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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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sich wohlgeformte und unförmige Leiber an, standen Huren in Hauseingängen, nur sichtbar durch aufglimmende Zigarettenspitzen, hockten und zockten Albaner oder Jugoslawenauf dem Bürgersteig, um ahnungslosen Spielern das Geld aus der Tasche zu ziehen, patrouillierten Polizisten, ohne von der Szenerie Notiz zu nehmen, kauerten Junkies ohne Stoff und Betrunkene an schmutzigen, bepißten Wänden oder lagen einfach auf dem Bürgersteig, grölten Besoffene durch die Nacht, schlugen sich zwei junge Männer. David fuhr auf Aufforderung von Esther langsam. Eindeutige Bilder in den hellerleuchteten Auslagen der Nachtbars ließen der Phantasie keinen Spielraum mehr, Türsteher und Rausschmeißer lockten Kundschaft in die Etablissements.
    »Warst du schon mal im Puff?« fragte Esther.
    »Nein, bis jetzt noch nicht.«
    »Würdest du gerne mal in einen gehen?«
    »Ich glaube kaum. Nachts ist es besser, hier nicht auszusteigen. Frankfurt ist eine schlimme Stadt, vor allem in dieser Gegend und um diese Zeit.«
    »Sind die Puffs nur nachts geöffnet?«
    »Nein, ich denke, eine Hure kann man immer finden.«
    »Ich hätte jetzt doch noch Appetit auf einen Hamburger«, sagte sie, nahm den Kaugummi aus dem Mund und drehte ihn eine ganze Weile durch ihre zarten, langen Finger, bevor sie ihn aus dem Fenster schnippte.
    Sie gingen zu McDonald’s, wo selbst um diese späte Stunde noch großes Gedränge herrschte. Die Leute standen in Dreierreihe vor dem Abfertigungsschalter, eine junge Frau rief immer wieder nach hinten, daß man sich mit der Produktion der Hamburger und Cheeseburger beeilen sollte. Ein Tablett nach dem andern wurde nach vorne gereicht und in die Wärmeablage sortiert. Esther bestellte einen Erdbeermilchshake und einen Big Mäc. David trank eine Cola. Er beobachtete verstohlen Esther beim Essen. Wenn ihn jetzt jemand gesehen hätte, jemand Bekanntes, jemand aus der Firma gar! Er wollte lieber nicht daran denken. Um Viertel vor zwölf sagte David, daß es jetzt Zeit sei, nach Hause zu fahren.
    »Jetzt schon?« fragte Esther mißmutig. »Ich bin noch überhaupt nicht müde.«
    »Deine Mutter … Tut mir leid, ich bin auch noch nicht müde, aber so sind nun mal die Regeln in diesem Spiel.«
    »In was für einem Spiel?«
    »Es ist ein dummes Spiel … Außerdem wartet meine Frau auf mich.«
    »Ist sie hübsch?« fragte sie auf dem Weg zum Auto.
    »Wer, meine Frau?«
    »Ja, wer sonst?«
    »Sie ist hübsch, ja, sie ist hübsch.«
    »Das klingt aber nicht sehr überzeugend. Ist sie so hübsch wie meine Mutter?«
    »Warum stellst du mir diese Frage?«
    »Ich finde, meine Mutter ist hübsch, auch wenn ich sie auf den Tod nicht ausstehen kann.«
    »Nein, meine Frau ist nicht so hübsch wie deine Mutter. Aber deine Mutter hat auch keine fünf Kinder zur Welt gebracht.«
    »Fünf? Eben waren’s doch noch vier!«
    »Eines ist kurz nach der Geburt gestorben.«
    »Dann war deine Frau einmal hübsch und ist es jetzt nicht mehr?«
    »Sie war einmal die hübscheste Frau für mich. Hübsch und klug und vor allem sehr, sehr lieb.«
    »Und jetzt ist sie all das nicht mehr? Läuft sie jetzt den ganzen Tag in Lockenwicklern durch die Gegend, eine Zigarette im Mund, und schreit die Gören an?« fragte sie grinsend.
    David grinste auch. »Du hast zu viele Filme gesehen, was? Erstens habe ich sie noch nie in Lockenwicklern gesehen, zweitens raucht sie nicht, und drittens haßt sie es wie die Pest, wenn man mit Kindern rumschreit. Und falls du auf die Idee kommen solltest, daß sie vielleicht die Kinder haut, auch da liegst du falsch, sie hat noch nie die Hand gegen eines derKinder erhoben. Sie ist überzeugt, daß man Kinder auch anders erziehen kann.«
    »Das hört sich nach einer Heiligen an! Du hast eine echte Heilige als Frau.«
    »Auf die eine oder andere Weise magst du sogar recht haben. Aber eine Heilige ist sie nicht. Höchstens ein guter Mensch, und ich glaube, es gibt auf dieser Welt nichts Wichtigeres, als ein guter Mensch zu sein.«
    »Komm, fahr mich heim, sonst wird meine liebe Mutti noch unruhig.«
     
    Nicole lag auf der Couch und hielt ein Magazin in der Hand, ohne zu lesen. Die Fenster und die Terrassentür waren geschlossen, dichter Qualm hing in der Luft, Nicole hatte getrunken, auch wenn sie nicht betrunken schien, und starrte die Eintretenden aus etwas glasigen Augen an. In der rechten Hand hielt sie die obligatorische Zigarette, neben ihr stand ein fast leeres Glas.
    »Na, habt ihr euch schön amüsiert?«
    »Wir haben uns

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