Die Behandlung: Roman (German Edition)
Schraubenzieher einen Stein aus dem Profil ihres Cowboystiefels zu entfernen. Neben ihr auf dem Schreibtisch lagen mehrere mit Rastern überzogene und nach Zonen eingeteilte Karten, auf denen die von den Suchtrupps bisher durchkämmten Areale verzeichnet waren. Ihr Sonnenbrand hatte über Nacht eine bräunliche Färbung angenommen, die ihre normalerweise unauffälligen Augen sternenblau erscheinen ließ. »Der Mann ist zwar gesundheitlich über den Berg – aber sein Zustand ist ihm offenbar egal, der ist nur daran interessiert, sich möglichst schnell eine Superking zwischen die Zähne zu schieben. Der Stationsarzt ist stinksauer.«
»Und wo ist er jetzt?«
»Bei den Nersessians.«
Der Beamte, den Souness zu den Nersessians geschickt hatte, rief an und erstattete Bericht über Alek Peachs Befinden: »Der Mann hat den Weg vom Krankenhaus bis Guernsey Grove nur geflennt.« Er hatte Mrs. Nersessian – die ihm mit weit geöffneten Armen und einem tragischen Ausdruck auf dem Gesicht entgegengeeilt war – bei der Ankunft vor ihrem Haus einfach ignoriert und war direkt nach oben in das Zimmer gegangen, in dem Carmel Peach noch immer auf dem Bett lag. Dann hatte er sich einfach neben sie gelegt und die Arme um sie geschlungen. So hatten sie wohl eine Stunde wortlos dagelegen und geraucht, als ob der blaue Dunst der eigentliche Kitt ihrer Ehe wäre. Und übrigens, hatte der Beamte gefragt, der inzwischen bereits ein Pfund Baklava und vier Tässchen Mokka verdrückt hatte, was schuldete Mrs. Nersessian den Peaches eigentlich? Wenn es ihr nur darauf ankommt, möglichst viele Leute mit ihren in Weinblätter gewickelten mazzas abzufüllen, wieso muss sie dann diese Leute auch noch tagelang beherbergen?
Caffery hörte Souness schweigend zu. Er hatte nachts kein Auge zugetan. Rebecca hatte mit geschlossenen Augen neben ihm gelegen, doch er hatte genau gespürt, dass sie genauso wenig schlief wie er selbst. Er wusste, dass sie ein gespenstisches Bild von sich selbst vor Augen hatte – ihren eigenen, völlig verdrehten Körper, der von der Decke herabbaumelte. Ja, er hatte in ihr sämtliche frisch vernarbten Wunden wieder aufgerissen, über die sie nicht sprechen wollte – tatsächlich hätte er ihr genauso gut einen Schlag ins Gesicht verpassen können. Jetzt rieb er sich die Augen. »Danni.«
»Hm, ja.«
»Ich geh noch mal mit der Hundestaffel in den Park – nicht lange.«
»Was?« Sie sah ihn an. »Was soll das heißen? Wir sind doch fertig dort?«
»Ich meine mit den Leichen-Spürhunden. Wir finden den Jungen doch ohnehin nicht mehr lebendig.« Er kratzte sich im Nacken »Ich meine, dazu ist es inzwischen definitiv zu spät.«
»Das möchte ich nicht gehört haben, Jack. Ich möchte nicht, dass Sie so etwas sagen.«
»Trotzdem möchte ich mit den Hunden noch mal in den Park.«
Sie sah ihn lange an. »Hm. Also Jack – wenn man Ihnen den kleinen Finger gibt …« Dann machte sie sich kopfschüttelnd wieder an dem Stein in ihrer Sohle zu schaffen. Als sie endlich fertig war, warf sie das Steinchen in den Papierkorb und putzte sich die Hände ab. »Na gut, dann tun Sie, was Sie nicht lassen können. Aber erzählen Sie um Gottes willen keinem von diesen Schreibknechten, was Sie mit den Hunden dort tun. Ich möchte nämlich nicht, dass die Zeitungen darüber berichten.«
Nebenan hatte sich Marilyn Kryotos inzwischen ihrer Schuhe entledigt, wie sie es immer tat, bevor die Beamten zur Arbeit erschienen. Sie führte gerade ein Telefonat, und Caffery blieb einen Augenblick auf der anderen Seite ihres Schreibtischs stehen und beobachtete sie. Sie sah ihn zwinkernd an, und er malte ein Fragezeichen in die Luft. Als sie das Gespräch beendet hatte, richtete sie sich in ihrem Stuhl auf und drückte sich die Hände ins Kreuz. »Das Revier in Dulwich.«
»Und?«
»Das hier.« Sie gab ihm das Blatt, auf dem sie sich ein paar Notizen gemacht hatte. Das Suchwort »Troll« hatte einen äußerst merkwürdigen alten Fall wieder zum Vorschein gebracht. Es handelte sich dabei um einen sexuellen Übergriff auf einen elfjährigen laotischen Jungen namens Champaluang Keoduangdy. Passiert war der Zwischenfall damals in dem momentan trocken liegenden Bootsweiher im Brockwell Park. »Ich werde heute noch versuchen, den Mann ausfindig zu machen, doch bis dahin müssen wir uns mit einem Inspector in Brixton begnügen, der schon in den Achtzigern dort gearbeitet hat und sich vielleicht noch an was erinnern kann.«
»Und – hat man den
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