Die Behandlung: Roman (German Edition)
Ein beißender Geruch stieg Caffery in die Nase. Es musste hier oben irgendwas geben, was den Kollegen, die sich auf dem Speicher umgesehen hatten, entgangen war. Er drehte sich langsam um die eigene Achse, achtete auf jedes Detail – und dann sah er plötzlich, wonach er suchte.
Am anderen Ende des Speichers direkt über Rorys Schlafzimmer befand sich ein eigenartig geformter, kleiner Haufen, der sich kaum von dem braunen Holz des Fußbodens abhob. Über dem Gebilde schwirrten zahlreiche Fliegen.
Er ging vorsichtig darauf zu und hielt schützend die Hand vor den Mund. Ziemlich unheimlich hier oben – was? Einen halben Meter vor dem Haufen blieb er stehen und verscheuchte die Fliegen. Vor sich sah er eine Ansammlung von Speiseresten: halb gegessene Hamburger, ein paar McDonald’s-Becher, zusammengeknüllte Servietten. Daneben ein Haufen Kot, der oben mit einem Stück Papier abgedeckt war. Und in der Mitte ein rundes Loch, das jemand in die Isolierung geschnitten hatte. Durch das Loch drang von unten her ein dünner Lichtstrahl herauf. Als er sich über die Öffnung beugte, stellte er fest, dass er durch ein kleines Loch direkt auf Rorys South-Park -Federbett starrte.
Jemand hatte sich hier oben häuslich eingerichtet – es sich gemütlich gemacht, seine Zeit hier verbracht, sogar in aller Ruhe geschissen und Rory beobachtet und wahrscheinlich außerdem masturbiert. Du mieses Schwein . Caffery richtete sich auf und blickte sich um. Ungefähr zwei Meter entfernt lehnte ein Stück Hartfaserplatte an der Stirnwand des Hauses, an die unmittelbar das Nachbarhaus angrenzte. Die Platte ließ sich mit einem Handgriff entfernen, und Caffery stellte sie einfach ein Stück weiter seitlich an die Wand. Er stützte sich mit der Hand gegen die nackte Wand und bückte sich, um nachzusehen, was sich hinter der Platte verbergen mochte.
Verdammte Scheiße – so ein gottverdammtes Schwein.
Neun oder zehn Steine waren aus der Wand herausgebrochen. Caffery stellte sich mit den Füßen auf zwei Deckenbalken, rollte die Ärmel hoch und schob dann ganz vorsichtig – als ob er Angst hätte, sich zu schneiden – die Hand in das Loch. Dann betastete er in der Dunkelheit des angrenzenden Speichers die andere Seite der Wand. Anschließend richtete er sich wieder auf, zog die Taschenlampe aus dem Hosenbund, bückte sich abermals und richtete den Strahl auf das Loch. Auf der anderen Seite war ein fast identischer Dachboden, allerdings völlig ungenutzt. Im Fußboden waren schemenhaft die Umrisse der von unten beleuchteten Klappe zu erkennen. In der Wohnung darunter lief ein Fernseher. Er richtete die Taschenlampe auf die gegenüberliegende Wand und entdeckte dort, was er erwartet hatte: wieder eine Hartfaserplatte, die am Mauerwerk lehnte.
Jemand hatte sich über die Dachböden der Häuser seinen Weg zu Rory Peach gebahnt.
Caffery knipste die Taschenlampe aus, stieg durch die Luke nach unten, ging ins Freie und trat dann – die Hände in den Taschen – auf die Straße hinaus und inspizierte die Dächer. Die Dachstühle der angrenzenden Reihenhäuser waren so niedrig, dass sie für einen Ausbau nicht geeignet waren. Wenn es also jemand darauf anlegte und sich mit der Bauweise der Häuser auskannte, dann war es tatsächlich relativ einfach, sich vom Anfang bis zum Ende der Häuserzeile über die Dachböden einen Weg zu bahnen. Allerdings musste sich der Betreffende zunächst Zugang zu einem der Häuser verschaffen …
Plötzlich schrak er zusammen.
Zwei Häuser von den Peachs entfernt befand sich ein eingerüsteter Rohbau, den er zusammen mit einem uniformierten Beamten bereits am ersten Tag durchsucht hatte. Scheiße – ja, genau. Er zog das Handy aus der Tasche und tippte Fiona Quinns Nummer ein.
28. KAPITEL
Eine Hyäne hinterlässt eine Fährte, das hatte Detective Sergeant Quinn schon immer gewusst, nicht gewusst allerdings hatte sie, wo sie im Haus Nummer dreißig nach einer solchen Spur Ausschau halten sollte. Ein altes Problem der Spurensicherung: Ohne brauchbare Zeugenaussagen tappten die Beamten im Dunkeln – schließlich konnten sie nicht ein ganzes Haus einstäuben. Sie brauchten vielmehr eine ungefähre Vorstellung davon, worauf sie ihr Augenmerk zu richten hatten. Durch seine Entdeckung hatte Caffery den Kollegen jetzt allerdings tatsächlich völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Quinn wusste, dass sich aus dem Kot Mitochondrien-DNS gewinnen ließ. Ferner vermutete sie, dass sich auf dem Dachboden noch weitere
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