Die Barbaren
magischen Träumen.
Hier in der Wildnis hatten Nottr die Wölfe gehorcht.
Es gab kein größeres Zeichen, das beweisen konnte, daß Nottr der Führer der Großen Horde sein sollte.
*
Sieben ihrer Schar waren tot.
Fünf davon waren Urgats Krieger, die nicht mehr aus ihrer Hilflosigkeit erwachten, als die Wölfe über ihnen waren. Dazu kamen Kherr und Lhoa aus Naffts Viererschaft.
Nafft selbst hatte die schwersten Wunden abbekommen – an Armen und Beinen.
Die meisten von Urgats Kriegern hatten tiefe Bisse. Von den anderen war Nottr der einzige, der nicht blutete. Er hatte nicht einen Kratzer abbekommen, ein Umstand, der die Bewunderung noch beträchtlich steigerte.
Urgat maß ihn mit einem seltsamen Blick, wenn er sich unbeobachtet fühlte.
Nottr ließ Wachen aufstellen, die den Abzug der Wölfe beobachteten, während die Lagernden sich daran machten, die Spuren des Kampfes zu beseitigen.
Die Feuer wurden erneut geschürt und Schwerter und Dolche glühend gemacht, um die Wunden auszubrennen – und das bedeutete für die meisten einen zweiten, nicht weniger grimmigen Kampf. Vor allem Naffts Gesicht war nicht einfach zu behandeln und ließ sogar Varis Hand, die schon viele Wunden gebrannt hatte, zittern. Doch Nafft ertrug es mit ermutigender Ruhe, bis ihm die Sinne schwanden.
Wenn sie erst im Lager zurück waren, würde Olinga mit ihren Salben für Heilung sorgen.
Nottr dachte erneut an Olinga, und Ruhelosigkeit befiel ihn. War ihr Sohn inzwischen geboren worden? Trotz aller beruhigenden Überlegungen war er wieder voller Unruhe, wenn er an Olinga dachte. Er drängte zum Aufbruch.
Einunddreißig Wölfe waren tot auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben. Das war gute Beute. Die Tiere wurden zu dreien und vieren auf Fichtenzweige gebunden, die über den Schnee gezogen werden konnten. Solcherart würde auch das Fell unbeschädigt bleiben. Wolfsfelle waren bei den Lorvanern für vielerlei Zwecke beliebt. Nottr suchte den größten aus, dessen Schädel unbeschädigt geblieben war. Der würde für Skoppr eine neue Geistermaske bedeuten.
Die Toten hoben sie in die Bäume und banden sie fest, wie sie es nach Schlachten immer taten, wenn Krieger ihre letzte Reise angetreten hatten.
Die Kettenrüstungen zogen sie ihnen aus und nahmen ihnen die eisernen Helme ab, auch ihre Waffen und alles Metall, das an ihnen war. So waren ihre Seelen von aller irdischen Last befreit, und nichts band sie mehr an die Erde.
Dann nahmen sie Abschied von ihren tapferen Gefährten und versicherten ihnen, daß ihre Feinde, die Wölfe, sie dort oben in ihrer kalten, luftigen Bettstatt nicht mehr belästigen würden.
Solcherart waren die Bräuche der Lorvaner in den Wintermonden, wenn die Erde in den Wildländern zu tief unter Eis und Schnee lag, um etwas darin zu begraben.
Als die zweiundzwanzig Lorvaner schließlich von ihrem Lager aufbrachen, waren sie beladen wie nach einem erfolgreichen Beutezug. Sie würden Waffen und Rüstungen und Fleisch und Felle bringen. So erfolgreich konnten selbst die Jäger im Lager nicht gewesen sein.
Die Sonne stand bereits über den Bergen, als sie aus dem Wald kamen und weit unter ihnen das langgestreckte Tal sahen, in dem sich das Lager befand. Nottres Erleichterung darüber, daß es zurück zu Olinga ging, wuchs mit jedem Schritt. Am Mittag würden sie dort sein.
Mit Unruhe erfüllte ihn auch der Gedanke an Helgr. Er hätte mit Verstärkung längst hier sein müssen. Konnte er sich verirrt haben? Nachts wäre das wohl möglich gewesen.
Er führte seinen Haufen mehr in südliche Richtung, um auf Helgrs Spuren zu treffen. Da es nicht geschneit hatte, mußten sie gut erkennbar sein.
Er fand sie auch nach kurzer Zeit. Es waren die Spuren von vier Männern – Helgr, Quer und Uana aus seiner Viererschaft, und der gefangene Killro.
Das waren die Spuren des Rückmarsches zum Lager.
Bald darauf kreuzten Wolfsspuren die Fährte, von dreien oder vieren erst nur, dann die Abdrücke eines großen Rudels.
Wenig später stießen sie ziemlich unvermittelt auf den Kampfplatz. Zwischen Resten von Wolfskadavern lagen andere Überreste – zerfetzte Fellstücke von Wämsern und Beinkleidern – und Lederstücke von Schuhwerk, blutige Waffen. Die Körper der vier und auch die der Wölfe, die sie erschlagen hatten, waren vollkommen verzehrt worden.
»Dasselbe Rudel!« sagte Baragg düster.
Die Lorvaner starrten stumm auf den blutigen Schnee.
»Es ist ein Omen, Nottr«, sagte Urgat.
»Ein Omen?« erwiderte Nottr
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