Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)

Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)

Titel: Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward
Vom Netzwerk:
ihre Tante gleich an, wie sie es meistens tat, und dann müsste sie keine Lüge erfinden, warum sie mit dem Taxi zur Arbeit fuhr.
    Das Geräusch von Schlürfen und stillem Knirschen erfüllte die Küche, und Mels suchte krampfhaft nach einem halbwegs normalen Gesprächsthema. Wetter. Sport – nein, ihre Mutter hatte nichts für organisierte Aktivitäten übrig, die sich um Spielfelder, Bälle oder Pucks drehten. Bücher gingen immer, obwohl Mels eigentlich nur Kriminalstatistiken las und ihre Mutter immer noch am Tropf von Oprahs Buchclub hing, auch wenn der Infusionsbeutel inzwischen nicht mehr nachgefüllt wurde.
    Mein Gott … in Augenblicken wie diesem vermisste sie ihren Vater so sehr, dass es körperlich schmerzte. Zwischen ihnen hatte es nie betretenes Schweigen gegeben. Niemals. Sie hatten sich über die Stadt unterhalten. Oder über seine Arbeit als Polizist oder die Schule … Oder sie hatten geschwiegen, und das war auch in Ordnung gewesen. Aber ihre Mutter?
    »Und?« Mels nahm noch einen Schluck. »Irgendwelche aufregenden Pläne für den heutigen Tag?«
    Es kam irgendeine Antwort, die sie nicht hörte, weil der Drang zu fliehen zu laut schrillte.
    Sie trank ihren schwarzen Kaffee aus – ihre Mutter trank ihn mit Milch und Zucker –, stellte den Becher in die Spülmaschine und holte tief Luft.
    »Bis heute Abend dann«, sagte sie. »Ich komme nicht so spät. Versprochen.«
    Ihre Mutter sah ihr in die Augen. Auf der Müslischüssel prangten kleine rosa Blumen. Auf dem Tischtuch waren winzige gelbe zu sehen, und auf der Tapete größere blaue.
    Überall Blumen.
    »Geht es dir gut?«, fragte ihre Mutter. »Musst du zum Arzt?«
    »Es ist nur ein Bluterguss. Nichts Schlimmes.« Sie spähte durch das Esszimmer auf die Straße. Hinter dem Tisch mit dem Spitzendeckchen und den cremeweißen Vorhängen hielt ein knallgelber Chevrolet. »Mein Taxi ist hier. Ich hab das Auto vor der Kneipe stehen lassen, weil ich zweieinhalb Gläser Wein getrunken hatte.«
    »Du hättest mit meinem zur Arbeit fahren können.«
    »Du brauchst es doch selbst.« Sie warf einen Blick auf den Gartenkalender an der Wand, in der Hoffnung, etwas zu finden. »Heute um vier ist Bridge.«
    »Ich kann mich doch von jemandem mitnehmen lassen. Soll ich anrufen …«
    »Nein, so ist es mir lieber. Dann kann ich nach der Arbeit mein Auto abholen und damit nach Hause fahren.«
    Mist. Jetzt hatte sie sich selbst ein Bein gestellt. Fi-Fi würde nur auf der Ladefläche eines Abschleppwagens irgendwohin fahren – das arme Ding war in eine Werkstatt in der Nähe verfrachtet worden.
    »Ach so. Ist gut.«
    Als ihre Mutter verstummte, wollte Mels sich entschuldigen, aber es war zu schwierig, das komplizierte Verzeihung in Worte zu fassen. Mist, vielleicht sollte sie einfach ausziehen. Die Konfrontation mit dieser geballten Aufopferung und Güte war eine Last statt einer Freude – weil sie nie ein Ende hatte. Es gab immer einen Vorschlag, ein Angebot, ein Wie-wäre-es-damit, ein …
    »Ich muss los. Aber danke.«
    »Bitte.«
    »Bis heute Abend.«
    Mels küsste die Wange, die ihr angeboten wurde, und eilte aus dem Haus. Die Luft draußen war frisch und angenehm, die Sonne hell genug, um eine warme Mittagspause zu verheißen.
    Beim Einsteigen ins Taxi sagte sie: »Zum Büro des C C J auf der Trade.«
    »Alles klar.«
    Die Stoßdämpfer des Wagens waren wie Betonblöcke und die Sitze so weich gepolstert wie ein Dielenboden, aber Mels merkte es kaum. In ihrem Kopf herrschte zu großes Chaos, um sich Gedanken um ihren Hintern oder ihre Backenzähne zu machen.
    Sie musste ständig an den Mann von gestern Abend denken. Als säße er neben ihr.
    So war das die ganze Nacht gegangen.
    Sie ließ den Kopf in den Nacken fallen, schloss die Augen und rief sich den Unfall ins Gedächtnis, zweimal, dreimal, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich nicht hätte ausweichen können. Und dann schweifte sie zu anderen Bildern ab. Zum Beispiel, wie regungslos und wachsam er in diesem Krankenhausbett gelegen hatte.
    Selbst verletzt, und das an manchen Stellen schwer, hatte er immer noch den Eindruck eines … eines Raubtiers gemacht.
    Eines kraftvollen männlichen Tiers, das verwundet …
    Okay, jetzt drehte sie langsam durch. Vielleicht sollte sie mal einen intensiven Blick auf ihr Liebesleben werfen – das nicht existent war …
    Blöd nur, dass sie das starke Gefühl nicht abschütteln konnte, dass er etwas Hypnotisches an sich hatte – wie abgeschmackt war das denn?

Weitere Kostenlose Bücher