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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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gewesen – sie roch nach Frau, sie roch nach Shampoo und Gebäck und Lippenstift, und sie roch völlig anders als Rebecca. Er dachte an die vergangene Nacht – sah Rebecca wieder vor sich, wie sie einfach aus dem Schlafzimmer gegangen war, dachte daran, wie er mit seiner Erektion auf dem Bett gelegen hatte. Auch Marilyn spürte anscheinend die Veränderung, die in ihm vorgegangen war, schien sich ihm in der Umarmung plötzlich ebenbürtig zu fühlen und wurde still. Sie hörte zu zittern auf und atmete wieder gleichmäßig durch den Mund ein und aus. Als sie sich von ihm löste, hatte sie aufgehört zu weinen, doch ihr Gesicht war gerötet, und sie wich seinem Blick aus. Sie ging nach nebenan und setzte sich an ihren Computer, und als Caffery kurz darauf in sein Büro ging, fiel ihm auf, dass sogar die Haut in ihrem Nacken gerötet war.
     
    Im Dienstzimmer stand Souness am Fenster und starrte hinaus. Sie trug einen Marks & Spencer-Männeranzug und darunter ein oben offenes, lilafarbenes Hemd. Sie sagte kein Wort, als Caffery hereinkam, und wies nur mit dem Kopf auf einen blau-weißen Umschlag des Fotodienstes der Londoner Polizei, der auf dem Schreibtisch lag. Caffery stellte seinen Kaffee ab, schüttelte die Fotos aus dem Umschlag und rief dann Fiona Quinn an.
    »Wie viel wissen Sie?«, fragte Fiona Quinn.
    »Na ja, hab mir gestern schon meinen Teil gedacht«, sagte er. »Muss ein entsetzlich langsamer Tod gewesen sein.«
    »Krishnamurthi hat uns doch gefragt, ob wir einen an Birnenaroma oder Nagellack erinnernden Geruch wahrnehmen, als er die Leiche geöffnet hat, wissen Sie noch?«
    »Ja – Azeton.«
    »Ketose.« Am anderen Ende der Leitung kramte Quinn in ihren Papieren herum. »Die ersten Symptome des Verhungerns. Der Körper des Jungen hatte seine Fettreserven verbrannt und schon angefangen, Fettsäuren in die Blutbahn auszuschütten.«
    »Und das ist also die Todesursache?«, fragte er vorsichtig.
    »Nein – nein, so schnell verhungert man nicht. Wir machen gerade die Hämatokritbestimmung – sagt Ihnen wahrscheinlich nichts, aber sein Blut hatte sich bereits verdickt. Außerdem Facies hippocratica. Sie wissen doch, was das ist?«
    »Ja.«
    »Das ist der Gesichtsausdruck, den Menschen bekommen, die völlig dehydriert sind. Er … also, er ist verdurstet.«
    O Gott – Caffery setzte sich auf seinen Stuhl. O Gott, o Gott, o Gott. Dann hatte er also doch richtig vermutet. Er dachte an die Welle der medialen Wut, die jetzt über die Einsatzkräfte der Polizei und die Helikopterbesatzung hinwegfegen würde – weil es nicht gelungen war, das Kind rechtzeitig zu finden.
    »Überrascht mich eigentlich, dass der Junge so lange überlebt hat«, sagte Quinn, »aber Krishnamurthi sagt, dass es sich ziemlich lange hinziehen kann. Angeblich hat er sogar schon von einem Fall in einem Pflegeheim gehört, wo es fünfzehn Tage gedauert hat. Manchmal ist es aber auch schon nach Stunden vorbei – kommt ganz darauf an. Man braucht nur ein Fünftel des Eigengewichts an Flüssigkeit zu verlieren.«
    »Und Kinder?«
    »Tja – bei Kindern sieht die Sache leider nicht ganz so günstig aus. Sie brauchen im Verhältnis zu ihrem Gewicht einen höheren Flüssigkeitsanteil als Erwachsene. Außerdem hat Rory an zwei außerordentlich heißen Tagen gegen seine Fesseln angekämpft und dabei natürlich sehr viel Wasser verloren. Vielleicht sollten Sie mal versuchen, irgendwie rauszufinden, ob der Mörder ihm während der drei Tage, die der Kerl im Haus der Familie Peach verbracht hat, etwas zu trinken gegeben hat. Vielleicht hat sich ja Alek dazu irgendwie geäußert.«
    »Nein, der hat in seiner Aussage nichts davon erwähnt.« Caffery spielte mit einer Büroklammer. Souness hatte sich mit den Händen auf den Schreibtisch gestützt und starrte noch immer aus dem Fenster, allerdings wusste er, dass sie jedes Wort mitbekommen hatte. »Na ja«, sagte er und versuchte seine Gedanken zu sammeln. »Und die Bisswunden? Können Sie uns sagen, wann das ungefähr passiert ist?«
    »Ja, erst ziemlich spät – etwa um die Zeit, als der Täter den Kleinen aus dem Haus verschleppt hat. Aus den Wunden stammt auch das Blut, das wir an der Fußleiste und an seinem Turnschuh gefunden haben.«
    »Dann hat der Täter ihn also oben in dem Baum festgebunden und dort allein zurückgelassen.«
    »Sieht ganz danach aus.«
    »Und später ist niemand mehr bei ihm gewesen?«
    »Scheint nicht so.«
    »Und haben Sie etwas gefunden, woraus sich die DNS des Täters

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