Die Belagerung der Welt - Romanjahre
Platzinhaber war.
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Eine Woche hier und ganz trunken von Paris. Es war eine aufregende Woche, erst haben wir dem Volvo eine Ãberwinterungsunterkunft verschafft und zwar in Vitry, etwa 40 Kilometer von Paris, anschlieÃend habe ich mich auf die Suche nach einem Atelier gemacht und, ja, letzten Freitag, Freitag, den 13., habe ich's gefunden und gestern den Kauf eingeleitet: mein erstes selbst erworbenes Stückchen Paris: zwei Räume, nebst einer Dusche und einer Art Estrich in einem zweiten Boden, im sechsten Stock eines verlausten Hauses Rue Labat (was die Fortsetzung der Rue Simart jenseits des Boulevard Barbès ist), wobei das Haus selber gar nicht mal in so schlechtem Zustand wäre, Treppenhaus solide und aus Eichenholz, alles nicht übel, nur schrecklich verwahrlost weil ohne Concierge und von armen Leuten bevölkert, Schwarzen und Arabern, gut, aber oben in meinem Bereich ist's hell und sogar geräumig, ich stehe am Fenster geradezu im Himmel, dem hellsten Himmel der Welt, Blick über die Dächer und auf Brandmauern. Aus dem Ding läÃt sich, wenn ich es herrichte und vor allem wenn ich die Trennwand zur nebenstehenden Küche niederreiÃe (Küche und Spülstein und Herd und Eisschrank brauche ich nicht, hingegen sind schubladenreiche Korpusse und Schränke da, die zu gebrauchen sind), etwas machen. Nebenan auf dem Gang, Wand an Wand mit meinem Atelier ist noch ein Raum mit Untermieter, falls ich den hinzuerwerben könnte, so hätte ich eine Riesenwohnung da oben â ganz zu schweigen davon, daà ich da, wo dieser geräumige Estrichboden ist, eine Art Schlafstelle einziehen könnte; auch ist der Duschraum auf der andern Seite des Gangs, der auch dazu gehört, geräumig â¦: Alles in allem eine affaire , ohne Zweifel, und spottbillig.
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Das so tief Beglückende »wieder zurück in den Pariser StraÃen« und dies vormittags, ich frage mich seit langem, was
es sei, jedenfalls habe ich es noch nie schreiben können, dieses Geschäft des Lebens auf den Trottoiren unter den kanalisierten Himmeln zu FüÃen dieser kreidigen zuckrigen ockrigen Lenden der StraÃenkörper, es ist dermaÃen stimulierend und versöhnend, es ist das offenste, schon fast nackte Umgehen mit den einfachen Bedürfnissen des Lebens, Tagesbedürfnissen, da, die Cafébar mit den paar Frühtrinkern, da die Frau oder der Mann, der an der Hand des Steckenbrotes wie an einem Geländer geht, da die schielenden brummigen Hunde zu FüÃen des noch blutenden Wilds, das vor dem Metzgerladen aufs Trottoir hinaus gehängt ist, und die Leute am Postschalter, all die Afrikaner und Farbigen und Einwanderer, alle bringen und tragen sie ganze Bände voller einfacher Lebensgeschichten und Lebensbedürfnisse an die Ãffentlichkeit, es ist, als ob die Frauen in Lockenwicklern, Pantoffeln und Hausröcken dahinschlurften und zum Epicier oder Boulanger schwatzen gingen, das Trottoir gehört wahrlich den Menschen , und es ist voller Geschichten und voller Sex und voller Häuslichkeit, die ganze Häuslichkeit ist auf die StraÃe, das heiÃt aufs Trottoir hinaus getragen, und die Märkte unter den Dächern der Stände, diese straÃen-langen Zeltlager und Campingplätze des Handelns und Feilschens und Tratschens, und alles in den Gerüchen der Fisch- und Fleisch- und Gemüsestände etc., und auf dem Trottoir, etwa über den Gittern der Metro, also im HeiÃluftkanal, dürfen wirklich die Clochards liegen in all ihren Lumpen und inmitten ihrer lumpigen Habe. Es ist ein Auslaufen, vormittags in Paris, in Pariser StraÃen, und hier der Bazar der Stoff- und Kleiderhändler, das Menschliche ist es, aber wenn ich es nur sagen, genauer sagen und schreiben könnte.
Boulevard Rochechouart auf dem mittleren von Bäumen gesäumten StraÃenstück, den Himmel vor Augen und die Augen im Himmel und an den von Sexplakaten geschmück
ten oder verunzierten Fassaden, da wo die Kinos und Buden und Bars und Garküchen und FreÃstände sind, und die Leute, die die Hunde ausführen und die Autos und die Armen auf Bänken und die Huren weiter vorn, bereits vormittags, und diese Nase voll Leben , Pariser Leben in den Nüstern, und alles in dieser Schönheit und Helle, aber auf dem Trottoir ist die Schönheit kunterbunt und farbstiftrot und pinguinenschwarz, und das Trottoir ist Animation tausendfach, und
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