Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
Sie holte tief Luft, beugte sich vor und drehte am Knopf.
»… brisanten Ermittlungen der New York Times gegen eine Schattenorganisation, die jahrzehntelang unbemerkt von der Öffentlichkeit Anschläge im In- und Ausland verübte …«
Sie stellte das Gerät wieder ab und umklammerte das Lenkrad etwas fester.
Nach drei schlaflosen Nächten und drei Tagen intensiven Nachdenkens hatte sie ihren Kontakt bei der Times angerufen und sich mit ihm in New York getroffen.
Ihre einzige Bedingung an Peter Newcastle, dem sie den Stick – und den Namen Isaac Rothe – aushändigte, hatte gelautet, dass er sie nicht fragen würde, woher sie die Informationen hatte, und dass er nicht versuchen würde, sie weiterhin einzubeziehen. Denn sie hatte nichts hinzuzufügen.
Am gestrigen Morgen war die Story dann schließlich veröffentlicht worden, auf der Titelseite einer Zeitung, die über die Mittel, den Mumm und den weltweiten Einfluss verfügte, der Information gerecht zu werden. Und das Nachspiel hatte schon begonnen, Behörden in Aufruhr versetzt, Senatoren und Kongressabgeordnete bewogen, empört vor Kameras und Mikrofonen ihre Kommentare abzugeben. Abends um neun sollte der Präsident zum Interview mit Brian Williams auf NBC antreten.
Letzten Endes hatte Mels sich aus zwei Gründen entschlossen, die Story ihres Lebens an jemand anderen abzutreten: Erstens war ihr das eigene Leben zu lieb, um das Risiko einer Vergeltungsmaßnahme einzugehen. Und zweitens: Den Artikel unter ihrem eigenen Namen herauszubringen hätte bedeutet, dass sie Matthias benutzt hatte, dass er nichts weiter als ein Informant für sie gewesen war, dass sie nicht aus Herzensgüte geholfen hatte, sondern weil sie hinter einer Story her war.
Im Prinzip war es dasselbe Motiv, das er gehabt hatte, als er ihr die Informationen übergab, um ihr zu beweisen, dass er aufrichtig gewesen war – sie reichte sie an jemand anderen weiter, damit niemand je sagen konnte, sie hätte ihn nicht geliebt.
Nicht dass jemand von ihm wusste.
Tatsächlich kein Mensch. In der Zeitung hatte nichts über seinen Tod oder seine Leiche gestanden. Und als sie mitten in ihrem 72 -stündigen Wahnsinn noch einmal zu der Garage gefahren war, hatte sie dort nur einen neu abgesperrten Tatort vorgefunden.
Weg, weg, alles weg. Die Fahrzeuge, die persönliche Habe, jegliches Zeichen des Bewohntseins.
Jim Heron und sein Freund waren verschwunden.
Ende der Spur.
Es war seltsam – geschlafen hatte sie zum ersten Mal wieder in der Nacht, nachdem sie von ihrem Treffen mit Peter in Manhattan zurückgekehrt war. Was ihr gezeigt hatte, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Sie hatte nicht damit gerechnet, jemals wieder von dem Mann zu hören.
Doch dann, drei Tage vor der Veröffentlichung, hatte er sie angerufen, um Bescheid zu geben, dass der Artikel erscheinen würde – und um ihr einen Job anzubieten. Er hatte gesagt, er wünsche sich auf der Nachwuchsebene jemanden mit ihrer Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit. An der Stelle hatte sie ihn gleich unterbrochen und erklärt, ein Informant hätte ihr die Dateien genau in diesem Zustand übergeben; sie hätte das Material weder gesammelt noch geordnet oder sortiert.
»Aber Sie sind an den Informanten herangekommen.«
Ja, das schon. Und hatte sich dabei das Herz brechen lassen.
Am Ende hatte sie das Jobangebot angenommen. Sie war nicht dumm, und sie war bereit, sich wieder anzustrengen und Überstunden zu schieben. Vielleicht würde es helfen, den Schmerz zu verarbeiten.
Mein Gott, wie sie Matthias vermisste.
Beziehungsweise das, was sie mit ihm hätte haben können.
Denn er hatte die Wahrheit gesagt. Über alles.
Mels parkte Fi-Fi in der Einfahrt ihrer Mutter hinter dem Umzugsanhänger und ließ das Fenster herunter, weil der Tag völlig klar war, keine Wolke in Sicht.
Sie aß ein halbes Sandwich im Stehen in der Küche, trank dazu ein Gingerale und räumte auf, nur für den Fall, dass ihre Mutter früher von ihrem Campingausflug zum Lake George zurückkäme.
Couch?
Aber bitte gern … danke.
Sie trat auf die Steinfliesen des Wintergartens, zog die Schiebetüren zum Garten auf und spürte die Wärme hereinströmen. Es war vierundzwanzig Grad und roch nach frisch gemähtem Gras, weil am Morgen die Gärtner da gewesen waren.
Das Sofa war wunderbar weich und gemütlich, sie legte sich hin und zog sich wie üblich die Decke über die Beine. Dann ließ sie den Blick über die Topfpflanzen auf den Tischchen, den
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