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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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auf jeden Fall nicht betrunken«, sagte Esther anzüglich und ließ sich in den Sessel fallen.
    »Ich und betrunken?!« Nicole lachte auf. »Ich bin nicht betrunken. Leider!«
    »Das merkst du doch schon gar nicht mehr«, sagte Esther.
    »Freches Gör! Verschwinde ins Bett! Und David fährt nach Hause. Und ich habe meine Ruhe, kapiert?«
    »Dann macht’s mal gut«, sagte David und warf Esther einen belustigten und vielsagenden Blick zu. Sie grinste zurück.
    »Tschüs, David«, sagte sie winkend. »Und schlaf gut.«
    »Ciao, oder wie der Engländer sagt: ›Good night, sleep tight, don’t let the bed bugs bite‹.«
     
    An diesem Abend hatte David so gut wie nichts getrunken. Er lenkte den Wagen durch die Nacht, hielt in einer Seitenstraße und ging an den Kofferraum, machte den Deckel auf,hinter dem sich der Wagenheber und das Radkreuz befanden, nahm die noch fast volle Flasche Weinbrand, die er am Morgen gekauft hatte, heraus und trank einen Schluck. Er wartete, bis die erwünschte Wirkung eintrat, und als er die Flasche in das Versteck zurücklegte, dachte er,
warum hab ich jetzt getrunken?
Er schüttelte den Kopf über seine Dummheit, und natürlich hatte Johanna recht, es ging bergab mit ihm, und wenn er nicht aufpaßte, würde er über kurz oder lang zum Alkoholiker werden, etwa so wie Pierre.
    Er fuhr in gemächlichem Tempo nach Hause. Als er in seine Straße einbog, erblickte er schon von weitem die durch die Nacht blitzenden, rotierenden blauen Lichter. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, er gab Gas. Die Fistelstimme, die Anrufe, die Drohungen! Etwa fünfzig Meter vor seinem Haus mußte er anhalten und das Auto am Straßenrand abstellen, weil zwei Feuerwehrautos und ein Krankenwagen den Weg versperrten und Polizisten Mühe hatten, die Passanten und Schaulustigen vom Ort des Geschehens wegzudrängen. David stieg erleichtert aus. Seine Befürchtungen hatten sich nicht bewahrheitet, im Nachbarhaus war ein Brand im obersten Stockwerk ausgebrochen, und gerade, als er auf sein Haus zulief, wurden zwei Personen auf Bahren aus dem Haus getragen.
    David ließ die Männer vom Roten Kreuz vorbei, dann erblickte er den Hünen Manni, der sich angeregt mit einem anderen Mann unterhielt. David stellte sich neben ihn und fragte: »Was ist hier passiert?«
    »Hey, Alter«, sagte Manni und klopfte David kräftig auf die Schulter, »die ham da oben die ganze Bude abgefackelt. Besoffene Arschlöcher. Einer von denen ist vom dreizehnten Stock runtergesprungen, seine Teile sammeln sie gerade auf. Ich kenn die alle drei, wär sowieso nicht mehr lange mit denen gutgegangen. Verdammtes Polackenpack!«
    »Polen?«
    »Polacken! Ham sich ’n ganzen Tag über zulaufen lassen und selber gefickt. Ich sag doch, Arschlöcher!«
    »Na gut, geht mich nichts an«, sagte David und ging weiter.
    »Nacht.«
    »Hey, Alter«, rief Manni ihm hinterher, »wenn de mal wieder Zeit hast, zischen wir einen, okay?«
    »Okay«, erwiderte David und hielt die rechte Hand in die Höhe. Er würde mit diesem Manni kein Bier trinken. Und erst recht keinen Schnaps. Manni war selber ein Arschloch. Einer, der hierher gehörte, wie die meisten.
     
    Johanna duschte. Alexander stand am Fenster und beobachtete die gespenstische und aufregende Szenerie, die sich unter und über ihm abspielte. Er wandte kurz seinen Kopf in Davids Richtung, murmelte Hallo. David stellte sich zu ihm.
    »Hast du es von Anfang an mitgekriegt?« fragte er.
    »Ziemlich«, war die karge Antwort.
    »Bist du schon lange zu Hause?«
    »Halbe Stunde vielleicht.«
    »Findest du nicht, daß du ein wenig mehr Schlaf nötig hättest?«
    »Nee, ist außerdem mein Problem.«
    »Kann man mit dir nicht mehr in vernünftigem Ton reden?« fuhr David ihn an.
    »Ich geh jetzt wohl besser zu Bett.«
    »Alexander, warte einen Moment«, sagte David. »Es geht so nicht weiter. Du bist mein Sohn, und wenn ich etwas falsch gemacht habe oder ich mich für irgend etwas entschuldigen müßte, dann sag’s einfach. Aber behandle mich nicht wie ein Stück Dreck. Zumindest sag’s mir, wenn ich in deinen Augen Dreck bin.«
    Alexander schaute seinen Vater sehr ernst an, er stützte sich mit beiden Händen auf das Fensterbrett, sein Kopf war in das blaue, rotierende Licht der Kranken-, Feuerwehr- und Polizeiautos getaucht, er zuckte mit den Schultern und verzogdie Mundwinkel. Dann sagte er im Flüsterton, so daß keiner außer David es hören konnte, der ungefähr einen Meter vor ihm stand: »Du bist kein Dreck, Vater.

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