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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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lauschte.
    »Es ist nicht weit«, begann der Polizist wohltuend langsam und mit den typisch italienischen Gesten.
    »Gehen Sie diese Straße entlang, die Via Zamboni, und folgen Sie ihr, bis Sie die zwei Türme sehen. Biegen Sie in die Via Rizzoli ein, und nach drei Querstraßen sind Sie da.«
    Marco lauschte, so intensiv er konnte, und versuchte dann, die Sätze nachzusprechen. Geduldig wiederholte der Polizist, was er gesagt hatte. Marco bedankte sich, sprach die Sätze im Geiste noch einmal vor sich hin und ging zu Ermanno, um sie vor ihm aufzusagen.
    » Non male « , sagte sein Lehrer. Nicht schlecht. Aber jetzt ging der Spaß erst los. Während Marco seinen kleinen Triumph noch auskostete, suchte Ermanno bereits nach dem nächsten ahnungslosen Konversationstrainer. Er fand ihn in einem alten Mann, der am Stock an ihnen vorbeischlurfte, eine Zeitung unter dem Arm. »Fragen Sie ihn, wo er die Zeitung gekauft hat«, trug er seinem Schüler auf.
    Marco ließ sich Zeit und folgte dem Herrn ein paar Schritte, bis er glaubte, die richtige Formulierung gefunden zu haben. » Buongiorno, scusi. « Der Alte blieb stehen und starrte ihn an, sodass er einen Moment lang glaubte, er würde ihm den Stock über den Schädel ziehen. Er erwiderte den Gruß nicht.
    » Dove ha comprato questo giornale? «
    Der alte Mann blickte auf die Zeitung, als handelte es sich um Schmuggelware, und sah dann Marco an, als hätte er ihn beleidigt. Er ließ den Kopf zur Seite schnellen und brummte so etwas wie »Dort drüben« auf Italienisch. Damit war sein Beitrag zu diesem Gespräch beendet. Während er weiterschlurfte, schlenderte Ermanno zu Marco. »Das hilft uns nicht viel weiter, was?«, sagte er auf Englisch.
    »Kann man nicht sagen, nein.«
    Sie betraten ein kleines Café, wo sich Marco für einen Espresso entschied. Ermanno gab sich nicht mit den einfachen Dingen zufrieden; er wollte einen normalen Kaffee mit Zucker, aber ohne Milch, und ein Kirschtörtchen. Marco sollte bestellen. Dann legte er auf dem Tisch verschiedene Euro-Scheine aus, außerdem Fünfzig-Cent- und Ein-Euro-Münzen, um das Zählen und Rechnen zu üben. Schließlich wollte er noch einen Kaffee, diesmal allerdings ohne Zucker und mit etwas Milch. Marco nahm zwei Euro und kam mit dem Kaffee zurück. Dann zählte er das Wechselgeld auf den Tisch.
    Nach der kurzen Kaffeepause gingen sie zurück auf die Straße und ließen sich über die Via San Vitale treiben, einen der vielen Boulevards des Universitätsviertels, der von Arkaden gesäumt und voller Studenten war, die sich auf dem Weg in den Unterricht befanden. Die Straße barst vor Fahrrädern, dem bevorzugten Fortbewegungsmittel. Ermanno hatte, wie er sagte, drei Jahre in Bologna studiert – wobei Marco wenig von dem glaubte, was ihm sein Lehrer und sein Kontaktmann erzählten.
    »Das ist die Piazza Verdi.« Ermanno nickte in Richtung eines kleinen Platzes, auf dem gerade eine Protestaktion im Gange war. Ein langhaariges Relikt aus den Siebzigern war dabei, ein Mikrofon einzurichten, zweifellos um gleich lautstark irgendwelche Missetaten der Amerikaner irgendwo in der Welt anzuprangern. Seine Mitstreiter versuchten, ein riesiges, schlampig bemaltes Transparent aufzuspannen, dessen Slogan nicht einmal Ermanno verstand. Aber sie waren zu früh dran. Die Studenten schliefen noch halb und wollten vor allem pünktlich zu ihrem Unterricht erscheinen.
    »Was haben die für ein Problem?«, wollte Marco im Vorbeigehen wissen.
    »Ich weiß nicht genau. Es hat irgendwas mit der Weltbank zu tun. Hier wird immer demonstriert.«
    Sie gingen weiter und ließen sich mit dem Strom der Studenten Richtung Zentrum treiben.
    In einem Restaurant nahe der Universität namens Testerino trafen sie Luigi. Da der amerikanische Steuerzahler für seine Rechnung aufkam, bestellte Luigi, ohne auf den Preis zu achten. Ermanno, dem chronisch blanken Studenten, schien eine solche Verschwendung nicht recht zu behagen, aber als Italiener fand er die Aussicht auf ein ausgedehntes Mittagessen zu verlockend. Das Mahl dauerte schließlich zwei Stunden, in denen kein Wort Englisch fiel. Das Italienisch war langsam und teils stockend, und doch gab niemand der Versuchung nach, ins Englische zu wechseln. Marco konnte das Essen kaum genießen, so sehr war er damit beschäftigt, zu lauschen, zu verstehen, nach Worten zu suchen und im Geiste Antworten zu formulieren auf die Fragen und Bemerkungen, die an ihn gerichtet wurden. Oft erkannte er in einem Satz gerade

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