Die Bedrohung
wir sollen ihn in allem unterstützen. Der Mann fordert Anschläge in einem solchen Ausmaß, dass die Israelis und die Amerikaner mit Sicherheit zurückschlagen werden. Und das ist noch nicht einmal das Schlimmste. Unser furchtloser Präsident hatte wieder einmal eine Idee.« Jalali tippte sich mit dem Finger an die Schläfe und gab damit deutlich zu verstehen, wie wenig er von den Ideen des Präsidenten hielt. »Er will, dass wir einen Plan ausarbeiten, um einen unserer eigenen Tanker in der Straße von Hormus zu versenken.«
Ashanis Augen weiteten sich.
»Ich weiß«, fuhr Jalali kopfschüttelnd fort. »Er will es den Amerikanern in die Schuhe schieben. Er meint, alle würden uns glauben, und die USA wären international isoliert.«
Ashani vergewisserte sich, dass die Tür geschlossen war, und krächzte mit leiser Stimme: »Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Doch. Er sagt, das wird die Ölpreise in die Höhe treiben und uns wichtige Einnahmen bringen, aber vor allem soll es die Tatsache bekräftigen, dass die Amerikaner gegen uns Krieg führen.«
Ashani spürte, wie sein Blut in Wallung geriet. Er dachte an Amatullahs idiotischen Plan vom vergangenen Frühling, britische Marinesoldaten festzunehmen, die sich angeblich in iranischen Hoheitsgewässern aufgehalten haben sollten. Nachdem sich zuvor mehrere hochrangige iranische Amtsträger in den Westen abgesetzt hatten, war dem Präsidenten nichts Besseres eingefallen, als eine solche ›Provokation‹ des Westens zu inszenieren. Amatullah war sich der Zustimmung seiner Landsleute sicher und erkannte nicht, welchen Schaden er seinem Land international zufügte. Dabei zeigte sich, was für ein rücksichtsloser Lügner der Mann war. Mit Hilfe der Amerikaner konnten die Briten Satellitenbilder vorlegen, die eindeutig bewiesen, dass die Marinesoldaten in irakischen Gewässern festgenommen worden waren. Amatullah tat das Beweismaterial als Fälschung ab und erklärte sich bereit, sein Schicksal in die Hände des UN-Sicherheitsrats zu legen, doch Ajatollah Najar trat in letzter Minute dazwischen und sorgte dafür, dass Amatullah die Gefangenen freiließ. Der Präsident besaß auch noch die Frechheit, die Freilassung in einer großen Zeremonie als Geschenk an das britische Volk zu verkaufen.
Ashani wusste, dass er möglichst bald mit Najar sprechen musste, damit sich doch noch die Vernunft durchsetzte, bevor der Präsident seine abstrusen Pläne in die Tat umsetzen konnte. Er blickte zur Tür hinüber und flüsterte Jalali zu: »Du musst mich hier rausbringen.«
22 WASHINGTON D.C.
CIA-Direktorin Kennedy blickte wie betäubt durch das stark getönte Seitenfenster ihres gepanzerten Chevy-Suburban. Die Gebäude, Fußgänger und kahlen Bäume zogen an ihr vorbei wie ein Film, der zu schnell abgespielt wurde. Sie war völlig ausgelaugt, und dabei war es erst vier Uhr nachmittags. Ihr erweitertes Sicherheitsteam arbeitete sich durch den dichten Verkehr der beginnenden Rushhour, um sie zum State Department zu bringen. Außenministerin Wicka hatte um ein informelles Treffen gebeten, um sich auf ihre Präsentation vor den Vereinten Nationen vorzubereiten. Das war eine ganz neue Situation für Kennedy. Es wäre sicher übertrieben gewesen, zu sagen, dass der frühere Außenminister etwas gegen die CIA gehabt hätte, aber er verhielt sich zumindest reserviert, was auch nicht weiter ungewöhnlich war. Organisationen wie die CIA machten die meisten Leute etwas nervös. Es war so, als hätte man es mit jemandem zu tun, der eine ansteckende Krankheit hatte. Der führende amerikanische Geheimdienst hatte für viele einen zwielichtigen Beigeschmack. Sie hatte schon oft mit Leuten zu tun gehabt, die die Agency verachteten und die zum Teil sogar meinten, der ganze Verein solle am besten aufgelöst und die Mitarbeiter ins Gefängnis gesteckt werden. Kennedy konnte eine derart überzogene Haltung nicht ernst nehmen; so konnten sich nur fanatische Friedensaktivisten äußern, die sich einbildeten, die Welt wäre in Ordnung, wenn Amerika ab sofort nur noch lieb und nett zu allen wäre.
Außenministerin Wicka teilte diese Haltung zum Glück nicht. Sie war zwar eine Politikerin mit liberalen Ansichten, doch sie kannte die Welt und wusste um die menschliche Natur ebenso Bescheid wie um die komplexen Zusammenhänge verschiedener Kulturen. Als Witwe und Mutter von fünf Jungen und einem Mädchen konfrontierte sie den Präsidenten seit ihrer Amtsübernahme immer wieder mit dem Sexismus-Thema.
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