Die Befreier von Canea
verdanken sei.
Eigentlich ähnelte es einem riesigen Theater. Im unteren Bereich und in der Mitte waren die Sitze für die Senatoren sogar in einem Halbkreis angeordnet, dem der Prokonsul vorsaß, seines Zeichens der Senator, der innerhalb des Senats die meisten Stimmen auf sich vereinen konnte. Dann folgte über Hunderte von Schritten weit eine Bankreihe nach der anderen. Während man zu den Senatoren nach unten schaute, musste man den Blick heben, um die Zitadelle des Ersten Fürsten zu sehen, das Herz von Alera Imperia, das sich hoch über dem Senatorium erhob.
»Was ist denn so lustig?«, murmelte Fürstin Placida.
»Mir ist eben aufgefallen, wie groß und bedrohlich die Zitadelle des Ersten Fürsten aufragt, wenn man hier eintritt«, sagte Isana. »Das kann man nicht gerade unauffällig nennen.«
»Das ist noch gar nichts«, erwiderte die Fürstin Placida. »Wenn man hinausgeht, blickt man auf den Grauen Turm. Der Anblick ist noch schauderhafter.«
Isana lächelte, sah über die Schulter und stellte fest, dass Aria recht hatte. Der Graue Turm, diese bescheidene kleine Festung, war ein Gefängnis, das errichtet worden war, um selbst die mächtigsten Elementarwirker des Reichs in Gewahrsam zu halten – eine stille Mahnung, dass niemand in Alera über dem Gesetz stand.
»Man fragt sich unwillkürlich«, sagte Isana, »ob jener Erste Fürst, der den Bau damals durchgeführt hat, den Senatoren ein Gefühl der Sicherheit vermitteln oder sie bedrohen wollte.«
»Natürlich beides«, antwortete Fürstin Placida. »Senatoren, die dem Reich treu ergeben sind, können ruhig schlafen in dem Wissen, dass mächtige und ehrgeizige Männer stets in ihre Schranken verwiesen werden – und die Ehrgeizigen dürften es ganz genauso verstehen. Ich glaube, es war Gaius Sekundus, der das Senatorium gebaut hat, und er … oh.«
Die Fürstin unterbrach sich mitten im Satz, und Isana konnte ihr das nicht zum Vorwurf machen. Denn wegen seiner Größe war das Senatorium im Allgemeinen fast leer und beherbergte nur die Gefolgschaft der Senatoren sowie einige Neugierige, denn laut Gesetz stand jedem das Recht zu, den Sitzungen beizuwohnen. Heute Abend war es anders.
Das Senatorium war bis zum letzten Sitz ganz oben gefüllt.
Die Menge erzeugte einen enormen Lärm; die einzelnen Stimmen schwollen zu einem donnernden Gemurmel an. Schlimmer noch waren die überwältigenden Gefühle der Anwesenden. Zwar stach keines davon besonders aufdringlich heraus, doch es waren so viele Menschen, dass sich Sorge, Neugier, Ungeduld, Gereiztheit, Belustigung und viele andere Emotionen ballten und sie mit voller Wucht trafen.
Isana spürte, wie die Fürstin Placida mit ihren Metallkräften einen Schild gegen den Gefühlssturm aufbaute und wünschte kurz, sie wäre dazu ebenfalls in der Lage, was jedoch leider nicht der Fall war. Also biss sie nur die Zähne zusammen und drängte die Emotionen von außen zurück. Araris ergriff ihren Unterarm und stützte sie. Seine ruhige Besorgnis wurde zum Halt und zum Schutz gegen die Flut, die sie zu überwältigen drohte. Sie lächelte ihn dankbar an und konnte nun, da sie einen festen Punkt hatte, die übrigen Gefühle zurückdrängen und schließlich wieder nach und nach auf sich wirken lassen. Nur so konnte sie sich daran gewöhnen. Araris und Fürstin Placida standen rechts und links von ihr und warteten geduldig, bis sie ihre Fassung wiedererlangt hatte.
»Also gut«, sagte sie kurz darauf, während der Fluss der hereinströmenden Cives nicht abriss. »Mir geht es besser, Araris.«
»Am besten nehmen wir unsere Plätze ein«, sagte die Fürstin. »Die Kronwache ist schon hier. Der Erste Fürst muss jeden Moment kommen.«
Sie gingen zu den Logen gleich über den Plätzen der Senatoren hinunter. Zwar wurde den Hohen Fürsten nicht ausdrücklich ein Besitzrecht für diese Plätze eingeräumt, doch wusste im Grunde jeder, wer wo zu sitzen hatte, und so hatte sich eine Tradition herausgebildet, die jedem Hohen Fürsten eine bestimmte Loge freihielt, wann immer Senat und Fürsten zu den seltenen gemeinsamen Sitzungen im Senatorium zusammenkamen.
Die Plätze von Fürst und Fürstin Placida befanden sich oberhalb der Senatoren aus den Gebieten, die den jeweiligen Cives unterstanden. Die Fürstin Placida nahm sich die Zeit und ging hinunter zu den Senatorenplätzen, wo sie einige Leute begrüßte, während Isana und Araris in der Loge Platz nahmen.
»Fürstin Veradis?«, fragte Isana, als sie die junge
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