Die Berghuette
führe uns nicht in Versuchung …“, knurrte Felix und beugte sich über sie, um sie zu küssen. Als Caro wieder zu Luft kam, fügte er hinzu: „Ist dir eigentlich klar, dass wir das Haus frühestens morgen Abend wieder für uns haben? Ich habe übrigens keine Ahnung, wie lange Anja bleiben will.“
„Von mir aus kann sie gerne noch bleiben, ich finde sie nett!“, erklärte Caro und zupfte an Felix‘ Ohrläppchen.
Plötzlich richtete sich Felix auf und blickte Caro stirnrunzelnd an. „Kann es sein, meine Liebe, dass du ganz froh bist, wenn Anja noch bleibt, weil du glaubst, dass du dann um deine wohlverdienten Hiebe herumkommst?“, fragte er misstrauisch und blickte ihr tief in die Augen.
Caro wurde rot. Ganz so hatte sie es zwar nicht gemeint, aber Felix hatte irgendwie Recht. Jedenfalls nahm sie an, dass er sie wohl kaum übers Knie legen würde, solange Besuch im Haus war. Aber das hatte nichts damit zu tun, dass sie Anja wirklich mochte.
„Hast du sie noch alle? Ich mag Anja einfach gerne“, entgegnete sie trotzig und zog ihre Hände zurück. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!“
„Na, na, pass bloß auf deinen Ton auf!“, mahnte Felix und zog eine Augenbraue nach oben. „Ich versichere dir, dass ich nicht beabsichtige, bis morgen Abend zu warten, geschweige denn noch länger. Ich halte es eher für wahrscheinlich, dass wir Tobi und Martin voraus schicken, damit wir ein bisschen für uns sind, was meinst du?“
Caro verzog das Gesicht. „Das ist nicht dein Ernst“, maulte sie. „Du verdirbst mir ja den ganzen Tag!“
Die Augenbraue wanderte noch ein Stückchen höher, und die zweite gesellte sich dazu. „Ich glaube, du verwechselst Ursache und Wirkung, meine Liebe!“, konterte er ernst. „Hast du mal darüber nachgedacht, was jetzt wäre, wenn ich dir gestern nicht nachgefahren wäre?“
Caro öffnete schon den Mund, klappte ihn dann aber wieder zu. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich selbst wütend, traurig und alleine in ihrer Wohnung sitzen. Felix hatte Recht. Ohne zu überlegen hatte sie voreilig falsche Schlüsse gezogen und hatte damit ihre junge, aber so vielversprechende Beziehung gefährdet. Und Felix war nicht ihr Exmann. Er war ihr nachgefahren und hatte das Missverständnis aufgeklärt. Er hatte sich wie ein Erwachsener verhalten, vernünftig und ruhig. Sie dagegen hatte sich trotzig wie ein kleines Kind benommen, und nun musste sie eben die Zeche bezahlen.
Caro seufzte tief und setzte sich auf. „Wenn es unbedingt sein muss …“, sagte sie ergeben. Ihr Blick suchte Tobias, der am Ufer des Sees stand und gerade die Angel wieder auswarf.
„Hab ich’s richtig gemacht?“, rief er zu Martin hinüber, der ein paar Meter weiter weg seine Angel hielt.
„Perfekt, junger Mann. Aus dir wird noch ein richtiger Angler!“, bestätigte Martin und blickte auf seine Uhr. „Wenn wir die Fische heute Abend grillen wollen, müssen wir aber bald nach Hause gehen. Dort zeige ich dir dann, wie man sie putzt und ausnimmt. Zum Schluss werden sie noch gewürzt, und dann geht’s ab auf den Grill.“
Erfreut hörte Caro dem munteren Geplauder der beiden Angler zu. Tobias schien in seinem Element zu sein. Er brauchte eben auch männliche Vorbilder, um sich richtig als Junge fühlen zu können. Und sie brauchte Felix – mehr als sie sich bisher eingestanden hatte. Bevor sie ihn kennengelernt hatte, war sie nur die gut funktionierende Mutter und Angestellte gewesen, die vom Leben nichts anderes mehr erwartete, als endlich in Ruhe gelassen zu werden und die Vergangenheit hinter sich lassen zu können.
Seit diesem ersten Kuss unter dem Gipfel des Wettersteins hatte sich aber alles verändert. Es schien, als hätte sie neu angefangen zu leben. Sie fühlte sich wieder als Frau, und lang verschüttete Gefühle und Sehnsüchte kamen an die Oberfläche – die Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit und inniger Zweisamkeit und auch das Verlangen nach körperlicher Nähe und Wärme.
Tränen der Rührung stiegen ihr in die Augen, und voller Liebe blickte sie zu Felix. Mit geschlossenen Augen lag er neben ihr und genoss die wärmende Sonne. Dieser gutaussehende Mann mit seinen breiten Schultern, den starken, sonnengebräunten Armen und der sportlichen Figur war wirklich ein Anblick, der einer Frau den Mund wässrig machen konnte. Nein, sie würde Felix nicht mehr enttäuschen.
Caro ließ sich wieder zurücksinken und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Ein tiefer Seufzer entwich ihrer
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