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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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allein auf einem schlichten Sessel, fast direkt gegenüber von Ashani. In seinem Sitzungszimmer gab es so gut wie keine moderne Technologie. Keine Computer und keine Plasmafernseher. Keine Projektoren oder herausfahrbaren Leinwände. Es gab nicht einmal einen Konferenztisch, an dem sie alle Platz gefunden hätten. Es war ein Ort, an dem jahrhundertelang Könige und religiöse Führer Hof gehalten hatten. Bittsteller und Ratgeber kamen, um ihre Anliegen vorzubringen, und der Monarch hörte zu und sprach dann sein Urteil. Man hatte ihn nicht mit irgendwelchen Details oder mit der Umsetzung seiner Anweisungen zu belästigen. Die Ratgeber würden sich später um alles kümmern. Das System gab dem Obersten Führer jederzeit die Möglichkeit, die Verantwortung für die Dinge zu übernehmen, die nach Plan liefen, und sich von allem zu distanzieren, was schiefging.
    Die Wände waren kahl, mit einer Ausnahme. Eine gerahmte Fotografie des Obersten Führers hing an der Wand über seiner rechten Schulter. Zwischen seinem Sessel und dem Zweiersofa, auf dem Najar und Amatullah saßen, stand aufrecht die iranische Fahne, wie um dem kargen Raum den Anschein von offiziellen Staatsgemächern zu verleihen. Der Präsident und der Vorsitzende des Wächterrats gaben sich überhaupt keine Mühe mehr, so zu tun, als könnten sie einander leiden. Sie waren Gegner, und das wusste jeder hier im Raum. Beide Männer saßen steif da und beugten sich voneinander weg, Najar zum Obersten Führer und Amatullah zu Ashani.
    Ashani hatte nur eine Sekunde gezögert, als sein Arzt ihm sagte, dass er direkt ins Krankenhaus kommen solle, um sich untersuchen zu lassen. Er wusste, wie wichtig es war, an dieser Sitzung teilzunehmen, schon allein um sicherzugehen, dass Amatullah nicht versuchte, ihm die Schuld an dem, was passiert war, in die Schuhe zu schieben, oder den Obersten Führer zu irgendeinem wahnsinnigen Vergeltungsschlag zu überreden. Es gab jedoch noch einen anderen Grund, der ihm immer mehr zu denken gab. Er war zutiefst besorgt über das, was er gesehen hatte, als er in das tiefe Loch blickte, das vor wenigen Stunden noch das stolze Prunkstück des wissenschaftlichen Fortschritts in seinem Land gewesen war. Genauer gesagt, ging es um das, was er nicht gesehen hatte.
    Der persische Nationalstolz verlangte, dass sie zurückschlugen. Ashanis Ministerium würde eine zentrale Rolle bei allem spielen, was die Verantwortlichen nun beschlossen. Ein direkter militärischer Gegenschlag wäre höchst töricht gewesen, aber das würde einige wichtige Mitglieder des Rates nicht davon abhalten, sich für einen offenen Krieg gegen Israel auszusprechen. Es würde in den kommenden Wochen ein großes Säbelrasseln geben, aber am Ende würden sie es wahrscheinlich irgendwelchen Handlangern überlassen, die Drecksarbeit zu erledigen. Es war nicht schwer, die geeigneten Leute zu finden; es gab jede Menge arme Palästinenser, die gern die Gelegenheit ergriffen, zu Märtyrern zu werden.
    Was Ashani im Moment größere Sorgen bereitete, war jedoch die Notwendigkeit, sich selbst und sein Volk zu schützen. Es musste ein Schuldiger für die Katastrophe gefunden werden. Man sollte annehmen, dass das Geheimdienstministerium nichts zu befürchten hatte, aber bei Amatullah wusste man nie. Der Mann war durch Fakten nicht zu beeindrucken, wenn er seine Version der Ereignisse vertrat. Es würde gleich ziemlich unangenehm werden, wenn die Schuldzuweisungen begannen. Wer würde als Erster die Wahrheit verdrehen? Wer würde wem in den Rücken fallen? Man musste mit allem rechnen – da konnte es sich Ashani nicht leisten, im Krankenhaus zu liegen und sich untersuchen zu lassen.
    Der Oberste Führer sprach das übliche Gebet zu Ende und gab seinem Freund Najar das Signal, zu beginnen.
    Najar sah Generalmajor Dadress an. »General, Ihr Bericht«, forderte er ihn auf.
    So wie jeder Anwesende hatte auch Dadress einen Vollbart. Der seine war dichter als der der anderen und fettig schwarz gefärbt. Er hatte eine breite und etwas höhere Stirn. Dadress saß in seiner olivgrünen Armeeuniform da und schien sich recht unbehaglich zu fühlen. »Nach unserer Einschätzung«, begann er nach vorne gebeugt, »erfolgte der Angriff kurz nach Mittag. Wir hatten keinen Radarkontakt zu den Bombern, deshalb gehen wir davon aus, dass sie B-2-Tarnkappenbomber eingesetzt haben. Wir nehmen an, dass sie in der größtmöglichen Flughöhe der B-2 geflogen sind, das wären fünfzigtausend Fuß.«
    »Ich

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