Die Befreier von Canea
ihr Schwert, ein gewöhnlicher, wie in der Legion üblicher Gladius , an ihrer Seite baumelte. Sie betrachtete die Waffe ohne Begeisterung. Abermals auf Araris’ Drängen hin hatte sie einige Grundlagen der Selbstverteidigung mit einer Klinge gelernt. In dieser Hinsicht hatte er ihr wenig Wahl gelassen. Schließlich war es Araris gewesen, der sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um die Meuchelmörder aufzuhalten, und so erschien es ihr nur recht und billig, seinem Rat zu folgen und ihn bei der Ausübung seiner Pflichten als Singulare der Ersten Fürstin zu unterstützen. Eifrig hatte sie sich von ihm in die Kunst des Fechtens einweisen lassen. Trotzdem würde sie sich mit einer Waffe an der Seite niemals behaglich fühlen.
Am unbehaglichsten jedoch fand sie dabei den Umstand, dass ihr das Gewicht von Schwert und Rüstung tatsächlich ein Gefühl der Sicherheit und nicht der Lächerlichkeit vermittelte.
Besorgt nahm sie die Anwesenheit einer Person wahr, ehe sie einen leisen Schritt vor der Tür hörte, und als sich diese öffnete, hielt sie das Schwert schon zur Verteidigung bereit vor sich. Im Licht einer Elementarlampe draußen zeichnete sich der Schemen des Eindringlings ab, doch Isanas Wasserwirkersinne erkannten ihn besser als ihre Augen.
»Araris«, sagte sie leise und senkte das Schwert. Sie wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte, ehe sie befahl: »Licht.«
Die kleine Elementarlampe neben ihrem Bett sprach auf ihre Stimme an, flammte auf und tauchte den großen Raum in ein warmes gelbes Licht, das Araris enthüllte. Er war von mittlerer Größe und durchschnittlich gebaut. Das Haar trug er kurzgeschoren wie ein Legionare , und eine Seite seines Gesichts wurde von einer fürchterlichen Narbe verunstaltet, in Form jenes Zeichens, mit dem in der Legion Männer gebrandmarkt wurden, die sich der Feigheit vor dem Feind schuldig gemacht hatten. Er trug einfache, gut geschneiderte Kleidung und darüber einen Mantel, der dem von Isana ähnelte. An einer Seite hatte er einen Gladius an der Hüfte hängen, an der anderen die lange Klinge eines Schwertkämpfers.
Seine Sorge schwand ein wenig, als sich ihre Blicke trafen, und Isana spürte plötzlich seine Zuneigung und Liebe, und dazu andere, nicht ganz so romantische Gefühle der Anerkennung eines Mannes. »Sehr gut«, sagte er ruhig und deutete mit dem Kopf auf ihr Schwert. »Beim nächsten Mal gehst du aber vom Fenster zurück, bevor du das Licht anmachst.«
Seufzend trat sie zur Seite, schüttelte den Kopf und streckte ihm die Hand entgegen. »Tut mir leid, ich bin noch ganz verschlafen.«
Er kam zu ihr, nahm ihre Hand und berührte sie dabei nur sanft mit den Fingerspitzen. »Ist schon in Ordnung. Du hast nie erwartet, ein solches Leben führen zu müssen.«
Sie lächelte schwach. »Nein, vermutlich nicht.« Dann fügte sie hinzu: »Was ist denn draußen los?«
»Aus der Hauptstadt ist ein Bote eingetroffen«, antwortete Araris leise und senkte die Hand. »Ihre Gnaden bittet darum, dass du sie in ihrem Arbeitszimmer aufsuchst, und zwar so schnell wie möglich. Abgesehen davon weiß ich auch nichts.«
Isana blickte an sich herab und seufzte. Dann steckte sie vorsichtig das Schwert zurück. Sie hatte sich einige Male ordentlich geschnitten, ehe sie den richtigen Respekt vor der scharfen Schneide gelernt hatte. »Ich sehe lächerlich aus.«
»Du siehst aus wie jemand, der ernsthaft an seinem Leben hängt«, berichtigte Araris sie. Er blickte sich um, weil er vom Gang her Schritte hörte. Überall im Haus herrschte Betriebsamkeit, wie man am Öffnen und Schließen der Türen und einer wachsenden Zahl von Stimmen hören konnte. »Um es offen zu sagen, ein Durcheinander dieser Art bietet beste Möglichkeiten für einen weiteren Anschlag. Ich fände es besser, wenn du die Rüstung auch trägst, während du im Haus unterwegs bist.«
»Gut, gut«, meinte Isana. »Verschwenden wir also keine Zeit.«
Ein Vorteil des bescheidenen Anwesens war, dass man nicht unbedingt an Vorräte, Führer und Packtiere denken musste, nur weil man sich vom einen Trakt des Hauses in einen anderen begeben wollte, dachte Isana. Sie grüßte einen jungen Ritter, ein Zimmermädchen und einen der älteren Schreiber, mit denen sie bei verschiedenen Gelegenheiten gespeist hatte, ging über den Hof und stieg eine Treppe hinauf, die zum privaten Arbeitszimmer der Hohen Fürstin führte. Araris folgte ihr schweigend mit zwei Schritten Abstand als ständiger Begleiter. Wachsam
Weitere Kostenlose Bücher