Die Bedrohung
geben.
Ashani wusste mit beängstigender Sicherheit, dass das Büro, in dem er saß, gleich mit der ersten Welle von Cruise Missiles vernichtet werden würde. Bevor er auch nur anfangen konnte, darüber nachzudenken, wie er weiter vorgehen sollte, flog die Tür zu seinem Büro auf. Sein Stellvertreter für Geheimaktivitäten wollte wissen, warum man ihn nicht konsultiert hatte. Wenige Sekunden später stand auch sein Stellvertreter für Hisbollah-Angelegenheiten vor ihm und fragte ihn das Gleiche.
Ashani versuchte ihnen klarzumachen, dass man auch ihn im Dunkeln gelassen hatte. Doch ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie ihm nicht glaubten. Dann begannen die Telefone zu läuten – Bürotelefone, Handys, abhörsichere Geräte, jedes einzelne Telefon in seinem Ministerium. Seine Frau erreichte ihn auf seinem Privathandy, nachdem sie zuvor versucht hatte, an seiner Sekretärin vorbeizukommen. Sie war in Panik und fragte, ob sie mit den Mädchen die Stadt verlassen sollte. Ashani sagte ihr, dass sie zu Hause bleiben solle, und versuchte sie zu beruhigen. Schließlich versprach er ihr, dass er sie innerhalb der nächsten Stunde zurückrufen würde.
Dann warf er alle Anwesenden aus seinem Büro, wies seine Sekretärin an, keine Anrufe mehr durchzustellen, und sperrte die Tür ab. Er zögerte einen Augenblick und beschloss dann, Ajatollah Najar auf seiner Privatleitung anzurufen. Zum dritten Mal in ebenso vielen Stunden sagte ihm sein Assistent, dass Najar nicht erreichbar sei. Ashani legte den Hörer auf und fragte sich, ob es nicht vielleicht Absicht war, dass Najar und der Oberste Führer gerade jetzt nicht in der Stadt waren. Konnte es sein, dass sie Amatullah grünes Licht für sein Vorgehen gegeben hatten?
Die Möglichkeit erschütterte Ashanis Glauben an die beiden Führungspersönlichkeiten seines Landes. Konnte es sein, dass sie alle zusammen hinter diesem Plan steckten? Dass sie bereits wussten, dass Dr. Kennedy entführt werden würde, als sie ihn zu dem Treffen mit ihr schickten? Ashani starrte auf die Liste von Telefonnummern auf dem einen Zettel und auf Rapps Information auf dem anderen. Mit einem Telefonanruf konnte er die gesamte Situation entschärfen. Wenn er auch nur einen Moment lang daran geglaubt hätte, dass Amatullah oder Mukhtar die Fähigkeit besaßen, das Richtige zu tun, dann hätte er nicht im Traum daran gedacht, diese Information weiterzugeben, aber er wusste, dass gerade von diesen beiden nichts zu erwarten war. Amatullah hätte als Egomane, der er war, sicher gern das Risiko vermieden, die volle Wucht der amerikanischen Streitkräfte zu spüren zu bekommen – aber vielleicht redete er sich weiter ein, dass ihn ihre Flugzeuge niemals finden würden. Vielleicht setzte sich sein Glaube durch, dass sich die Amerikaner nie auf einen Krieg gegen sein Land einlassen würden. Dass sie weder die Truppenstärke noch den Mut besaßen, einen für beide Seiten so verlustreichen Krieg vom Zaun zu brechen.
Mukhtar war wieder ein ganz anderer Fall – er war ein fanatischer Gläubiger mit einem ausgeprägten Märtyrerkomplex. Bei Mukhtar konnte man nicht damit rechnen, dass er Kennedy freiwillig herausgeben würde. Seitdem er in Isfahan so knapp dem Tod entronnen war, schien der Mann fest entschlossen, die ganze Region in einen blutigen Konflikt zu stürzen. Er hatte deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Iran längst nicht genug Blut in dem Krieg gegen die Juden und die Amerikaner geopfert habe. Ashani war überzeugt, dass man Mukhtar nicht trauen konnte.
War er im Begriff, einen Verrat zu begehen, oder war es eher eine patriotische Tat? Ashani glaubte dem amerikanischen Präsidenten, wenn er sagte, dass er dem Iran den Krieg erklären würde, wenn Kennedy nicht innerhalb von zwei Stunden freigelassen wurde. Auch wenn sich die Generäle und Admirale noch so martialisch gaben, würde jeder iranische Pilot, der in den Kampf geschickt wurde, abgeschossen werden, und die Flugzeuge, die am Boden blieben, würden ebenfalls zerstört werden. Jedes Schiff und jedes Unterseeboot, das auch nur versuchte, eine der mächtigen Trägerkampfgruppen anzugreifen, würde umgehend auf den Grund des Persischen Golfs geschickt werden. Das Ganze würde als die einseitigste Seeschlacht aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Tausende würden sterben, bevor die Amerikaner dann auch noch die politische Führung mit ihren Bomben aufs Korn nehmen würden.
Ashani schüttelte den Kopf, als er sich die erschütternden
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