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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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sein, wenn das Land, das einmal ein Riesenreich war, nicht noch kleiner wurde.
    Ashani hatte schon seit längerem das Gefühl, dass sich die Regierung in einer viel prekäreren Situation befand, als es irgendjemandem bewusst war. Die anderen Mitglieder des Obersten Sicherheitsrats waren entweder zu abgehoben von dem, was wirklich vor sich ging, oder hatten sich mit Schmeichlern umgeben, die ihnen stets das sagten, was sie hören wollten. Das war eindeutig bei Amatullah der Fall. Er war an dem Punkt angekommen, dass er seine eigene Propaganda glaubte und nicht daran zweifelte, auch die anderen davon überzeugen zu können.
    Das Debakel vor den Vereinten Nationen hatte wehgetan. Die Behandlung der Angelegenheit wurde vom Sicherheitsrat erst einmal vertagt, und es zeigte sich, dass die Behauptung der Amerikaner, der Iran würde versuchen, einen Aufstand im Inneren zu vertuschen, einiges Aufsehen erregte. Die Erwiderung von Außenminister Salehi, dass die USA die Informationen gefälscht hätten, schien die Sache nur noch schlimmer zu machen. Salehis Protest angesichts der Fülle der Informationen, die Außenministerin Wicka vorgelegt hatte, wirkte auch auf Ashani reichlich unglaubwürdig. Die internationalen Medien brachten Berichte, in denen zum ersten Mal seit der Revolution die Frage gestellt wurde, ob sich die Regierung in Teheran an der Macht halten könne. In den nördlichen Provinzen kam es zu Protesten, und seine Leute teilten ihm mit, dass in den Straßen Teherans die Stimmung angespannt sei.
    Der Oberste Führer hielt sich wieder einmal von allem fern und kümmerte sich um das religiöse Wohlergehen des Landes. Ashani hatte das Gefühl, dass sich der Oberste Führer von einem sinkenden Schiff entfernte und Ashani das Steuer überließ, damit er sich entweder rettete oder unterging. Ashani vermutete, dass der Oberste Führer seine Position als geistlicher Führer des Landes auf eine solche Höhe anheben wollte, dass ihm nichts geschehen konnte, falls es Amatullah nicht gelingen sollte, internationale Unterstützung zu erlangen und das Land wieder in den Griff zu bekommen. In der Nacht waren mehrere Banken mit Brandbomben angegriffen worden. Amatullah versetzte die Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft und gab die Anweisung aus, jeden festzunehmen, der in irgendeiner Weise Unruhe stiftete.
    Der Hubschrauber senkte sich langsam zu einem Parkplatz am Fluss hinab. Ashani drehte sich nach rechts und sah den Rücken von Imad Mukhtar, der aus dem Fenster an der Steuerbordseite blickte und mit seinem Handy telefonierte. Als wäre die Situation nicht schon schlimm genug, ließ sich Amatullah jetzt auch noch von Mukhtar beraten. Der Operationschef der Hisbollah war ein nützliches Werkzeug für gewisse Dinge, doch als Berater des iranischen Präsidenten in einer solchen Krise war er nicht die beste Wahl. Er war viel zu engstirnig, um in so komplexen Dingen den richtigen Weg zu weisen. Selbst nach dem, was bei den Vereinten Nationen passiert war, trat Mukhtar immer noch dafür ein, Israel und Amerika zu attackieren. Als Ashani ihn nach dem Grund fragte, meinte er, dass man die beiden Nationen bestrafen müsse, egal ob sie schuldig seien oder nicht, weil sie auf jeden Fall von dem Vorfall profitieren würden. Nachdem Mukhtar bei Ashani nichts erreichte, wandte er sich direkt an Amatullah und versicherte ihm, dass das iranische Volk die beiden Länder als schuldig betrachten würde, wenn man nur gegen sie vorgehen würde.
    »Und wenn sie zurückschlagen?«, fragte Ashani.
    Mukhtar sah ihn selbstgefällig an und schüttelte den Kopf. »Sie wollen sich nicht auf einen Krieg einlassen. Glauben Sie mir.«
    Ashani dachte an die Sitzung gestern am späten Abend zurück und hatte immer mehr das Gefühl, dass die Amerikaner sehr wohl zurückschlagen würden. Kein einziges Mitglied des Obersten Sicherheitsrats schien auch nur zu ahnen, auf welch tönernen Füßen sie sich bewegten. Ashani spürte, dass etwas in der Luft lag, ein Hauch von zivilem Ungehorsam. Immer mehr Frauen trugen Make-up und Designerkleider, die mehr Haut sehen ließen, als die Geistlichen erlaubten. Es braute sich etwas zusammen, und Ashani hielt es für durchaus möglich, dass das Land vor einer Volkserhebung stand, die sich gegen die starre, undemokratische Politik der Regierenden wandte. Amatullah würde mit allen Mitteln an seiner Linie festhalten. Es war alles, was ihm blieb. Er hatte zu viel Zeit und Energie in das Projekt investiert, um es

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