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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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klarmachen, daß es Gott
nicht
gibt, n-i-c-h-t!« Er ballte die rechte Faust, boxte mit voller Wucht gegen die Wand, schloß kurz die Augen, in ihm vibrierte es. Er drehte sich wieder um, sah Johanna an, sagte fast flüsternd: »Es gibt keinen Gott, es gibt keinen Gott, es gibt keinen Gott.« Und dann etwas lauter: »Wo ist er denn, dieser Gott, wenn uns dieses verdammte Schwein belästigt? Wo ist er, wenn Maximilian von der Schule weg entführt wird? Wo ist er, wenn Thomas …« Er winkte ab. »Aber dieser Gott hat uns in die verfluchteste Gegend dieser Stadt geschickt, vielleicht sollte ich es Hölle nennen. Wir leben in der Hölle, meine Liebe, denn schlimmer kann es in der Hölle, wo der Teufel wohnt, auch nicht sein!«
    »Hat Gott das wirklich getan? Hat
er
uns hierher geschickt?«
    »Er hat es zumindest nicht verhindert!«
    »Ich frage mich, ob wir nicht selbst …«
    »Ach komm, hör auf mit diesem Gerede! Es ist vorbei, ich muß wieder in die Firma. Und es tut mir leid, ich wollte nicht ausfallend werden. Meine Nerven liegen nur blank, das ist alles.«
    »Was ist bloß aus meinem David geworden?«
    David nahm Johanna in den Arm und drückte sie an sich. Sie ließ es widerstandslos mit sich geschehen, doch sie legte ihre Arme nicht um ihn. Er küßte sie auf den Mund, sie erwiderte den Kuß nicht. Sie sah ihn nur traurig fragend an.
    »Tschüs«, sagte er und streichelte ihr übers Haar, »bis nachher.«
    Sie antwortete nicht. Maximilian war mit Nathalie im Kinderzimmer. David verabschiedete sich auch von ihnen und sagte, sie sollten heute nicht vor die Tür gehen, und wenn, dann nur zu zweit. Aber warum sagte er es ihnen überhaupt, sie verließen, seit sie hier wohnten, sowieso kaum einmal das Haus.
    Auf der Fahrt in die Firma ging ihm das Gespräch nicht aus dem Kopf. Seit einiger Zeit war sein Leben eine einzige große Lüge. Zum Glück war dies bis jetzt vor Johanna verborgen geblieben. Hoffentlich jedenfalls. Wie lange aber würde er die Lüge und den Betrug noch vor ihr verheimlichen können? Er hielt vor einem Kiosk an und kaufte sich eine kleine Flasche Chantré. Er drehte den Verschluß ab und nahm einen tiefen Schluck. Es brannte wie lodernde Flammen in seinem leeren Magen. Er legte eine Kassette mit dem harten Sound von Guns n’ Roses ein. Motherfuckin’!

Freitag, 20.00 Uhr
    Einen Tag später. Nicole Vabochon empfing ihn mit mürrischem Gesicht, ihre Augen waren klein und hatten einen glasigen Schimmer, sie war ungeschminkt und ungekämmt, der Nagellack blätterte wie alter Putz von den Finger- und Fußnägeln, sie trug nichts als einen alten, schlabbrigen Morgenmantel, der bis zum Hals geschlossen war. Ihr Atem roch säuerlich nach Alkohol und Zigaretten, sie machte einen leicht verwirrten Eindruck. Der Fernseher lief mit ziemlicher Lautstärke.
    »Hallo, David«, begrüßte sie ihn. Esther lümmelte auf der Couch, sie trug Shorts und ein dünnes Trägerhemd, unter dem sich ihre kleinen festen Brüste deutlich abzeichneten. Sie warf einen kurzen, gelangweilten Blick auf David, feilte weiter an den Fingernägeln herum und kaute Kaugummi. Sie sagte nur: »’n Abend, Herr von Marquardt.«
    »Da ist sie«, sagte Nicole und deutete auf Esther. »Schnapp sie und unternimm was mit ihr. Hier habt ihr Geld.« Sie zog einen Hundertmarkschein aus ihrer Handtasche und reichte ihn David.
    »Will sie überhaupt?« fragte er zweifelnd mit einem Blick auf die lustlos wirkende Esther.
    »Mir ist egal, ob
sie
will, ich will auf jeden Fall. Mir hat der Tag gestern schon gereicht.«
    »Und wo gehen wir hin?« fragte Esther.
    »Ich weiß nicht, ich hab mir weiter keine Gedanken gemacht. Mal sehen, wir fahren ein bißchen in der Gegend rum, und dann wird uns schon was einfallen.«
    Esther sprang mit einem Schwung auf, klopfte sich kurz die abgeknipsten und abgefeilten Fingernägel vom Hemd und den Shorts und verschwand im Badezimmer.
    »Sie ist ein kleines Miststück«, zischte Nicole, als Estheraußer Hörweite war. »Ich wünsche dir viel Spaß mit dem Luder.«
    Zwei Minuten später war Esther wieder da. Sie hatte sich umgezogen, trug jetzt einen Minirock und Sandalen und ein trägerloses Top. Ihre Lippen waren dunkelrot angemalt, blauer Lidschatten über den Augen.
    »Du hast dich zurechtgemacht wie eine kleine Hure«, giftete Nicole.
    »Ich dachte mir, ich laufe mal so rum, wie du es immer zu tun pflegst, wenn du nicht gerade in der Bank bist«, konterte Esther schnippisch. Und an David gewandt: »Gehen wir,

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