Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
Holzplanken des Anlegestegs.
»Hallihallo!«, sagte sie, reckte das Kinn und warf sich das Haar über die Schulter.
Beinahe hätte Jim sich auf die Dämonin gestürzt. Er wollte einfach nur die Hände um ihren Hals legen und zudrücken, während sie sich wehrte. Zudrücken, bis er ihren Hals sauber von ihrem verfluchten Rückgrat abgetrennt hatte.
Aber er war wegen der Reporterin da.
Er suchte das Bootshaus ab und fand … nichts. Niemanden. Nur Wellen, die von unten gegen die Gerüste klatschten, rastlos murmelndes Wasser überall.
»Wo ist sie?«, fragte er barsch.
»Wo ist wer?«
Im Wasser, dachte er.
Jim sprang vor und schob die Dämonin beiseite. Insgeheim hoffte er, sie würde auf ihrem knochigen Arsch landen, während er die leeren Liegeplätze absuchte. Mist, der Fluss war trüb, man konnte in der Dunkelheit nichts erkennen.
»Wonach suchst du denn?«, hörte er Devina fragen.
Er stapfte herum, sah nur wirbelnde Strömung, ließ sich aber nicht verscheißern. Die Dämonin war aus einem bestimmten Grund hier, und sie blieb auch genau deswegen. »Ich will, dass du gehst. Sofort.«
»Das ist eine freie Welt.«
»Nur, wenn du verlierst.«
Devina lachte. »Das sehe ich anders …«
Mit einem Satz stand er Nase an Nase mit seiner Feindin. »Hau ab. Oder ich zerstöre dich auf der Stelle.«
Ein gemeines Funkeln trat in ihre Augen. »So kannst du nicht mit mir reden …«
Ehe er wusste, was er tat, umschloss eine Hand ihre Kehle, und sein kleiner Wunschtraum ging in Erfüllung, als er begann, Energie in den Griff zu lenken.
Unvermittelt drang eine Lichtquelle in das Bootshaus – nein, Moment, das war er selbst. Er leuchtete.
Schön, von ihm aus. Er war so wütend, dass es ihn auch nicht gestört hätte, als Diskokugel herumzuflitzen. Besonders, als auch die zweite Hand sich an dem Spaß beteiligte. Einen Augen blick lang lachte Devina nur wieder über ihn, doch dann veränderte sich etwas. Sie bekam keine Luft mehr, ihre Finger versuchten, seine Hände von ihrem Hals zu lösen, anfangs wütend, dann beinahe schon ängstlich.
Während das Leuchten, das er abstrahlte, sich in seinem ganzen Körper ausbreitete, wurde es immer stärker, bis er Schatten warf. Er drückte weiter zu, drängte sie rückwärts, bis sie zwischen ihm und den auf Gerüsten aufgestapelten Ruderbooten eingeklemmt war. Vor Kraft zitterte er von Kopf bis Fuß, und er wusste, dass er sie damit scharf machte – was für ihn selbst nicht galt. Ja, er war hart, aber welcher Teil von ihm war das nicht? Jeder Muskel war angespannt, vom Kiefer bis zu den Oberschenkeln, von den Schultern bis in den Arsch.
Er würde es tun.
Hier und jetzt. Scheiß auf Nigel und diese englischen Armleuchter, die für ihn verantwortlich waren. Scheiß auf das Spiel, den Krieg, den Konflikt, wie auch immer man es nennen wollte. Scheiß auf den ganzen …
Hinter ihm explodierte etwas, Wasser spritzte auf seine Beine.
Und dann war ein tiefes, keuchendes Nach-Luft-Schnappen zu hören, gefolgt von einem trockenen Husten.
Jim unterbrach seine Konzentration für einen Sekunden bruchteil, um zu sehen, was los war – und mehr brauchte Devina nicht. Die Dämonin entfleuchte aus seinem Griff, zerschmolz mit einem Kreischen zu einem schwarzen Molekülhaufen und schleuderte sich dann auf ihn.
Der Aufprall fühlte sich an wie zehntausend Bienenstiche auf jedem Zentimeter Haut, den er besaß, und er brüllte – nicht vor Schmerz, sondern vor Frustration –, als er zu Boden sank.
Devina startete keinen neuen Angriff, sondern warf sich in den Himmel, den sie zuvor bereits verdunkelt hatte, wurde eins mit den teuflischen Wolken dort oben.
Fort, fort, fort … fürs Erste.
Von seiner Position aus – Wange auf Planke – sah er ihr fluchend nach … und wandte sich dann der Reporterin zu, die sich gerade selbst rettete.
Am nächstgelegenen Liegeplatz schossen zwei Arme aus dem Wasser, blasse Hände klatschten auf das Holz, Fingernägel gruben sich ein. Und dann hievte die Frau ihren nassen, kalten Leib schwerfällig aus dem Fluss.
Sie landete genau neben ihm, und beide warteten sie reglos ab, bis sie sich etwas erholt hatten.
»Wir … dürfen … uns …«, hustete sie, »nicht immer … so … begegnen.«
Achtunddreißig
In weiter Ferne sprach jemand. Jims Mitbewohner.
Aber Matthias konnte sich nicht darauf konzentrieren, weil seine Nervenbahnen verstopft waren von all den Steckbriefen, Internetadressen und Codes bis hin zu seinem allerersten E-Mail-Konto
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