Die Beichte - Die Beichte - Dirty Secrets
darksecret.com . ›Ich hab mit meiner Schwester rumgemacht.‹ ›Ich liebe Bobby, aber er wird es nie erfahren.‹ ›Ich hab in den Aufzug gepisst.‹ Dafür gibt es nur einen adäquaten Begriff: proletenhaft.«
»Diese Geständnisse sind aber anonym.«
»Weil die Leute feige sind.«
»Interessante Einschätzung«, stellte sie fest. »Anonymität
kann Schutz bedeuten. Sie gibt den Menschen die Möglichkeit, offen ihre Meinung zu sagen.«
Harding breitete die Hände aus. »Online beichten? Versteckt hinter einem Benutzernamen? Toll. Wer weiß dann, dass sie es sind? Wer weiß, ob diese angeblichen Geheimnisse wirklich wahr sind? Damals bei der Party befanden wir, dass jemand, der sein Geheimnis anonym im Netz ausplaudert, bloß ein armseliger Wichser ist. Wer es bei Jerry Springer tut, ist Abschaum, eine Medienhure. So ruiniert man gleichzeitig seinen Ruf und sein Geheimnis. Man verliert die Macht.«
»Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
Ein verlegener Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Ich möchte mich nicht aufspielen. Ich will nur erklären, wie es für uns war. Wir waren Kinder. Eingebildete Idioten. Es war alles bloß ein Witz. Es war nicht mal ein Club. Einfach ein Riesenblödsinn.«
»Nur dass es heute keiner mehr ist.«
»Der springende Punkt ist doch: Die Leute beichten gern. Um ihr Herz auszuschütten, um ihrem Ehepartner eins auszuwischen, um zu prahlen. Sogar um anderen zu helfen.«
»Zugegeben.«
»Und natürlich kann man auch unter vier Augen beichten. Man kann sich mit einem Psychiater unterhalten, der der Schweigepflicht unterliegt. Und man kann sich einem Anwalt anvertrauen, der im Gefängnis landet, wenn er was davon weitergibt. Oder man kann zu einem Priester gehen, der nie etwas verraten wird, auch nicht unter der Folter. Aber Priester verlangen auch eine Gegenleistung.
Reue. Und sie erlegen einem eine Buße auf. Wer will so was?«
Scott Southern.
»Viele Menschen«, antwortete sie.
»Sie hören mir nicht zu. Sicher, diesen Leuten kann man fast alles gestehen, ohne Angst vor Verrat oder Vergeltung. Aber man kriegt von ihnen auch nicht, worauf es ankommt.«
»Und das wäre?«
»Kudos.«
Bedeutungsschwanger hing das Wort in der Luft.
Wieder breitete er die Hände aus. »Lob, Anerkennung, Ruhm für die eigenen Leistungen.«
»Ich kenne die Bedeutung des Wortes.«
»Ich rede hier nicht von passiven Geheimnissen wie ›Onkel John hat mich angefasst und mir verboten, dass ich es weitersage‹. Ich meine Taten. Folgenschwere Entscheidungen. Risiken. Gesellschaftlich inakzeptable Dinge.«
»Verbrechen?«
»Selbstverständlich.« Sein Gesicht wirkte angespannt. »Callie hat aus dieser Fantasie Realität gemacht.«
»Sie meinen, sie hat den Club der Schmutzigen Geheimnisse gegründet?«
Er reichte ihr das Notizbuch.
Der Rücken knackte, als sie es aufschlug. Auf der ersten Seite prangte in schwarzer Tinte der Eintrag CSG.
Jo blätterte: Seite für Seite ordentliche Notizen in einer schmalen Handschrift, die sich tief ins Papier grub.
Ethos des CSG. Geheimnisse sind wertvoll. Sie dürfen nicht verschwendet werden.
Ein Schauder jagte ihr über die Arme.
Seite fünf. Club der Schmutzigen Geheimnisse, Ebenen: 1) Einsteiger - weiß, 2) Fortgeschrittene - gelb, 3) Privilegierte - rot, 4) Elite - schwarzer Diamant.
Das Ganze war so banal angelegt wie ein Vielfliegerprogramm. Sie las weiter. Auf Seite sechs wurde die Schrift hektisch.
Sich Dinge von der Seele zu reden ist ein Vorteil des Clubs, doch Geständnisse bereiten nur begrenzte Befriedigung. Konkurrenz ist da besser. Die Clubmitglieder kriegen Zusatzpunkte, wenn sie an den Ort des Verbrechens zurückkehren, ohne verhaftet zu werden. Oder wenn sie dreist weitermachen, ohne erwischt zu werden. Wenn sie mit einem Lächeln oder einem traurigen Kopfschütteln einen Meineid schwören. Wenn sie einen hoch angesehenen Job oder die politische Karriere aufs Spiel setzen. Wenn sie angekündigte Taten begehen, ohne Spuren zu hinterlassen.
Mein Gott. Diese Leute betrachteten die Stadt als ihre private Spielwiese.
»Wie ist sie dazu gekommen, mit dieser studentischen Schnapsidee Ernst zu machen?«, fragte Jo.
»Ich weiß es nicht.«
»Was war Callies schmutziges Geheimnis?«
»Sie war meine Frau. Ich habe fünf Jahre neben ihr geschlafen, während sie geträumt hat. Und ich habe keine Ahnung.« Sein eisiger Blick schmolz. »Dieses Spiel hat sie umgebracht.«
Jo schaute ihn nur an. Sah seinen Hunger.
»Können Sie sich einen
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