Die beiden Seiten der Münze (German Edition)
gewesen.
„Dann findet das die Polizei sicher heraus und alles ist in Ordnung. Ich sage es dir ganz klipp und klar: ich erwarte von dir als Freundin, dass du das selber mit der Polizei besprichst. Der Verdacht, dass er etwas damit zu tun hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Ich muss nicht nur an mich selbst, sondern auch an Lukas' Sicherheit denken. Wenn du das nicht machst, dann gehe ich selber, ist das klar?“
Lynn nickte stumm. Tränen standen in ihren Augen. Sie wusste, Therese hatte Recht. Es blieb ihr gar keine andere Wahl. „Schaffst du das hier heute Nacht alleine oder soll ich dableiben?“ Therese wehrte ab: „Geht schon, kein Problem. Du kümmerst dich jetzt um Deinen Part. Ich rufe dich morgen an.“
Alles was Lynn herausbrachte war ein knappes „Ciao“ dann drehte sie sich um und ging.
Kaum war sie in ihrer Wohnung bekam sie eine SMS. Da stand: „Vergiss nicht was wir besprochen haben. Ich meine es wirklich ernst. Ich erwarte, dass du zur Polizei gehst. Therese.“
Lynn warf das Handy wütend auf ihr Bett. „Ja, ich hab schon verstanden. Lynn tu dies und Lynn tu das!“ Schluchzend warf sie sich auf ihren Polster und weinte sich in den Schlaf.
Wieder hatte sie diese schrecklichen Albträume. Lynn stand nackt auf der Straße und blutete aus unzähligen offenen Wunden. Die Blutströme wurden immer mehr, bis sie bis zu den Knöcheln im Blut watete. Lynn wusste, sie hatte ein Ziel, sie musste irgendwo hin und versuchte sich daran zu erinnern wohin sie gehen wollte, es fiel ihr aber nicht mehr ein. Ihre Haut war kalkweiß, leicht bläulich angelaufen und schien schon ziemlich blutleer zu sein. Am Ende der Straße stand Cedric und hielt ihr die Hand hin. „Komm!“ Seine Stimme klang lockend. „Komm her zu mir, komm schon.“ Doch sie konnte ihre Beine nicht bewegen, also versuchte sie mit ihren Händen ihren nackten Körper vor fremden Blicken zu schützen. Sie fröstelte, ihr war kalt. Sie ließ sich zu Boden gleiten, direkt in das viele Blut hinein. Es war warm und wirkte tröstlich. Ohne zu überlegen was sie tat, senkte sie ihren Kopf bis auch ihr Gesicht völlig von Blut bedeckt war und sie nicht mehr atmen konnte. Dann wurde rundherum alles dunkel.
Völlig fertig wachte sie in der Früh auf. Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen und hatte keine Ahnung, wie sie in diesem Zustand einen Arbeitstag überstehen sollte.
Lynn schleppte sich ins Büro und versuchte, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie hatte nicht damit gerechnet aber die Belege und Rechnungen, die zu verbuchen waren, lenkten sie ein wenig ab. Ehe sie es sich versah, war es Mittag und Zeit für die Mittagspause. Lynn wusste was sie tun sollte. Ihr Handy lag griffbereit auf ihrem Schreibtisch. Sie musste das tun, falls sie nicht die Kraft dazu aufbrachte, würde Therese das erledigen und ihre jahrelange Freundschaft wäre vorbei. Das hatte in Therese's Worten eindeutig durchgeklungen. Außerdem war es das Richtige.
Lynn starrte das Telefon an. Minuten verstrichen und sie tat nichts. Gar nichts. Therese würde nicht ohne nochmalige Warnung zur Polizei gehen. Oder doch? Sollte sie Cedric anrufen und vorwarnen? Am besten war es, wenn sie zuerst Therese anrief. Vielleicht ließ sie doch mit sich reden. Lynn hätte gestern erst gar nicht davon anfangen sollen. Das war lächerlich, Cedric hatte sicher nichts damit zu tun. Sie war nur hysterisch gewesen.
Sie wählte Therese's Nummer, aber da war nur die Mobilbox zu hören. Mist, was nun? Ihre Mittagspause war um, das enthob sie zumindest für den Moment der Entscheidung was zu tun war. Lynn widmete sich wieder ihrer Arbeit, einem Karton voll mit einem Durcheinander aus Belegen, Rechnungen und Zetteln. Sie brachte zuerst Ordnung in das Chaos, dann begann sie, die Belege der Reihe nach zu verbuchen. Diese Tätigkeit war zwar nicht gerade interessant, lenkte sie aber wenigstens von ihrem Dilemma ab.
Lynn war völlig in einen Haufen Belege vertieft, als ihr Telefon läutete. Sven war am Apparat. „Lynn komm bitte sofort zu mir.“ Bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er aufgelegt. Sie zermarterte sich das Gehirn, was er wohl von ihr wollte, freundlich hatte er nicht geklungen.
Als Lynn sein Büro betrat, deutete er nur kurz auf den Besuchersessel. „Ja, was gibt es denn?“ wollte Lynn wissen. „Wir haben eine Beschwerde eines Klienten. du weißt selbst, dass du dir schon einige Male Ungenauigkeiten geleistet hast, aber
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