte. Er wollte gerade auflegen, als eine unbekannte, fistelnde Stimme sagte: »Schau in deinem Briefkasten nach.« Klicken.
    David zog sich eilig etwas über und rannte wie von Furiengehetzt zum Briefkasten. Er schloß ihn mit fahrigen Fingern auf, ein kleiner, weißer Umschlag steckte drin. Er griff ihn mit nervöser Hand und riß ihn auf. Auf dem Zettel stand, mit Maschine geschrieben:
Wir werden deine Brut vernichten
. Keine Anrede, natürlich keine Unterschrift. Jemand hatte David einen Bleimantel umgelegt, unter dem er meinte ersticken zu müssen. Das Treppenhauslicht ging aus. Er stopfte den Zettel in seine Hosentasche, rannte zur Trinkhalle, kaufte sich eine große Flasche Whisky. Bevor er die Straße überquerte, schraubte er den Verschluß ab und nahm einen Schluck. Dabei wurde er von zwei angetrunkenen, ungepflegten Männern beobachtet, die Zigaretten zwischen den Fingern hielten. David drehte sich um und kaufte auch für sich eine Schachtel Zigaretten.
    »Hey, Junge«, sagte einer der beiden Männer, ein Bär von mindestens drei Zentnern, »du siehst nicht gut aus. Irgendwas passiert?«
    David atmete tief ein und kräftig wieder aus. Er sah den Mann mit verwirrtem Blick an. »Weiß nicht. Irgendwas Schlimmes. Haben Sie Feuer?« fragte er und steckte sich die erste Zigarette seines Lebens an. Er inhalierte und hustete.
    »Und was?« fragte der Bär mit den von Tausenden von Zigaretten quittegelben Fingerspitzen weiter.
    »Mein Sohn ist zusammengeschlagen worden und sitzt jetzt im Rollstuhl. Wir bekommen anonyme Anrufe und jetzt auch noch Drohbriefe. Und ich habe keine Ahnung, weshalb und wer dahintersteckt.«
    »Das ist Scheiße, Alter! Komm, trink ’n Bier mit uns.«
    »Ich muß hoch, meine Frau …«
    »Äh, Weiber! Meine Alte wartet auch jeden Abend. Die kann mich mal! Is sowieso ’ne alte Schlampe. Soll von mir aus verrecken, die alte Sau, läßt sich jeden Tag, wenn ich auf Tour bin, von ’nem andern Kerl

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