Die Bankerin
ficken.«
»Also gut, ein Bier.«
»Hey, Charlie, laß mal ’n Pils rüberwachsen, geht auf mich.«
»Danke«, sagte David, »das wäre nicht nötig …«
»Reg dich ab, Alter, geht schon klar. Ich merk, wenn’s jemand nötig hat. Kannst dich ja bei Gelegenheit mal revanchieren.«
David hielt die Flasche Whisky hoch. »Hiermit?«
»Da sag ich nicht nein. Ich bin übrigens Manni, und das da ist mein Kumpel Sepp. Der spricht aber nicht«, sagte er lachend, »oder besser gesagt, er spricht überhaupt nichts, der Kerl ist nämlich taub wie ’ne Nuß und stumm wie’n Fisch. Und außerdem krepiert er sowieso bald, hat sich die Leber kaputtgesoffen. Haste mal ’ne Kippe für mich?«
David hielt erst ihm, dann Sepp die Schachtel hin. »Wo wohnst du?« fragte Manni. David deutete auf das Haus.
»’n Scheißhaus! Genau wie meins. Verrottetes Gesindel! Was macht eigentlich einer wie du hier? Siehst nicht aus, als wenn du hierher gehören würdest.«
»Geld! Alles, was fehlt, ist dieses verfluchte Geld! Willst du noch mehr wissen?«
»Vergiß es, überall die gleiche gottverdammte Scheiße! Prost!« sagte Manni, und die drei Männer ließen die Flaschen klirren. Davids Angst und Unbehagen wurden von dem Bier und einem weiteren Schluck Whisky fortgespült.
Als er wieder oben ankam, versteckte er die Flasche in einer Seitenkammer unter einem Haufen ausrangierter Wäsche, die schon seit Monaten unangetastet dort in Säcken stand und eigentlich für die Altkleidersammlung bestimmt war. Das Telefon schlug erneut an, er hörte es, obgleich er es leise gestellt hatte. Er nahm ab. Die Fistelstimme.
»Hast du unsere Botschaft erhalten, Drecksau? Gut so, es wird nämlich hart für dich werden. Schlaf gut, Drecksau!«
Mittwoch, 8.30 Uhr
David rief bei Henning an. Berichtete ihm in kurzen Worten von den Vorfällen der vergangenen Nacht. Erzählte ihm von dem Brief, den Anrufen.
»Kannst du ihn vorbeibringen?« fragte Henning.
»Sicher, aber erst nach der Arbeit. Ansonsten könnt ihr ihn ja in meiner Firma abholen und untersuchen lassen. Und komm mir jetzt bloß nicht, daß ich mir den Brief vielleicht sogar selber geschrieben haben könnte …«
»Quatsch! Einen solchen Blödsinn traue ich dir nicht zu. Ich lass’ ihn abholen und ins Labor bringen, okay?«
»Okay. Bis später.«
Am Abend fuhr er wieder zu Nicole. Und sollte sie auch diesmal nicht zu Hause sein oder aufmachen, so würde er eben geschlagene vier Stunden vor ihrer Tür sitzen bleiben. Johanna hatte den ganzen Tag kaum ein Wort mit David gewechselt, sie ging ihm aus dem Weg. Einmal hatte er sie gefragt, was mit ihr los sei, doch sie hatte nur gemeint, er solle sie in Ruhe lassen.
David hatte Johanna nichts von den seltsamen Anrufen verraten, schon gar nichts von dem Brief, es hätte ihr freudloses Dasein nur um ein paar weitere Sorgen bereichert. Wer wollte ihm Böses, warum drohte man ihm? Er besaß weder Geld noch Einfluß, er war so wertlos wie ein Klumpen Dreck. Und doch gab es irgendwo in dieser verdammten Stadt einen oder mehrere Menschen, die sein weniges Hab und Gut zerstörten und jetzt vielleicht auch noch Hand an seine Familie legten. Es war ein unvollständiges Puzzle, das er hatte, und je mehr und je intensiver er nachdachte, desto weniger glaubte er, daß für die zerstochenen Reifen und das eingeschlagene Fenster und den zerkratzten Lack das Packüber ihm in Frage kam. Irgendein verfluchtes Phantom hatte es auf ihn abgesehen. Doch wer war dieses Phantom?
Wir werden deine Brut vernichten!
Was würde die Zukunft bringen? Was die nächsten Tage? Was, wenn er einen Abend bei Nicole verbrachte, wie heute, und zu Hause …? Die gräßlichsten Gedanken rasten wie in einer Geisterbahn durch seinen Kopf; ein Einbruch, Johanna zusammengeschlagen und vergewaltigt, die Kinder entführt oder getötet, die Wohnung ein Flammenmeer. Seine Phantasie bekam Flügel und flog mit ihm davon in ein Alptraumland.
Und er mußte so verdammt vorsichtig sein im Umgang mit der Polizei. Sie würden immer mehr Fragen stellen und dabei womöglich auf Nicole stoßen. Und auf Nicole zu stoßen hätte bedeutet, daß Johanna von seiner Beziehung erfuhr, daß sein Lügengebilde wie eine Seifenblase zerplatzte. Johanna hätte ihn dann sicher verlassen. Und das wollte er nicht.
Mittwoch, 20.00 Uhr
Diesmal war Nicole zu Hause. Sie blickte ihn kalt an. »Was willst du?«
»Heute ist Mittwoch, und …«
»Na und? Du warst vorgestern auch nicht da!« Sie hatte
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