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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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lebte, bevor er das Zeitliche segnete. Sie mussten mit ihm reden, mussten ihm einige Fragen stellen, und wenn er ihnen nicht bereitwillig antwortete, kannten sie Mittel und Wege, um ihn zum Reden zu bringen. Irgendwann redete jeder, wenn der Mossad Antworten haben wollte.
    »Wir haben sechs Agenten gefunden, die italienisch sprechen«, sagte Efraim. »Zwei von ihnen werden heute Nachmittag um drei zu einer Besprechung herkommen.« Italienisch konnte keiner der vier, aber alle sprachen fließend Englisch und Arabisch und insgesamt weitere acht Sprachen.
    Jeder der vier besaß Kampferfahrung und hervorragende Computerkenntnisse und war Experte für Grenzübertritte (mit und ohne Papiere), Verhöre, Tarnung und Fälschung. Außerdem konnten sie kaltblütig und erbarmungslos töten. Ihr Durchschnittsalter war vierunddreißig, und jeder von ihnen hatte an mindestens fünf erfolgreichen Liquidierungen durch eine Kidon teilgenommen.
    Bei voller Einsatzstärke bestand eine Kidon aus zwölf Mitgliedern. Vier führten die eigentliche Liquidierung aus, die anderen acht kümmerten sich um Deckung, Überwachung und taktische Unterstützung und räumten nach dem Anschlag auf.
    »Haben wir eine Adresse?«, fragte Amos vom Computer aus.
    »Nein, noch nicht«, erwiderte Efraim. »Und ich bezweifle, dass wir eine bekommen. Die Informationen stammen von der Spionageabwehr.«
    »Bologna hat eine halbe Million Einwohner«, murmelte Amos.
    »Vierhunderttausend«, korrigierte Shaul. »Und einhunderttausend davon sind Studenten.«
    »Wir sollen noch ein Bild von ihm bekommen«, sagte Efraim. Die anderen drei hoben interessiert den Kopf.
    »Es gibt irgendwo ein Foto von Backman, ein aktuelles, das nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis aufgenommen wurde. Man hat uns eine Kopie davon versprochen.«
    »Das würde uns weiterhelfen«, meinte Rafi.
    Sie hatten hunderte alte Fotos von Joel Backman. Sie hatten jeden Quadratzentimeter seines Gesichts untersucht, jede Falte, jede Ader in seinen Augen, jede Haarsträhne auf seinem Kopf. Sie hatten seine Zähne gezählt und Röntgenaufnahmen von seinem Zahnarzt beschafft. Die Spezialisten im Hauptquartier des Instituts für Nachrichtenwesen und Sonderaufgaben, besser bekannt als Mossad, hatten hervorragende Computergrafiken erstellt, die zeigten, wie Backman jetzt aussehen könnte, sechs Jahre nachdem man ihm zum letzten Mal in der Öffentlichkeit gesehen hatte. Eine Serie von digitalen Projektionen zeigte Backmans Gesicht bei einem Körpergewicht von stolzen hundertzehn Kilo; so viel hatte er gewogen, als er sich für schuldig erklärt hatte. Eine andere Serie zeigte ihn mit den achtzig Kilo, die er jetzt angeblich auf die Waage brachte. Sie hatten mit seinen Haaren experimentiert. Zuerst waren sie von seiner natürlichen Haarfarbe ausgegangen und hatten berechnet, wie sie bei einem Zweiundfünfzigjährigen aussehen würde. Sie hatten ihm die Haare schwarz, rot und braun gefärbt. Dann hatten sie ihm eine Kurzhaarfrisur und anschließend wieder längere Haare verpasst. Sie hatten ihm ein Dutzend unterschiedliche Brillengestelle auf die Nase gesetzt und einen Bart hinzugefügt, zuerst einen dunklen, dann einen grauen.
    Doch am wichtigsten waren letzten Endes die Augen. Man musste immer auf die Augen achten.
    Efraim war zwar der Anführer der Einheit, aber Amos war schon länger dabei. Er war der Operation Backman 1998 zugeteilt worden, als der Mossad zum ersten Mal Gerüchte über die »JAM«-Software gehört hatte, die von einem Lobbyisten aus Washington offeriert wurde. Über ihren Botschafter in Washington hatten die Israelis damals den Kauf von »JAM« eingefädelt. Sie waren davon ausgegangen, den Zuschlag bekommen zu haben, doch dann hatten sie plötzlich mit leeren Händen dagestanden, weil Backman und Jacy Hubbard die Ware an jemand anders verscherbelt hatten.
    Der Preis war nie bekannt geworden. Und das Geschäft war nie zum Abschluss gebracht worden. Es war zwar Geld geflossen, aber Backman hatte aus irgendeinem Grund nicht geliefert.
    Wo war die Software jetzt? Hatte sie überhaupt jemals existiert?
    Das wusste nur Backman.
    Da die Jagd auf Joel Backman für sechs Jahre unterbrochen gewesen war, hatte Amos genügend Zeit gehabt, um einige Lücken zu füllen. Er und seine Vorgesetzten gingen inzwischen davon aus, dass das Satellitensystem mit dem Codenamen »Neptun« von den Chinesen ins All geschossen worden war; dass die Chinesen für den Bau einen dicken Batzen des Staatshaushaltes

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