Die Begnadigung
Gegenleistung?«
»Nur ein kleiner Deal, Senator. Ich will kein Geld, aber ich brauche Hilfe.«
»Und wie würde die aussehen?«
»Das möchte ich mit ihm besprechen. Selbstverständlich in Ihrer Gegenwart.«
Eine Pause trat ein, während Clayburn auf den Boden starrte und die Argumente abwog. Neal ging zum Tisch und nahm sich ein Croissant, Joel goss sich mehr Kaffee ein, und Pratt, der offenbar einen Kater hatte, verleibte sich ein weiteres großes Glas Orangensaft ein.
Schließlich lehnte sich Clayburn zurück. »Ich nehme an, die Sache ist dringend.«
»Mehr als dringend. Falls Major Roland verfügbar ist, würde ich ihn gern sofort treffen, egal wo.«
»Ich bin mir sicher, dass er sich Zeit nimmt.«
»Das Telefon ist da drüben.«
Clayburn stand auf und ging zum Schreibtisch. Pratt räusperte sich. »Hört mal, Leute«, begann er, »zu diesem Zeitpunkt würde ich mich gern verabschieden. Ich will nichts mehr hören. Ich habe kein Interesse daran, als Zeuge oder Beschuldigter vor Gericht zu landen oder ein weiteres Opfer zu werden. Wenn ihr mich also bitte entschuldigen würdet, ich muss ins Büro.«
Er wartete die Antwort nicht ab, sondern verschwand blitzartig. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Einigermaßen verblüfft über diesen plötzlichen Abgang, starrten die anderen ihm ein paar Sekunden lang nach.
»Armer Carl«, meinte Clayburn. »Er hat schon immer Angst vor seinem eigenen Schatten gehabt.« Er griff zum Telefon und ging an die Arbeit.
Während des vierten Anrufs – es war der zweite im Pentagon – legte Clayburn die Hand über den Hörer und sagte zu Joel: »Sie wollen sich lieber im Pentagon treffen.«
Joel schüttelte den Kopf. »Nein. Ich gehe da nicht mit der Software rein, solange wir uns nicht auf einen Deal geeinigt haben. Ich kann sie ihnen später geben, aber mitnehmen werde ich sie nicht.«
Clayburn gab das weiter und lauschte dann für eine ganze Weile. Dann deckte er den Hörer erneut mit der Hand ab. »Auf welchen Trägern befindet sich die Software?«
»Auf vier Jaz-Disketten.«
»Sie verstehen doch, dass die das überprüfen müssen.«
»Okay, ich nehme zwei Disketten mit ins Pentagon. Da ist ungefähr die Hälfte drauf. Dann können sie sich die Sache kurz ansehen.«
Clayburn wiederholte Joels Bedingungen. Wieder lauschte er lange. »Zeigen Sie mir die Disketten?«, fragte er schließlich.
»Ja.«
Clayburn schaltete den Anruf stumm, während Joel nach seiner Aktentasche griff und den Umschlag herausnahm. Dann legte er die vier Jaz-Disketten auf das Bett, damit Neal und Clayburn sie sich ansehen konnten. Clayburn ging wieder ans Telefon. »Ich habe hier vier Disketten vor mir. Mr Backman versichert mir, dass sie die Software enthalten.« Er hörte ein paar Minuten zu und betätigte dann erneut die Stummschaltung.
»Sie wollen, dass wir sofort ins Pentagon kommen«, sagte er.
»In Ordnung.«
Clayburn hängte auf. »Da drüben herrscht ziemlicher Aufruhr. Ich glaube, die Leute sind sehr gespannt. Gehen wir?«
»Ich treffe Sie in fünf Minuten in der Lobby«, erwiderte Joel.
Als sich die Tür hinter Clayburn schloss, sammelte Joel eilig die Disketten ein und steckte zwei davon in seine Jackentasche. Die anderen beiden – Nummer drei und vier – verschwanden wieder in der Aktentasche, die er Neal übergab.
»Wenn wir weg sind, gehst du zur Rezeption und nimmst dir ein anderes Zimmer«, wies er ihn an. »Besteh darauf, dass du es sofort beziehen kannst. Dann rufst du hier an und hinterlässt mir eine Nachricht, damit ich weiß, wo du bist. Rühr dich nicht von der Stelle, bis du von mir hörst.«
»Okay, Dad. Ich hoffe, du weißt, was du tust.«
»Es ist nur ein Deal, mein Junge. Wie in den alten Tagen.«
Das Taxi setzte sie am Südeingang des Pentagons in der Nähe der U-Bahn-Haltestelle ab. Zwei uniformierte Offiziere aus Major Rolands Stab warteten mit Ausweisen und Anweisungen auf sie, um sie durch die Sicherheitskontrollen zu schleusen. Während sie für ihre Besucherausweise fotografiert wurden, nörgelte Clayburn ununterbrochen herum, weil im Vergleich zu früher alles so kompliziert geworden war.
Ob er nun Recht hatte oder nicht, er hatte sich auf jeden Fall überraschend schnell vom kritischen Skeptiker zum wichtigen Akteur gewandelt und arbeitete nun mit voller Kraft an der Umsetzung von Joels Plan. Während sie durch die breiten Gänge im ersten Stock liefen, sinnierte er darüber, wie einfach das Leben gewesen sei, als es nur zwei
Weitere Kostenlose Bücher