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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Cafferys Kopf eine Art Sprechblase gebildet hätte, in der sie seine Gedanken lesen konnte. Sie zog ein wenig konsterniert die Stirn in Falten, und Caffery, dem es nicht so recht behagte, dass sie ihm so ungeschützt mitten ins Gehirn schauen konnte, schenkte ihr ein kurzes freundliches Lächeln. Dann stieß er mit dem Fuß die Tür zu und befasste sich mit den Fotos, die er morgens erhalten hatte.
     
    »Wenigstens können wir auf der positiven Seite verbuchen, dass wir über einige gerichtsmedizinisch verwertbare Daten verfügen, seit wir Rory gefunden haben.« Als Souness von der Pressekonferenz zurückkehrte, gab sie sich redlich Mühe, zuversichtlich zu erscheinen. Sie brachte auf einem Tablett zwei Tassen Kaffee herein und eine Dose mit einigen von Kryotos’ klebrig flockigen Plätzchen. Dann schüttelte sie den Regen von ihrer Jacke und hängte sie über die Rückenlehne ihres Stuhls. »Immerhin haben wir jetzt diese weißen Fasern, und sobald Quinny genügend DNS beisammen hat, könnten wir vielleicht einen Reihentest anleiern.«
    »Und nach welchen Kriterien? Wollen Sie vielleicht in Brixton jeden weißen Perversen über eins achtzig testen?«
    »Wir müssen unbedingt Ermittlungsergebnisse vorweisen – schließlich läuft die Sache schon seit drei Tagen, und man erwartet von uns einen Zwischenbericht …« Sie hielt inne. »Na gut, Jack. Sie haben schon wieder diesen merkwürdigen Gesichtsausdruck. Also schießen Sie schon los. Was haben Sie auf dem Herzen?«
    Er zuckte die Schultern. »Der Typ wird wieder zuschlagen, und zwar sehr bald.«
    »Ah, darauf hab ich schon die ganze Zeit gewartet. Sie meinen also, dass wir unbedingt ein Täterprofil brauchen.«
    »Nur dass er beim nächsten Mal dafür sorgt, dass er nicht wieder gestört wird und seine dreckige Fantasie bis zum bitteren Ende ausleben kann – was immer das im Einzelnen bedeuten mag. Der Kerl braucht immer stärkere Reize, und die Familie Peach war sicher nicht der letzte Fall. Ich hab das Gefühl, dass er schon wieder was ausbrütet, ja, dass er die nächsten Opfer bereits ausgewählt hat.«
    »Tatsächlich?« Souness setzte sich auf ihren Stuhl und verschränkte die Arme. »Und woher wissen Sie das alles, wenn ich mir die Frage erlauben darf?«
    »Wir haben es mit einem knasterfahrenen Mann zu tun.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Ja. Der Kerl ist vorbestraft. Vielleicht wegen einer ähnlichen Geschichte oder wegen einer anderen Sache.« Er nahm die Brille ab. »Ich habe Marilyn gebeten, im Zentralcomputer nach Freigängern zu suchen, die wegen eines Sexualdeliktes verurteilt sind – aber ohne Zwangsverwahrung.«
    »Könnten Sie mir das vielleicht etwas näher erläutern?«
    Er schob ihr die Fotos zu. »Sehen Sie das?« In der Pathologie war es zwar niemandem aufgefallen, doch auf den Fotos, auf denen die Leiche des kleinen Jungen mit einer Schwarzlichtlampe ausgeleuchtet war, konnte man deutlich erkennen, was die Hämatome an Rorys Hals hinterlassen hatte. »Sehen Sie die Streifen dort?« Souness nickte. »Und sehen Sie auch diese Streifen gleich daneben? Hier ist einer und da noch einer.«
    »Ja, sehe ich.«
    »Ja und?«
    Souness ließ ihren Stuhl nach vorne kippen und sah mit seitlich geneigtem Kopf schweigend die Fotos an. Sie starrte auf die merkwürdigen Streifen und versuchte, sie zu identifizieren. Als sie kapierte, was los war, ließ sie ihren Stuhl krachend zurückkippen. »O Gott – sicher doch, natürlich.«
     
    Wie die meisten anderen Leute in Brixton hatte auch Roland Klare die Vorgänge am Donegal Crescent im Fernsehen verfolgt. Und jetzt wollte er unbedingt die Fotos sehen, die sich noch in dem Gehäuse der Pentax befanden. In einer Drogerie konnte er den Film natürlich nicht entwickeln lassen, selbst wenn er das verdammte Ding irgendwie aus der Kamera herausgebracht hätte. Allerdings gab es da noch eine Alternative. Als er nachmittags nach Hause kam, blätterte er in seiner Inventarliste.
    Ja! Ganz recht. Er war sicher, dass es sich noch irgendwo in der Wohnung befinden musste. Er ging ins Schlafzimmer und wühlte in den Fundstücken herum, die er dort aufgeschichtet hatte.
    Kaum eine Stunde später hatte er gefunden, was er suchte, und zwar in einer Kiste mit alten Ladybird-Büchern: ein großformatiges, etwas mitgenommenes Taschenbuch mit dem Titel So bauen Sie sich Ihre eigene Dunkelkammer . Auf dem Umschlag war ein Mann in einem weißen Kittel zu sehen, der gerade ein Blatt Fotopapier durch ein Becken zog. Klare hatte das

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