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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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Ich dagegen schon.
    Ich erwarte nicht, dass Du mir das Unverzeihliche verzeihst. Ich hoffe nur, dass ich es durch mein Bekenntnis wiedergutmachen kann.
    Hier ist es also: mein ehrliches, aufrichtiges, wahres, trauriges, todunglückliches Bekenntnis.

Eins
    Anfang September änderte mein Schicksal seinen Lauf.
    Meine Freundin Lula zeigte Aisha und mir ihr neues Zuhause in Owings Mills. Ihre Eltern haben es ganz neu gebaut, das fand ich faszinierend, denn das einzige Haus, in dem ich je gelebt habe, ist unser Haus, und das ist einfach da und war schon immer da, ob es einem passt oder nicht. Lula dagegen konnte dem Architekten tatsächlich sagen, wie sie ihr Zimmer haben wollte, in welche Richtung die Fenster zeigen und wie die Schränke aussehen und wo die Leseecke sein sollte. Das Haus war noch nicht ganz fertig, deshalb waren die Bauarbeiter immer noch in ihren schlammbespritzten Stiefeln dort zugange, das Werkzeug klirrte an ihren Gürteln.
    Wir liefen durch das erste Stockwerk. Lula hatte uns gerade das große Elternschlafzimmer gezeigt. Während Lula und Aisha diskutierten, wozu man das Ankleidezimmer ihrer Mutter nutzen könnte, öffnete ich Türen und sah mich um. Überall im Haus gab es seltsame Ecken für alle möglichen merkwürdigen Zwecke – um Wäsche zusammenzulegen oder Wein zu lagern oder zu basteln.
    Als ich eine Tür am Ende des Flurs öffnete, starrte ich in völlige Dunkelheit. »Was ist denn hier drin?«, fragte ich und tastete an der Wand nach einem Lichtschalter. Da ich keinen finden konnte, machte ich einen Schritt in den Raum … doch mein Fuß berührte keinen Boden. Er trat auf nichts, nur Luft, und ich stürzte in die Dunkelheit. Es war das Furchterregendste, was mir je passiert war … bis zu diesem Moment. Seitdem haben sich viel erschreckendere Dinge ereignet.
    Eine endlose Sekunde lang überlegte ich, wie tief ich fallen würde – ich hatte keine Ahnung – und wie es sich anfühlen würde, wenn ich auf dem Boden aufschlug. Worauf würde ich fallen? Würde es wehtun? Würde ich mir sämtliche Knochen brechen? Würde ich mich auf einem Stab aufspießen?
    Mir war, als würde ich ewig fallen, in bodenlose Tiefe.
    Dann landete ich auf dem Rücken, und zwar in etwas Kratzigem, aber Kissenähnlichem. Ich brauchte einen Moment, bis ich wieder Luft bekam. Lula schrie. Ich konnte sie ungefähr drei Meter über mir sehen, im Licht des Türrahmens. Wo immer ich hier auch war, es war dunkel.
    »Mir geht’s gut!«, rief ich, ohne nachzudenken, nach oben. Ich war mir nicht sicher, ob alles mit mir in Ordnung war, aber ich spürte keinen Schmerz. Ich lag auf irgendwelchem stacheligen Zeug. Ich tastete mich bis zu meinen Füßen vor. Was war um mich herum? Gab es weitere Löcher im Boden, vor denen ich mich in Acht nehmen musste? Ich wollte nicht noch einmal in die Tiefe stürzen. Was immer es war, ich hatte Glück gehabt, dass ich auf dem stacheligen Zeug aufgekommen war.
    »Oh Gott, Sassy!«, schrie Lula. »Schaffst du es da raus?«
    Ich versuchte, an die Tür über mir heranzukommen, aber sie war zu weit oben. Ich saß auf dem Boden irgendeines komischen Raums fest, der drei Meter tiefer als die Tür lag. Außer dass mir das kratzige Zeugs in die Haut pikte, war ich nicht verletzt. »Was ist das?«, fragte ich. Ich war orientierungslos und verwirrt.
    Aisha rief nach Hilfe. Neben ihr erschien ein Handwerker. »Was ist passiert?«, fragte er. »Ist jemand da reingefallen?«
    Lula deutete hysterisch zu mir herunter. »Hast du dir was gebrochen?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete ich. »Gibt es irgendwo Licht?«
    »Ist noch nicht angeschlossen«, erklärte der Handwerker. »Ich hole eine Leiter. Bin gleich wieder da.«
    »Was ist das für ein Raum?«, fragte ich Lula.
    »Keine Ahnung«, sagte Lula. »Aber ich möchte so was eigentlich nicht in meinem Haus haben. Es ist wie ein finsterer Schlund oder so.«
    Der Handwerker kam zurück. »Geh mal zur Seite«, befahl er. Er ließ eine Leiter auf den Boden hinunter und hielt sie fest. »Klettere hoch.«
    Ich erklomm die Leiter und kletterte aus dem dunklen Loch. Lula zog mich heraus. »Oh Mann, Sassy, alles in Ordnung mit dir? Was ist dieses rosa Zeug auf deinen Kleidern?«
    »Wir haben da unten ein Glasfaserlager«, erklärte der Handwerker. »Das war dein Glück.« Das also hatte meinen Sturz abgefedert. »Wie hast du es denn geschafft, da runterzufallen?«
    »Ich habe die Tür geöffnet und nach einem Lichtschalter getastet«, antwortete ich.

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