Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
Vorlauf. Schließlich stoppte er das Band genau an der Stelle, die ihm aufgefallen war.
    Während die Frau den Raum durchquerte, erschien kurz ein Fenster im Bild. Durch die nur halb geschlossenen Fenster konnte man ins Freie blicken. Obwohl es sich bei der Szene um maximal zehn Einzelbilder – also nicht einmal eine halbe Sekunde Filmzeit – handelte, war draußen vor dem Fenster etwas leuchtend Gelbes zu erkennen. Caffery beugte sich auf seinem Stuhl nach vorne, starrte aufmerksam auf den Bildschirm und ließ das Video auf dem technisch bereits veralteten Gerät immer wieder Bild für Bild ablaufen und die Brünette so lange zappeln, bis er den gelben Flecken identifiziert hatte. Dann drückte er auf Pause, riss das oberste Blatt von dem Notizblock ab und schnappte sich einen Stift. Sein Puls raste. Endlich konnte er genau erkennen, was es mit dem gelben Flecken auf sich hatte. Draußen vor dem Fenster stand ein Auto. Auf zwei Einzelbildern war sogar das Kennzeichen – wenn auch nur von der Seite – zu erkennen. Er notierte sich die Nummer und ging dann nach nebenan.
    Der Zentralcomputer spuckte innerhalb von Sekunden den Namen des Fahrzeughalters aus. Bereits um 6 Uhr 05 wusste Caffery, wem das Auto gehörte. Dann rief er aus der neuen Datenbank Phoenix sämtliche Informationen ab, die die Polizei über den Besitzer des Wagens gespeichert hatte. Allmählich fügten sich die Details zu einem Gesamtbild. Er rollte mit dem Stuhl zu Kryotos’ Schreibtisch hinüber. In der Ablage befanden sich noch die »Kurzberichte« seiner Kollegen, die Kryotos später für den Computer auswerten musste. Er wollte unbedingt wissen, ob die Pädophilie-Abteilung gestern einen Kollegen beauftragt hatte, sich mit einem gewissen Carl Lamb aus Thetford in Norfolk näher zu befassen.

19. KAPITEL
     
    (24. Juli)
    Vorne in der Diele war alles ruhig – bis auf das Ticken der Alarmanlage neben der Treppe. Weder ein Luftzug noch ein knarrendes Brett. Um 6 Uhr 30 morgens knackte der Mechanismus einmal kurz, und das Licht im Treppenhaus erlosch. Auf dem Läufer, der die Treppe hinaufführte, hatte jemand lehmige Fußspuren hinterlassen, und die Wände waren mit eigenartigen roten Buchstaben besprüht. Von der Diele aus waren allerdings nur die Buchstaben GÉFÁ- zu erkennen. Die Lettern R hingegen konnte man erst lesen, wenn man bereits oberhalb der Biegung auf der Treppe stand. Sie waren auf die Tür des Gästezimmers gesprüht: GÈfÀR. Daneben das Symbol der Frauen: ein Kreuz und ein Kreis.
     
    Noch bevor die Kollegen zum Dienst erschienen, verließ Caffery das Büro und nahm Pendereckis Videos mit nach Hause. Der schwarze Käfer mit der knallgelben Innenausstattung stand nicht vor dem Haus. Er schaute in sämtliche Zimmer und war fast ein wenig enttäuscht, dass Rebecca nicht mit einem Zigarillo zwischen den Zähnen in seinem Bett hockte. Sie hatte das Bett am Vortag frisch bezogen, die schmutzige Wäsche gewaschen und im Trockner liegen lassen. Ansonsten hatte sie kaum eine Spur hinterlassen. »Du hast es ja nicht anders gewollt«, murmelte er, »und jetzt musst du dich eben damit abfinden.«
    Er packte die Videos in zwei Plastiktüten, umwickelte sie mit Klebeband, verstaute sie ganz hinten in dem Kämmerchen unter der Treppe und sperrte den kleinen Raum ab. Dann duschte er und legte sich zum Schlafen auf das Sofa, weil es im Schlafzimmer nach Rebecca roch. Während der nächsten zwei Stunden versank er in einen tiefen unruhigen Schlaf. Bereits kurz vor 10 Uhr trank er einen Kaffee und stieg dann in den Wagen. Es war heiß. Er trug ein kurzärmeliges Hemd und hatte die Sonnenbrille aufgesetzt, und so fuhr er bei offenem Fenster los. Er wusste genau, dass er in seinem Aufzug auch als Sicherheitsmann eines US-Südstaaten-Gouverneurs – vielleicht sogar Texas – durchgegangen wäre.
    Carl Lamb war noch nicht mal einen Monat tot. Sein Vorstrafenregister gab Anlass zu der Vermutung, dass die Welt durch sein Hinscheiden vielleicht ein wenig sicherer geworden war. Allerdings hatte die Polizei nie herausgefunden, dass der Mann pervers gewesen war. Auch über seine Verbindung mit Penderecki war offiziell nichts bekannt. Seine Vorstrafen hatte er sich lediglich wegen Einbruchs, Körperverletzung, Autodiebstahls, Kreditkartenbetrugs und ähnlicher Delikte eingehandelt. Doch als Caffery nachgeprüft hatte, wann der Mann wo eingesessen hatte, stellte er fest, dass Lamb gleichzeitig mit Penderecki in Belmarsh gewesen war. So entstand

Weitere Kostenlose Bücher