Die Bedrohung
Zellen vorgeht?«
»Rund um die Uhr. Hat der Kongress verlangt, haben wir Abu Ghraib zu verdanken.«
»Fein«, knurrte Rapp. »Sind die Aufnahmen auf dieser Festplatte gespeichert?«
Der Typ sah auf den Computer hinunter, der am Boden stand. »Ja.«
»Verzeihung.« Rapp zwängte sich an dem Mann vorbei und riss alle Kabel aus dem Computer.
»Hey, das können Sie nicht machen. Das ist gegen …«
Bevor der Mann den Satz beenden konnte, packte ihn Rapp unter dem Arm und riss ihn hoch. »Machen Sie mal Pause.«
Rapp schob den Mann zur Tür hinaus und ging weiter zu den Zellen. Ein Gang war mitten durch die drei Container geschnitten worden, mit je sechs Zellen auf jeder Seite. Die Türen und Wände waren aus Stahl, mit Schaumstoffisolierung dazwischen. Rapp traf einen der Kurden am Gang und fragte ihn, wo der Kerl war, den die anderen als ihren Chef ansahen. Der Kurde wies ihn zur letzten Zelle auf der linken Seite. Rapp spähte durch das Guckloch und sah den Mann auf seiner Tragbahre in der Mitte der Zelle liegen. Er öffnete das Schloss, trat in die Zelle und stellte sich vor den Mann. Dann beugte er sich hinunter und riss ihm die Kapuze vom Kopf.
Der Mann öffnete kurz die Augen, aber nachdem er sie nicht vor dem Licht an der Decke abschirmen konnte, weil seine Hände an den Seiten gefesselt waren, machte er die Augen wieder zu. Rapp richtete die Kamera auf das Gesicht des Mannes und machte ein Foto. Die Polaroidkamera klickte und surrte, während das Foto entwickelt wurde. Rapp beugte sich vor, sodass er den Mann mit seinem Kopf vom Licht abschirmte.
»Mach die Augen auf«, sagte Rapp auf Englisch.
Der Mann öffnete langsam die Augen.
»Wohin haben sie sie gebracht?«
Der Mann schürzte die Lippen, so als wolle er ausspucken.
Diesmal war Rapp darauf gefasst. Seine rechte Faust schnellte hoch und traf den Mann krachend mitten in den Mund. Der Mann hustete und drehte den Kopf zur Seite, um Blut und einen Zahn auszuspucken. Rapp ließ einen Augenblick verstreichen und sagte dann in fast freundlichem Ton: »Na schön, ich schätze, wir werden es auf die harte Tour machen müssen. Es ist dir aber hoffentlich klar, dass du mir am Ende doch sagen wirst, wo sie ist.«
Der Mann spuckte einen Blutklumpen aus. »Fuck you«, stieß er hervor.
Rapp lachte und beugte sich etwas näher zu ihm. »Ich verrate dir jetzt, wie die Sache ablaufen wird. Ich fange damit an, dass ich dir das linke Ei abschneide … und dann schneide ich dir das rechte Ei ab.«
Der Mann schloss die Augen.
»Und wenn du es wirklich bis dahin schaffst, ohne es mir zu sagen«, fuhr Rapp fort, »dann wirst du trotzdem nicht viel weiter kommen. Denn glaub mir … spätestens dann wirst du es mir gern sagen, weil kein Mann, der noch bei Verstand ist, sich den Schwanz abschneiden und in den Hals stecken lässt.«
Rapp stand auf, und als der Mann wieder die Augen öffnete, machte er noch ein Foto. Fast wie aufs Stichwort ertönte von irgendwo draußen die Stimme eines Mannes, der vor Schmerz laut aufschrie. Ohne ein weiteres Wort drehte sich Rapp um und ging.
43 STRASSE VON HORMUS
Halberg saß auf seinem erhöhten Sessel, die Ellbogen auf die Armlehnen gestützt, die Hände unter dem Kinn gefaltet. Sie hatten etwa die Hälfte der Fahrrinne hinter sich und hatten die Yusef noch,nicht wieder aufgespürt. Nicht dass Halberg etwas anderes erwartet hätte. Mit den vielen Supertankern, die kamen und gingen, war die Geräuschkulisse einfach zu stark. Dazu kamen Frachtschiffe in allen Größen und Formen, Fischerboote und Sportboote, sodass seine Sonarleute mit einem Lärm konfrontiert waren, als säße man bei einem Rockkonzert in der ersten Reihe und würde nebenbei versuchen, ein Telefongespräch mit dem Handy zu führen. Trotzdem beklagte sich keiner. Sie taten einfach, was sie konnten, um nichts zu übersehen und wenigstens dafür zu sorgen, dass sie nicht mit irgendwem kollidierten.
Halberg stand von seinem Sessel auf, ging in den Sonarraum hinüber und sah den besorgten Ausdruck im Gesicht eines Operators. Die fünf Männer trugen Kopfhörer zur Geräuschreduktion, damit sie nicht von den Gesprächen in der Zentrale abgelenkt wurden. Der Kapitän nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Sein Blick ruhte auf Louis Sullivan, oder Sully, wie er innerhalb der Mannschaft genannt wurde. Er war der mit Abstand beste Sonaroperator an Bord. Wenn er besorgt war, dann hieß das, dass draußen irgendetwas Ungewöhnliches vor sich ging und dass sich auch
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