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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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wenn du nicht allmählich zur Vernunft kommst – und dir Ewan aus dem Kopf schlägst. Und das weißt du selbst ganz genau . Wenn du dich nicht allmählich wieder in den Griff bekommst, dann passiert wieder exakt das Gleiche wie beim letzten Mal.«
    Er sah sie an. »Was soll das heißen – beim letzten Mal?«
    »Ah – jetzt hörst du plötzlich zu.«
    »Wovon sprichst du überhaupt?«
    » Er weiß genau, wovon ich spreche.« Sie sah lächelnd in die Dunkelheit hinauf. »Der da oben weiß ganz genau, wen ich meine.«
    »Becky …«
    »Hör mir mal genau zu: Du wirst es wieder tun. Du bist ja bereits auf dem besten Weg …« Sie legte ihm einen Finger auf die Brust. »Dieser Hass, den du in dir trägst, wird immer mehr zunehmen. Und wenn du nicht endlich die Kraft aufbringst, von hier wegzuziehen und diesen elenden alten Perversen dort drüben aus deinem Leben zu verbannen, wenn du dich jetzt wieder in einen Fall verrennst, der sämtliche Sicherungen in dir durchknallen lässt, dann wirst du es wieder tun – einfach so: Peng!«
    »Hör endlich auf!« Er schob ihre Hand beiseite. »Was redest du denn da für eine Scheiße ?«
    »Ich weiß ganz genau, wovon ich rede, Jack. Ja, ich sehe es in deinen Augen. Ich weiß, was damals in dem Wald passiert ist.«
    Er starrte sie schweigend an, traute sich nicht, sie zu fragen, was sie wusste, hatte Angst, dass sie sagen würde: Ich weiß, dass du Bliss umgebracht hast. Ich weiß, es war kein Unfall, auch wenn das vielleicht alle anderen glauben. Er saß lange einfach schweigend da.
    Rebecca neigte den Kopf zur Seite. »Warum willst du denn nicht darüber sprechen, Jack?«
    »Nein, Rebecca«, sagte er. Seine Hände zitterten. »Die entscheidende Frage ist doch, warum du nicht darüber sprechen willst.«
    »O nein.« Sie hob die Hand. »Jetzt sprechen wir über dich .«
    »Nein, nein. Wenn wir schon mal dabei sind, dann sprechen wir über alles , was passiert ist. So sind nun einmal die Regeln.« Er machte Anstalten, nach unten zu klettern.
    »Wo willst du hin?«
    »Ins Haus. Vielleicht noch ein bisschen laufen – nur weg von dir.«
    »Hey«, rief sie ihm hinterher, als er im Mondlicht über den Rasen ging, »eines Tages wirst du kapieren, dass ich Recht gehabt habe.«

6. KAPITEL
     
    (19. Juli)
    Am Morgen steckte am Gartentor ein vom Tau benetztes Schreiben. Penderecki hatte die Zeit genutzt und diesmal ein noch längeres Schreiben als üblich aufgesetzt, und Caffery, der das Papier normalerweise einfach zerknüllt und in den Mülleimer geworfen hätte, stand mit der Aktentasche in der Hand auf der Straße und las.
     
    Hallo Jack,
     
    Caffery fühlte sich an die wirren Ausführungen des Yorkshire Rippers erinnert. Er erschauderte. Da stand er nun an einem strahlenden Sommermorgen nur ein paar Meter von seinem eigenen Haus entfernt: Jogger liefen an ihm vorbei, der Briefträger kam gerade den Weg entlang, und am Ende der Straße sah er bereits den Milchwagen. Trotzdem jagten ihm Pendereckis Wahnideen kalte Schauder über den Rücken.
    Und jetzt kenne ich wahrhaftig DEINEN Namen. Alles hat seine Zeit, jedes Ding unter dem Himmel hat seine Zeit. Der HERR wird mich rufen und nicht DU – und zwar, wenn es SEIN Wille ist. Und der HERR allein wird mir Gnade gewähren und die Seele SEINES Dieners zu sich rufen und inmitten seiner HEILIGEN Engel für makellos befinden. Die Schafe stehen zur Rechten GOTTES und die Böcke zur Linken, Jack. Die Schafe werden in das Himmelreich eingehen und die Böcke zur Hölle fahren. Und in deiner Unwissenheit blickst du in meine Augen und siehst dort einen Bock. Nicht wahr? Du glaubst, dass ich ein Bock bin. Aber GOTT sagt, dass es den Böcken bestimmt ist, den ANDEREN (den GUTEN und REINEN) in die Augen zu schauen und sich selbst darin zu erblicken. DENKE darüber nach, JACK.
    Caffery stieg in den Jaguar und atmete den schweren Duft des Leders ein, das sich schon um diese frühe Morgenstunde aufgeheizt hatte. Dass es den Böcken bestimmt ist? Du bist doch nicht mehr Herr deiner selbst. Rebecca hatte ihn am Vorabend mit ihrer Prognose zutiefst erschüttert. Er überlegte, ob man es inzwischen schon an seinem Gesicht ablesen konnte. Ob das Wort »Killer« bereits in seinen Augen brannte. War er so leicht zu durchschauen? Er rieb sich die Schläfen und ließ den Wagen an, dann richtete er den Spiegel und legte den Gang ein.
     
    In Brixton zog sich der Tag endlos hin. Spätnachmittags schließlich stand er vor dem Lido am Rande des Brockwell Parks,

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