Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
nach dem anderen einstiegen.
Als der Bus schließlich weiterfuhr, war der Sonnenschein zurück und tauchte Mels in ein gelbes Licht.
Aus irgendeinem albernen Grund musste Matthias heftig blinzeln.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie sanft. »Haben Sie Schmerzen?«
Ja. Aber keine körperlichen. Und sie wurden schlimmer, wenn er sie ansah. »Woher wissen Sie, dass ich Hilfe brauche?«
»Ich gehe mal davon aus, dass Ihr Gedächtnis nicht wie von Zauberhand zurückgekehrt ist.«
»Stimmt. Aber das ist nicht Ihre Schuld.«
»Aber ich habe Sie angefahren. Also bin ich auch verant wortlich.«
Er deutete auf seinen Unterleib. »So war ich schon vorher.«
»Können Sie sich an irgendetwas erinnern? Vor dem Unfall, meine ich.« Auf sein Kopfschütteln hin murmelte sie: »Viele Armeeangehörige sind in so einer Verfassung zurückgekommen.«
Ah … im Sinne von Heer, Marine, Luftwaffe, dachte er. Und das passte gar nicht so schlecht. Die Regierung … ja, er hatte etwas mit dem Verteidigungsministerium zu tun, oder mit dem Nachrichtendienst … oder …
Aber er war kein Kriegsversehrter. Denn er war kein Held gewesen.
»Meine Brieftasche wurde gefunden«, platzte er heraus.
»Ach, das ist ja toll.«
Er gab sie ihr, ohne zu wissen, warum.
Sie klappte sie auf, betrachtete den Führerschein und nickte. »Das sind Sie.«
Matthias fixierte das Logo des Caldwell Courier Journal, das über der Eingangstür hing. »Hören Sie, das alles hier bleibt unter uns, okay?«
»Absolut.«
»Ich wünschte, es gäbe eine andere Möglichkeit. Ich wünschte … Ich möchte Sie nicht in Schwierigkeiten bringen.«
»Noch haben Sie mich um nichts gebeten.« Sie sah ihn an. »Worum geht es?«
»Könnten Sie herausfinden, wer das ist?« Er zeigte auf den Führerschein. »Denn ich bin es nicht.«
Neun
In der folgenden Stille konnte Mels die ganze Zeit nur daran denken, dass sie so sicher gewesen war, diesen Mann nie wiederzusehen.
Offenbar hatte das Schicksal andere Pläne.
Er saß neben ihr, ganz in Schwarz gekleidet, dieser große, superschlanke Mann, der absolut tough wirkte mit seinen zu Schlitzen verengten Augen und dem kräftigen Kiefer … und trotzdem schämte er sich offensichtlich für seine Narben und sein Handicap.
Sie begutachtete erneut den Führerschein und runzelte die Stirn. Er schien in Ordnung, Foto, Hologramme, alles da, Größe, Gewicht und Geburtsdatum waren eingetragen, zudem eine Adresse hier in Caldwell – übrigens gar nicht weit vom Haus ihrer Mutter entfernt.
Wahrscheinlich war er auf dem Heimweg gewesen.
Als sie sich wieder dem Mann statt dem Foto zuwandte, stieg das Gefühl in ihr auf, dass er über seinen Schatten gesprungen war, um sie anzusprechen. Er war kein Mensch, der sich gern auf andere verließ, aber das Leben hatte ihn anscheinend in eine Lage versetzt, die ihm keine Wahl ließ.
Kein Gedächtnis. Wenig Mittel zur Verfügung.
Mit dem gehetzten Blick und dem zusammengeflickten Körper musste er ein Soldat sein – nur physisch aus dem Krieg zurück, nicht geistig oder emotional.
Selbstverständlich gefiel der Reporterin in ihr nichts besser als ein spannendes Rätsel, und dass sie an der Amnesie nicht unschuldig war, war ein weiterer Grund, sich kopfüber in die Sache zu stürzen. Aber sie war nicht dumm. Sie wollte sich nicht in ein Drama verwickeln lassen, besonders nicht, falls er an Wahnvorstellungen oder Paranoia litt.
Das Passbild zeigte ihn, kein Zweifel.
»Es ist mir wirklich unangenehm, Sie damit zu behelligen.« Seine schmalen, ruhigen Hände strichen über den Gehstock, den er auf den Knien balancierte. »Aber ich habe sonst niemanden, und das Haus unter dieser Adresse ist nicht meins. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wo ich wohne, aber ich bin mir verdammt sicher, dass es nicht da ist. Und ich hab in den Briefkasten geschaut, als ich da war.« Er beugte sich zur Seite und zog eine Grimasse, als er eine zusammengerollte Zeitschrift hervorzog. »Das hab ich darin gefunden. Der Name stimmt, aber ich bin nicht über fünfundfünfzig. Warum sollte das an mich adressiert in meiner Post liegen?«
Mels klappte das Magazin auf, das AARP -Logo prangte über dem Bild eines elegant alternden Models in Sportkleidung. Auf dem Aufkleber stand Matthias Hault, Straße und Hausnummer waren die gleichen wie auf dem Führerschein … er könnte bei seinem Vater wohnen und denselben Namen tragen.
Wobei Papas ja eigentlich froh waren, wenn ihr Sohn vor der Tür stand, oder?
»Ich
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