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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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sie, der sie und Doroga beschützen kann, falls irgendetwas schief läuft. Jemanden, der jedoch nicht übermäßig bedrohlich wirkt.«
    »Majestät«, protestierte die Fürstin Placida, »wenn die Vord Ceres einnehmen, ist Placida als Nächstes an der Reihe. Mein Platz ist zu Hause bei meinem Volk, das ich beschützen muss.«
    Der Erste Fürst nickte ruhig. »Die Entscheidung liegt natürlich bei dir, Aria, ob dein Volk besser von dir beschützt wird oder von Antillus Raucus, seiner gesamten Civitas und sechzigtausend antillanischen Veteranen.« Er trank wieder einen Schluck Wein. »Nicht zu erwähnen die Legionen aus Phrygia.«
    Fürstin Placida runzelte die Stirn, faltete die Hände im Schoß und starrte sie an.
    »Isana«, sagte Gaius leise. »Alera braucht diese Legionen dringend. Ich statte dich mit allen Vollmachten aus, damit du einen Waffenstillstand mit den Eismenschen schließen kannst.«
    Isana stockte der Atem. »Bei den großen Elementaren.«
    Gaius winkte missbilligend ab. »Du wirst dich schon daran gewöhnen. Es ist längst nicht so aufregend wie du denkst.«
    Isana spürte, wie ein hartes Lächeln ihre Lippen verzog. »Und wenn Octavians Mutter unerwartet mit einer entscheidenden Streitmacht im Rücken in der Stunde der höchsten Not aus dem Norden eintrifft, könnte das dem glorreichen Fürsten Aquitania einiges von dem Ruhm stehlen, den er auf dem Schlachtfeld erringen wird – und gleichzeitig Unterstützer für Octavian gewinnen, selbst wenn der Princeps nicht da sein kann.«
    »Ich gestehe wohl«, murmelte Gaius, »dass mir ein ganz ähnlicher Gedanke durch den Sinn gegangen ist.«
    Isana schüttelte den Kopf. »Solche Spiele kann ich nicht ausstehen.«
    »Ich weiß«, sagte Gaius.
    »Aber wenn du mich bittest, Menschenleben zu retten und einen Krieg zu beenden, der seit Jahrhunderten andauert, kann ich auch nicht nein sagen.«
    »Auch das ist mir bewusst.«
    Sie starrte Gaius einen Moment lang an. »Wie kannst du es eigentlich mit dir aushalten?«
    Der Erste Fürst starrte kalt zurück. Dann sagte er sehr leise und ruhig: »Ich schaue jeden Tag aus dem Fenster. Und draußen sehe ich Menschen, die leben und atmen. Menschen, die nicht vom Bürgerkrieg verschlungen wurden. Die nicht Seuchen zum Opfer gefallen sind. Menschen, die nicht verhungert sind, die nicht von den Feinden der Menschheit in Stücke gehackt wurden, die frei sind, zu lügen und zu stehlen und Ränke zu schmieden und zu jammern und zu klagen und sich auf alle möglichen Arten abscheulich benehmen zu können, weil das Reich Bestand hat. Weil Gesetz und Ordnung Bestand haben. Weil nicht nur blanke Gewalt das Leben bestimmt. Und ich sehe, Gemahlin meines Sohnes und Mutter meines Erben, ein paar anständige Menschen, die ihr Leben in dem Luxus verbringen dürfen, keine hinterhältigen Entscheidungen treffen zu müssen, die ich selbst meinen schlimmsten Feinden nicht wünschen würde, und die solche Entscheidungen aus diesem Grund moralisch abstoßend finden – denn sie müssen sie schließlich nicht treffen.« Er trank einen Schluck Wein. »Pah. Aquitania hält mich für seinen Feind. Der Narr. Wenn ich ihn wirklich hassen würde, hätte ich ihm die Krone geschenkt .«
    Den Worten des Ersten Fürsten folgte erschrockenes Schweigen. Auch wenn Gaius leise und ruhig gesprochen hatte, waren der Zorn und die Leidenschaft seiner Rede durchgeschienen wie Feuer durch Glas. In seiner Wut, so erkannte Isana, hatte er ihr einen Einblick in sein wahres Ich gestattet, in einen Teil seiner Persönlichkeit, der sich bis zur Selbstaufgabe der Erhaltung des Reiches und dem Wohlergehen seines Volkes, ob nun Civitas oder Freie, widmete.
    Hinter all der Verbitterung, dem Zynismus und dem erschöpften Misstrauen spürte sie diese Leidenschaft, die sie auch von Septimus kannte. Und von Tavi.
    Aber das war noch nicht alles. Isana blickte zu Aria, doch obwohl die Fürstin Placida durchaus irritiert zu sein schien, weil Gaius ein wenig die Fassung verloren hatte, ließ sich ihr nicht der Schock anmerken, den sie hätte zeigen müssen, wenn sie das Gleiche wie Isana gespürt hätte.
    Die Fürstin blickte ihr in die Augen und verstand falsch, was sie dort sah. Sie nickte Isana zu und wandte sich Gaius zu. »Ich nehme den Auftrag an, Majestät.«
    »Danke, Aria«, sagte Isana leise und erhob sich. »Ich wäre sehr dankbar, wenn ich einen Moment unter vier Augen mit dem Ersten Fürsten sprechen könnte.«
    »Natürlich«, sagte Fürstin Placida und stand auf.

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