Die Behandlung: Roman (German Edition)
Körperflüssigkeiten nachweisen ließen – Speichel, Blut oder Samenflüssigkeit -, die ausreichen würden, um ein vollständiges genetisches Profil zu erstellen.
Inzwischen hatte sie ihren Schutzanzug übergestreift, der sie vor den für ihre Arbeit unverzichtbaren UV-Strahlen schützte. Und natürlich hatte sie ihr wichtigstes Arbeitsmittel mitgebracht: ein auf einen Teleskopstab montiertes Gerät, mit dem sich langwellige UV-Strahlen erzeugen ließen und das mit einer Kamera kombiniert war.
Caffery konnte sich noch gut daran erinnern, dass früher vier Männer nötig gewesen waren, um ein solches UV-Gerät zu tragen. Inzwischen waren diese Apparate in einem winzigen schwarzen Kasten untergebracht. Nur an den strikten Sicherheitsvorschriften hatte sich nichts geändert. Deshalb hatten sich die übrigen Mitarbeiter der Spurensicherung gemeinsam mit Caffery in eines der Schlafzimmer zurückgezogen und hockten dort vor dem Monitor, während über ihnen die Deckenbalken knarrten, als Quinn den Speicher inspizierte. Plötzlich erschien auf dem Monitor ein blauer Kreis, das Suchlicht, mit dessen Hilfe Quinn auf dem Dachboden die Oberflächen abtastete, bis sie schließlich auf etwas Organisches stieß und ein weißes Flirren auf dem Bildschirm erschien. Quinn wusste, dass sie an der betreffenden Stelle eine Probe nehmen musste.
»Sehen Sie das?« Caffery zeigte auf den Bildschirm. »Durch dieses Loch im Boden hat er Rory beobachtet.«
»Was, zum Teufel, ist hier eigentlich los?«, fragte Souness leise. Man hatte sie auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Victoria telefonisch informiert, und sie trug noch ihren schwarzen Seidenanzug samt Fliege. Natürlich war sie nicht besonders begeistert über den Anruf gewesen, aber sonst deutete absolut nichts darauf hin, dass sie etwas über den Vorfall mit Paulina und Lamb wusste – nicht die geringste Irritation in ihrer Stimme. Sie hatte sich sofort auf den Weg gemacht und unterwegs in Brixton noch schnell den Beamten abgeholt, der beim ersten Einsatz den Speicher durchsucht hatte. Der Mann hieß Palser und saß sichtlich verlegen in der Ecke. Souness wandte ihm den Rücken zu und ließ den Mann ein bisschen schmoren.
»Und was hat Ihnen dieser Ndizeye erzählt?«, fragte sie Caffery, nahm ihre Fliege ab und öffnete den Kragen ihres Smokinghemds. »Und Champ – hat der Ihnen was Neues sagen können?«
»Die Abdrücke stimmen nicht mit Peachs Gebiss überein. Außerdem hat Champ Peach auf dem Foto nicht wieder erkannt. Er sagt, dass Peach ganz sicher nicht der Mann ist, der ihn damals missbraucht hat.«
»Und was ist dann mit dem DNS-Test? Stimmt mit der Analyse vielleicht irgendwas nicht?«
»Quinny sagt, dass sie die Tests noch mal wiederholen lässt, aber …«
»Aber was?«
»Ich weiß nicht.« Er kaute auf seinem schwarzen Fingernagel herum. »Ich weiß nicht so recht.«
Als Fiona Quinn fertig war, traten Caffery und Souness wieder auf den Treppenabsatz hinaus und warteten, bis sie durch die Luke nach unten stieg.
»Da oben gibt es jede Menge Beweismaterial – wirklich jede Menge.« Sie nahm die Schutzbrille ab und sah die beiden blinzelnd an. »Daraus erstelle ich Ihnen ein erstklassiges genetisches Profil, Jack, versprochen.«
»Schaffen Sie das innerhalb von zwölf Stunden?«
»Wieso denn so eilig?« Sie öffnete den Reißverschluss ihres Schutzanzugs und streifte ihn ab. »Offenbar verschweigen Sie mir etwas. Sieht ganz so aus, als ob Sie auf etwas völlig Neues gestoßen wären.«
»Kann man so sagen – ja.« Er fuhr sich mit der Hand über das Kinn, spürte die Bartstoppeln. »Wenn ich Ihnen sage, was wir vermuten, würden Sie wahrscheinlich an meinem Verstand zweifeln.«
»Und – sollen wir die DNS-Tests nun wiederholen?«
»Ja bitte.«
»Wird gemacht.« Sie sah Palser aufmunternd an. »So was kann jedem passieren.«
»Ja«, murmelte er, ohne sie anzusehen.
»Also gut. Der Speicher steht jetzt zu Ihrer Verfügung.«
Palser schwieg betreten, als die drei die Leiter hinaufkletterten. Erst als er anfing, ihnen zu erklären, wie er damals bei der Durchsuchung vorgegangen war, erwachte er allmählich aus seiner Erstarrung. »Hat doch niemand was davon gesagt, dass ich hier oben nach Lebensmitteln Ausschau halten soll«, verteidigte er sich. »Ich hab schließlich nach einem Kind gesucht. Von Lebensmitteln war doch überhaupt nicht die Rede.«
»Aber alles, was wir jetzt hier sehen, war schon da, als Sie hier oben waren?«
»Na ja, also –
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