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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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bist, um darüber zu reden. Du schleppst einige Fehleinschätzungen mit dir herum.«
    Und dann rückte er mir den Kopf zurecht. Freundlich zwar, trotzdem versuchte er, mir ein paar Sachen klarzumachen. Vor allem, sagte er, sei ich nicht unbesiegbar – ganz und gar nicht – und ich solle mir solche Gedanken aus dem Kopf schlagen. Ich solle aufpassen und Unfälle stets vermeiden, denn egal, was ich mir einbildete, ich konnte sehr wohl ernsthaft verletzt werden.
    Zweitens, sagte er, sei ich nicht des Mordes schuldig. Der Vorfall war ein Unglück und nicht meine Schuld. Du und ich wissen, dass er sich da täuscht.
    Ich versuchte, ihm die Wahrheit vor Augen zu führen. »Wenn es nicht Mord war, wie sieht es mit Totschlag aus? Fahrlässiger Tötung?«
    »Wir sind hier nicht bei Law & Order und klären Gewaltverbrechen auf, meine Liebe«, erwiderte er. »Bei Gott gibt es keine mildernden Umstände.«
    »Ich versuche nicht, durch ein Geständnis eine mildere Strafe zu erwirken«, sagte ich. »Ich versuche Sie von meiner Schuld zu überzeugen.«
    Er wiederholte noch mal, dass es ein Unfall war, dass es nicht meine Schuld war. Wallace hätte so oder so einen Schlaganfall gehabt, bla, bla, bla. Er glaubte einfach nicht, dass ich unbesiegbar bin. Er nahm mein Geständnis nicht ernst. Die Buße, die er mir auferlegte, war der Beweis: ein einziges Ave-Maria. Für die Sünde der Überheblichkeit, nicht des Mordes.
    Er hat mich viel zu leicht davonkommen lassen, dachte ich, als ich vor dem Altar der heiligen Johanna von Orléans kniete und wie verlangt das Gebet aufsagte. Das, was ich getan hatte, wog schwer und ich würde keine Ruhe finden, bevor ich den Preis dafür bezahlt hatte. Ich gelobte, in die Welt hinauszugehen und selbst eine Buße zu finden, eine, die meinem Verbrechen angemessen wäre.
    Damals wusste ich nicht, dass Du mir eine zweite Chance geben würdest, ein Bekenntnis abzulegen – und dass Du nicht nur mich, sondern uns alle bestrafen würdest.

Zehn
    Ein paar Tage später schlug Aisha beim Hockeytraining den Ball Richtung Tor, doch sie hatte schlecht gezielt und traf mich am Auge. Ich kippte um. Mein Auge tat mörderisch weh. Als die Trainerin meine Hand wegschob, sagte sie: »Autsch.«
    Ich wurde zur Krankenschwester geschickt, die einen Eisbeutel auf mein Gesicht legte. Mein Auge war schwarz und blau und es tat weh. Es schmerzte so viel mehr als einer der blauen Flecke, die ich mir bei den Autounfällen geholt hatte. Was mich zu der Überlegung brachte: Was, wenn es nun vorbei war? Was, wenn ich meine Unbesiegbarkeit verloren hatte?
    Vielleicht war das die Strafe dafür, dass ich Wallace umgebracht hatte. Aber ich war mir noch nicht ganz sicher.
    Auf dem Heimweg von der Schule beäugte ich die vorüberfahrenden Autos. Würde eines vor mir die Bordsteinkante hochfahren und auf mich ansetzen? Wäre jetzt der Zeitpunkt, an dem ich schließlich doch getötet wurde?
    Ich schaffte es jedenfalls ohne weitere Vorkommnisse nach Hause. Als Miss Maura mein Auge sah, gab sie mir eine Packung Tiefkühlerbsen mit der Auflage, sie auf dem Auge zu lassen, bis sie auftauten. Anschließend würde es die Erbsen zum Abendessen geben.
    Ich ging, die Packung aufs Gesicht gedrückt, nach oben, um Takey und Bubbles zu besuchen. Ich wusste, dass Takey ein neues Kunststück mit Bubbles geübt hatte, und ich wollte sehen, wie es lief. Als ich in sein Zimmer kam, saß er auf der Bettkante und starrte das Aquarium an.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht«, sagte Takey. »Bubbles weigert sich, sein Kunststück zu machen.«
    Ich sah zum Aquarium. Bubbles trieb auf der Seite liegend an der Wasseroberfläche.
    »Oh nein.« Ich setzte mich neben Takey. »Sieht nicht gut aus.«
    Das Letzte, was wir brauchen konnten, war noch eine Beerdigung, aber wenn ein Goldfisch stirbt, kann man ihn ja auch nicht einfach im Klo runterspülen.
    Takey zielte mit seinem Pistolenfinger auf Bubbles. »Komm hoch, Bubbles, oder ich schieße. Ka-wumm.«
    »Zu spät, Takey«, sagte ich. »Er ist schon tot.«
    »Warum?«, wollte Takey wissen. »Hatte er einen Schlaganfall, so wie Wallace?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Vielleicht.«
    Die ganzen Fischdressurnummern für nichts und wieder nichts. Es würde ewig dauern, bis ein neuer Goldfisch eine Show wie Bubbles hinlegen könnte. Nicht nur das, es war auch traurig, den kleinen Kerl dort leblos treiben zu sehen.
    Takey richtete seine Fingerpistole auf mich. Gehorsam hob ich die Hände. »Hey, ich

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