Die Bedrohung
lief rot an. Sein Mund blieb geschlossen – er weigerte sich, etwas zu sagen. Man sah deutlich, wie unangenehm ihm die Situation war.
»Hat man den Austritt von radioaktiver Strahlung verhindern können?«, fragte Najar.
»Ja.«
»Und der Rest der Anlage?«
»Die Ausrüstung kann geborgen werden, aber man muss sie an einen anderen Ort bringen.«
»Natanz?«, fragte Najar.
»Das würde ich empfehlen.«
Najar wandte sich wieder Amatullah zu. »Ich glaube mich erinnern zu können, dass Sie für Isfahan als zentralen Standort für das Atomprogramm waren und nicht für Natanz. Sie haben damals gemeint, die Amerikaner würden niemals eine Anlage angreifen, die mitten in einer Stadt liegt.«
Der Vorsitzende des Wächterrates sprach von den beiden wichtigsten Standorten des iranischen Nuklearprogramms. Natanz lag tief in einem Berg verborgen, Hunderte Meilen von Isfahan entfernt in einer abgelegenen Gegend. Es waren vor einigen Jahren heiße Debatten darüber geführt worden, wo man die wichtigsten Teile des Programms ansiedeln sollte. Amatullah hatte sich aus den erwähnten Gründen für Isfahan ausgesprochen, aber auch deshalb, weil die Wissenschaftler des Landes für diesen Standort waren. Sie wollten nicht mit ihren Familien an einen so abgelegenen Ort wie Natanz ziehen.
Amatullah gewann ein wenig Zeit, indem er erst einmal verschlagen lächelte. »Das habe ich nicht getan«, erwiderte er schließlich. »Ich habe nur die Empfehlungen anderer weitergegeben.« Der Präsident wandte sich an den stellvertretenden Leiter der Atomenergiebehörde.
»Ich glaube mich erinnern zu können, dass Sie diesem Rat garantiert haben, dass Isfahan allem standhalten würde, womit die Amerikaner angreifen.«
»Wenn ich eine solche Garantie gegeben habe, dann beruhte sie auf der Einschätzung der Leute, die für diese Dinge zuständig sind.«
»Sie haben die Garantie gegeben. Ich erinnere mich genau.«
Amatullah atmete frustriert aus. »Experten, die nicht für mich arbeiten, haben behauptet, dass die Anlage jedem Angriff standhalten würde, sofern es sich nicht um Atomwaffen handelt. Offensichtlich haben die Amerikaner eine neue Waffe entwickelt. Ich bin Politiker, kein Wissenschaftler, mein Freund. Ich bin kein Militärexperte und auch kein Wahrsager, der in die Zukunft blicken kann.«
»Vielleicht dürfen wir Ihrem Wort ab jetzt nicht mehr so viel Glauben schenken«, meinte Najar.
Amatullah machte ein tief gekränktes Gesicht. »Wenn Sie mir die Schuld an dem geben wollen, was heute passiert ist, dann beleidigt mich das zutiefst. Ich bin nicht gekommen, um über die Vergangenheit zu reden. Ich bin hier, weil ich wissen will, was wir unternehmen werden, um die Juden und die Amerikaner dafür bezahlen zu lassen.« Der Präsident hielt einen Moment inne und sah jedem der Anwesenden kurz in die Augen. »Es ist verständlich, dass einige von uns aufgebracht sind, aber wir müssen den Zorn im Zaum halten und uns ganz darauf konzentrieren, dass wir gegen unsere Feinde zurückschlagen. Wer hier in diesem Raum hat unser Atomprogramm nicht unterstützt?«
»Wir werden zurückschlagen«, sagte Najar in ruhigem Ton, »aber wir müssen auch schonungslos analysieren, wer Mitschuld an dem trägt, was vorgefallen ist. Nicht jeder in diesem Rat stand so hinter dem Programm wie Sie. Einige von uns haben genau das befürchtet, was jetzt eingetroffen ist. Dass wir enorme Geldmittel in ein Programm stecken, das am Ende von unseren Feinden zerstört wird. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie sich in den Medien so offen darüber äußern würden, dass wir ein Recht haben, Atomwaffen zu entwickeln, und dass Sie Israel von der Landkarte tilgen wollen, dann hätte ich das niemals unterstützt.«
»Ich …«, begann Amatullah.
»Unterbrechen Sie mich nicht«, erwiderte Najar in scharfem Ton. »Ich denke, dass Sie Ihres Amtes enthoben werden sollten.« Der Geistliche machte eine Pause, um Amatullah mit noch mehr Nachdruck zu verstehen zu geben, wie ernst es ihm war. »Aber leider können wir das im Moment nicht tun. Wissen Sie, warum?«
Amatullah schüttelte den Kopf.
»Wir können es nicht tun, weil die Juden dann auf den Straßen tanzen würden. Es wäre ein doppelter Triumph für sie. Ob es mir nun gefällt oder nicht – wir brauchen Sie jetzt, um das Volk darauf einzuschwören, dass wir Vergeltung üben müssen.«
Amatullahs Gesichtsausdruck wandelte sich von Sorge zu Stolz und Begeisterung. »Das Volk wird hinter uns stehen, das verspreche
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