Die Behandlung: Roman (German Edition)
»Schön«, sagte sie dann und schob lächelnd die Hand unter sein Hemd. »Und wie wär’s damit? Bist du scharf?«
Er seufzte und stellte sein Glas auf den Boden. »Klar doch.«
Sie kicherte. »Blöde Frage. Bist du ja immer.«
»Und ich hab gedacht, dass ich ständig schräg drauf bin.«
»Nein, du bist ständig geil – richtig. Schräg drauf bist du nur, wenn du gerade keinen Ständer hast.«
»Los, komm schon.« Er zog sie rittlings auf seinen Schoß und ließ seine Hände unter ihr T-Shirt gleiten. »Hast du die neue Ausgabe von Time Out schon gesehen?«
»Ja, kenn ich.« Sie fing an, sein Hemd aufzuknöpfen und schloss die Augen, als er ihre Brustwarzen berührte und mit den Fingern stimulierte. »Da kannst du mal wieder sehen, wie toll ich bin«, murmelte sie verträumt und bog den Kopf zurück. »O Gott, ist das gut. Und – hast du den Artikel gelesen?«
»Ja. Ich bin stolz auf dich.«
Das war schlicht gelogen. Er rückte auf dem Sofa in eine etwas bequemere Position und ließ die Hände über ihre geschmeidige Haut gleiten, betastete ihre festen Bauchmuskeln, ihre wohlgeformten Hüften. Rebecca hatte ihm mal erzählt, dass ihr künstlerischer Durchbruch ihren Körper irgendwie verändert habe, dass ihre Haut seither weicher, ihre Taille noch schlanker geworden sei, dass sich seither an ihren Füßen keine Hornhaut mehr bilde und dass sogar ihr Gang ruhiger und sinnlicher geworden sei. Doch in Cafferys Wahrnehmung war das genaue Gegenteil der Fall: Sie war härter und unruhiger geworden. Und er wusste nur zu gut, dass das mit den widerlichen Gemeinheiten zusammenhing, die dieser Bliss ihr angetan hatte.
Auch in den Kunstwerken, den plastischen Arbeiten, die sie seither geschaffen hatte, wurde dieser Bruch sichtbar. Vor jener Gewalterfahrung hatte Rebecca eine völlig andere Art von Kunst geschaffen. Jetzt waren aus ihren Arbeiten die Farben verschwunden, und die Konturen bildeten das dominierende Element. Irgendetwas war mit ihr passiert, trotzdem galt ihr Begehren weiterhin Jack. Und so lag er jetzt neben ihr, noch immer ebenso hoffnungs- wie hilflos ihren Reizen verfallen, noch immer in sie verliebt, obwohl sie sich so sehr verändert hatte – ja, sie war wie ein süßer Schmerz in seinem Herzen, und nicht nur dort. Schon der Rauch der Zigarillos, die sie in dem Aschenbecher verglimmen ließ, reichte aus, um ihn sexuell zu erregen.
Er öffnete die Augen und blickte in ihr ruhiges, wie von ferne lächelndes Gesicht mit den geschlossenen Augen. Ich sollte die Vorhänge schließen , dachte er versonnen und blickte zur Terrassentür hinüber, hinter der eine Grimasse der Geilheit lauerte …
»Scheiße!« Er zog Rebeccas T-Shirt herunter.
»Was ist denn?«
»Rutsch zur Seite. Los, mach schon.«
Sie rutschte beiseite, und er sprang auf und riss die Terrassentür auf. Penderecki hatte bereits den hinteren Teil des Gartens und fast den Zaun erreicht. Wie von Sinnen stürmte Caffery los, doch Penderecki hatte vorgesorgt und eine grüne Plastikkiste für Milchflaschen mitgebracht, die er als Stufe benutzte, um sich über den Zaun zu schwingen und in dem Gestrüpp seitlich des Bahndamms zu verschwinden. Als Caffery die Kiste erreichte, hörte er nur noch von weitem das Keuchen des Mannes, das sich rasch entfernte. Er stand barfuß und mit offenem Hemd an dem Zaun, hob die Kiste auf und warf sie Penderecki hinterher.
»Wenn du dich hier noch einmal blicken lässt, bring ich dich um.« Er stand halb nackt in dem Garten, den seine Mutter angelegt hatte, und sah, wie der alte Mann weiter hinten im Unterholz verschwand. »Und vergiss das nicht – Penderecki.« Er legte die Hände auf den Maschendraht, atmete ein paar Mal tief ein und bemühte sich, der unbändigen Wut in sich Herr zu werden. »Vergiss das nicht!«
Ist doch nur wieder eine seiner Dreckstouren. Am besten, du ignorierst das alte Schwein …
Er ließ den Kopf sinken. Diesen Penderecki zu ignorieren, das war für ihn bereits seit vielen Jahren die mit Abstand härteste Herausforderung. Manchmal genügte allein das Bewusstsein, dass der Kerl auf der anderen Seite der Schienen wohnte, und er fühlte sich, wie wenn an einem stillen Nachmittag im Haus eines Nachbarn endlos das Telefon klingelt. Und wenn dann diese Wut in ihm aufstieg, rief er sich selbst zur Ordnung: Mein Gott, lass es doch klingeln – ist ja nicht für dich. Penderecki wusste nur zu gut, wie er Caffery am besten provozieren konnte. Deshalb hielt er jede Woche eine andere
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