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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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meerumrauschten Klippen, wurde Björn Svensson begraben. Er hatte es im Testament so angeordnet, und peinlich genau erfüllten es die Verwandten.
    Aber nur bis zu diesem Punkt respektierten sie die letzten Bitten des Toten. Elmar Svensson, der Bruder, der die Reederei übernahm und neuer Chef der Familie wurde, sperrte sofort die Konten Björns.
    Kaum war Jens Hansen wieder zu Hause, erreichte ihn die schriftliche Aufkündigung: »Da mein Bruder auf Grund seiner schweren Erkrankung vor zwei Jahren nicht voll geschäftsfähig war und zuletzt seine Handlungen nicht mehr überblickte, bedauern wir, alle Zahlungen, die mein Bruder Ihnen noch zugesagt hat, einstellen zu müssen. Ein fachärztliches Zeugnis über die Geschäftsfunfähigkeit steht Ihnen bei Anforderung zur Verfügung …«
    Hansen hatte es befürchtet. Daß die Sperre des Kontos so prompt erfolgte, traf ihn allerdings unvorbereitet. Wie benommen legte er den Brief in seinen Schreibtisch. Um keinen Preis durfte Karin etwas davon erfahren …
    Karin erholte sich von ihrem Herzanfall und nervlichen Zusammenbruch nur langsam. Sie lag noch immer apathisch im Bett, als vier Wochen nach dem plötzlichen Tode Björn Svenssons das niederschmetternde Telefongespräch Hansens mit Björns Bruder in Kopenhagen stattfand.
    Wieder und wieder hatte Hansen versucht, Elmar Svensson, der alle Konten und Überweisungs-Aufträge Björns gesperrt hatte, schriftlich oder telefonisch zu erreichen. Die Briefe kamen mit dem Vermerk ›Annahme verweigert‹ zurück, und bei Anrufen befand sich Herr Svensson stets in Konferenzen, die keine Unterbrechung duldeten. Es kann doch nicht sein, daß er den Klinikbau abwürgt, das Denkmal seines großherzigen Bruders zerstört, ehe es fertig ist, hatte Hansen Tag und Nacht gegrübelt und sich überwunden und immer noch einmal Kopenhagen angemeldet …
    An diesem Tage meldete sich Elmar Svensson persönlich. Hansen erschrak. Ihm war plötzlich alles entfallen, was er sich zurechtgelegt hatte. Und als es ihm wieder gegenwärtig war, da war es zu spät. Elmar Svensson war bereits dabei, die Feindseligkeiten zu eröffnen.
    »Herr Hansen oder Dr. Hansen«, sagte er, »was erdreisten Sie sich eigentlich, mich dauernd zu belästigen? Sie haben meinen Bruder schamlos ausgenommen, Sie haben ihn endlich auch ins Grab gebracht. Das müßte Ihnen doch eigentlich genügen …«
    Hansen schoß die Röte ins Gesicht. »Ich muß doch sehr bitten, Herr Svensson, ich …«
    »Bei mir gibt es ganz und gar nichts zu bitten …«
    »Sie können aber die restlichen Zuwendungen, die Ihr Bruder der Klinik zugedacht hat, unmöglich einfach sperren!«
    »Jawohl, genau das ist es, was ich kann und auch bereits getan habe. Ich habe dafür gesorgt, daß Sie sich unter Ausnutzung der Unzurechnungsfähigkeit eines Kranken wenigstens keine komplette Klinik erschleichen.«
    »Ihr Bruder war in seinen letzten Jahren körperlich und geistig gesünder als je, Herr Svensson. Sie wissen es. Alle, die ihn kannten, wissen es!«
    »Da sieht man, was für ein famoser Arzt Sie sind. Wer, wie mein Bruder, Millionen in ein totgeborenes Unternehmen steckt, der ist nicht mehr zurechnungsfähig, der ist schwerkrank. Muß ich als Laie Ihnen das erst sagen …?«
    »Herr Svensson …«
    »Ich wünsche nicht, unterbrochen zu werden, das bin ich nicht gewöhnt. Ich fasse zusammen: Das Klinikkonto bleibt gesperrt. Schritte wegen der bereits geleisteten Zahlungen behalte ich mir vor. Daß ich Sie nicht für das jähe Ableben meines Bruders wegen jahrelanger unsachgemäßer Behandlung Ihrerseits verantwortlich und haftbar mache, verdanken Sie …«
    Dr. Hansen entfiel der Hörer. Vor seinen Augen sah er Funken. Von fern sprach noch die Stimme aus Kopenhagen. Es erleichterte ihn unsäglich, daß er den Sinn der Worte nicht mehr verstand. Dann verstummte sie …
    Hansen wagte noch nicht, den Hörer anzufassen und auf die Gabel zurückzulegen. Er stützte den Kopf in die Hände und brütete vor sich hin. Was sollte werden, wovon sollte er die Lieferfirmen, die Handwerker bezahlen? Er selbst hatte schon längst keinen überflüssigen Pfennig mehr. Weder er noch Karin, die er bisher mit diesen Sorgen hatte verschonen können.
    Vor ihm lagen die Pläne für die Klinik, die Kostenvoranschläge, Abrechnungen und ein Stapel unbezahlter Rechnungen. Er konnte es drehen und wenden wie er wollte: Bis die Klinik bezugsfähig war, mußte er noch mindestens fündundzwanzigtausend Mark hineinstecken. Natürlich,

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