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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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an, ich wollte dir nur Bescheid geben. Mach’s gut und meld dich, sobald du was erfährst.«
     
    Er strich den Besuch bei Thomas. Rief in der Klinik an und sagte Bescheid, danach telefonierte er mit der P RO C OM und meldete sich krank. Wartete, bis die neuen Reifen aufgezogen waren, die Scheibe konnte erst am Nachmittag eingesetzt werden. Er aß den ganzen Tag nichts außer zwei Bananen, trank aber einen Flachmann Chantré. Und er grübelte über sein Schicksal. Um fünf war das Auto bis auf die Lackschäden wieder instand gesetzt. Nachdem er sich geduscht und rasiert und eine Scheibe Brot mit Salami gegessen hatte, instruierte er Nathalie und Maximilian für den Abend. Sie hatten Angst, so lange allein bleiben zu müssen. David versprach, Alexander dazu zu bringen, diesen einen Abend zu Hause zu bleiben.
    »Warum? Die beiden sind doch alt genug, und sie können die Tür abschließen. Was soll schon passieren?« maulte er.
    »Ich will, daß du wenigstens einmal auf dein Vergnügen verzichtest und deinen Beitrag zum Familienleben leistest. Du weißt selbst, was in letzter Zeit hier vor sich geht.«
    »Schon gut, schon gut, schon gut, dann werde ich eben dableiben. Wenn dir davon wohler wird.«
    »Was ist los mit dir? Warum kannst du nicht einmal einfach nur sagen, ja, ich tue es gerne?«
    »Ach komm, die ganze Scheiße wäre doch nicht passiert, wenn du deinen Laden –«
    Zu mehr kam er nicht, David schlug schnell und hart in sein Gesicht. »Du wirst nie wieder so mit mir reden, nie wieder, hörst du?! Und jetzt tu, was ich dir sage, du bleibst hier und paßt auf deine Geschwister auf.«

Montag, 20.00 Uhr
    Pünktlich um acht stand er bei Nicole vor der Tür, doch sie schien nicht da zu sein. Er rannte, nachdem er eine andere Klingel gedrückt hatte und ihm geöffnet worden war, die Treppe hinauf in den fünften Stock. Hinter ihrer Tür war alles still. Er setzte sich auf den Flur, blieb bis zehn, dann fuhr er los. In eine Kneipe. Trank kurz hintereinander vier Bier und vier Korn. Als er zu Hause anlangte, war er betrunken. Zehn Minuten nach zwölf läutete das Telefon. Nicole!
    »Wo warst du?« fragte sie hart.
    »Ich war bei dir!« schrie David in den Hörer.
    »Schrei mich nicht so an! Mag sein, daß du hier warst, aber nicht lange genug! Ich habe mich verspätet, du hättest warten müssen. Das wird Konsequenzen für dich haben.«
    »Leck mich am Arsch!«
    »Gute Nacht, Herr von Marquardt!«
    »Fick dich selber«, sagte er, als sie bereits aufgelegt hatte.

Dienstag, 18.00 Uhr
    Der Zug hatte zwei Minuten Verspätung. Er stand schon eine halbe Stunde am Bahnsteig, ging auf und ab, kaufte am Zeitungsstand ein Magazin, das er mit fahrigen Fingern durchblätterte, beobachtete die Menschen, von denen so manch einer den Bahnhof, diese riesige Halle mit ihren unzähligen Winkeln, für eine Art Refugium hielt. Obdachlose, Junkies, Alkoholiker. Bahnpolizisten in blauen Uniformen liefen Streife. Ein Betrunkener kauerte zusammengesunken neben einem Paßbildautomaten, Passanten gingen entweder achtlos oder angeekelt an ihm vorbei. An einem Stehimbiß standen, wankten, torkelten, schwankten zwei einst sicher hübsche, junge Frauen (benebelt von Heroin oder Schnaps) wie Segelboote bei Orkanstärke, eine von ihnen hatte, während David sie aus gebührlichem Abstand beobachtete, die ganze Zeit die Augen geschlossen, in der einen Hand hielt sie eine volle Tasse dampfenden Kaffees, in der anderen eine vor sich hin glimmende Zigarette, und sie schwankte vor und zurück, und bei einem dieser imaginären Windstöße kippte ihr die Tasse aus der Hand, und alles ergoß sich über ihre nackten, schmutzigen Beine, und sie schrie nicht einmal auf vor Schmerz. Die andere, nur bekleidet mit einem BH und knallengen Shorts über aufgequollenen Schenkeln und einem fetten Hintern, hatte einen Arm dick verbunden, doch sie war fähig, mit dieser Hand ihren Kaffee zu halten. Zwei Männer mittleren Alters, vermutlich Nordafrikaner, kamen auf die Frauen zu und fragten sie, ob sie für einen Fick mitkommen wollten, und einer von beiden wedelte dabei mit einem Zwanzigmarkschein.
    Am Südausgang wurde ungeniert mit Drogen gedealt, eine heruntergekommene Gestalt mit langen, fettigen, strähnigenHaaren, zerschlissenen Kleidern und uralten, durchgelatschten Schuhen, schmutzigen Händen und blutunterlaufenen Augen streckte die Hand aus. Der Mann war höchstens fünfundzwanzig. Vor Bahnsteig zwei schrien sich zwei Ausländer, vermutlich Bosnier, Serben

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