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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Sie knickste und verließ den Raum. Ritter Ehren, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, zog sich ebenfalls zurück, und ihm folgte Araris, nachdem er Isana mit einem besorgten Stirnrunzeln bedacht hatte. Er schloss die Tür hinter sich.
    Isana setzte sich dem Ersten Fürsten gegenüber, als sie allein waren.
    Gaius zog eine Augenbraue hoch, und kurz fühlte sie Unsicherheit bei ihm. »Ja?«, fragte er.
    »Können wir hier offen sprechen?«
    Er nickte.
    »Dein Tod steht bevor.«
    Er starrte sie lange an.
    »Es gibt dieses … Bewusstsein. Körper und Geist spüren es, wenn die Zeit naht. Ich glaube, nicht viele würden es bemerken. Oder dich in einem so … unbedachten Augenblick zu Gesicht bekommen.«
    Er stellte den Weinbecher ab und senkte den Kopf.
    Isana stand auf. Langsam ging sie um den Schreibtisch und legte ihm die Hand auf die Schulter. Sie spürte, wie der Erste Fürst schauderte. Dann hob er die Hand und legte sie auf ihre. Kurz drückte er zu, ehe er sie wieder zurückzog.
    »Es ist außerordentlich wichtig«, sagte er schließlich, »dass du darüber mit niemandem sprichst.«
    »Ich verstehe«, antwortete sie leise. »Wie lange hast du noch?«
    »Ein paar Monate vielleicht«, sagte er. Wieder hustete er, und sie sah, wie er dagegen ankämpfte und die Hände zu Fäusten ballte. Sie griff nach dem Becher und reichte ihn ihm.
    Er schluckte vorsichtig und nickte ihr dankbar zu.
    »Die Lungen«, sagte er, nachdem er sich erholt hatte. »In meiner Jugend war ich einmal spät im Herbst schwimmen. Dabei habe ich ein Fieber bekommen. Danach waren sie immer schwach. Dann diese Geschichte in Kalare …«
    »Majestät«, sagte sie, »erlaube mir, einen Blick darauf zu werfen. Vielleicht …«
    Er schüttelte den Kopf. »Mit Elementarwirken kann man auch nicht alles erreichen, Isana. Ich bin alt. Der Schaden ist vor langer Zeit entstanden.« Vorsichtig holte er tief Luft. »Ich halte durch, bis Octavian zurückkehrt. Das schaffe ich noch.«
    »Weißt du, wann er zurückkehrt?«
    Gaius schüttelte erneut den Kopf. »Er ist außerhalb meiner Sichtweite«, antwortete er. »Bei den Krähen, hätte ich ihn nur nicht ziehen lassen. Die Erste Aleranische ist wahrscheinlich unsere beste Legion. Jetzt könnte ich sie in Ceres gebrauchen. Ganz zu schweigen von ihm selbst. Es ist mir ein Gräuel, das zugeben zu müssen, aber so wie er aufgewachsen ist, ganz ohne Elementare, hat er einen krähenverflucht scharfen Verstand entwickelt. Ihm fällt vieles auf, das mir entgeht.«
    »Ja«, stimmte Isana in gleichgültigem Ton zu.
    »Wie hast du es gemacht?«, fragte Gaius. »Seine Elementarkräfte unterdrückt, meine ich.«
    »Sein Badewasser. Eigentlich war es Zufall. Ich wollte sein Wachstum hemmen. Damit niemand ihn für alt genug hielt, um Septimus’ Sohn zu sein.«
    Gaius seufzte. »Im Frühjahr sollte er zurück sein.« Er schloss die Augen. »Es dauert nur noch den Winter lang.«
    Isana wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Leise ging sie zur Tür.
    »Isana«, sagte Gaius.
    Sie blieb stehen.
    Aus müden, dunkel geränderten Augen sah er zu ihr auf. »Hol mir diese Legionen. Sonst wird nicht mehr viel von Alera übrig sein, wenn er nach Hause kommt.«

9

    Nach den ersten sechs Tagen des Sturms gab Tavi mehr oder weniger den Versuch auf, die Zeit im Auge zu behalten. In den kurzen Abschnitten, in denen er den einen oder anderen klaren Gedanken fassen konnte, übte er Canisch, und zwar vor allem Flüche. Zumindest brauchte er sich nicht mehr andauernd zu übergeben, auch wenn er sich weiterhin elend fühlte. Er gab sich keine Mühe, den Neid gegenüber jedem zu verbergen, der nicht so sehr wie er unter dem brutalen Stampfen der Schleiche litt.
    Der Wintersturm war gewaltig und kannte keine Gnade. Die Schleiche schaukelte nicht einfach nur. Sie schlingerte und rollte und stampfte hin und her. Manchmal verhinderten nur die Leinen über seiner Koje, dass Tavi herausfiel. An den wolkigen Tagen zwischen den langen Winternächten wurde es kaum hell, und Licht war nur gestattet, wenn es unbedingt notwendig war und unablässig überwacht werden konnte. Ein Feuer auf einem Schiff während eines solchen Orkans würde vielleicht nicht gleich das ganze Schiff untergehen lassen, konnte aber riesige Schäden anrichten und es zur leichten Beute für Wind und Wellen werden lassen.
    Draußen auf Deck schrien die Seeleute der Schleiche im heulenden Sturm und in peitschendem Regen und Graupel und erledigten unermüdlich ihre Arbeit,

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