Die Berghuette
heruntergekommene Bauernhaus mit wenig Geld und viel Eigenleistung renoviert hatten und welche schönen Wandertouren sie von hier aus schon unternommen hatten.
„Aber machen Sie sich keine falschen Vorstellungen!“, meinte er abschließend, „Diese Touren sind nur etwas für geübte Bergwanderer und definitiv nichts für eine allein wandernde Frau, die sich in der Gegend nicht besonders gut auskennt. Und unter diesen Wetterbedingungen sowieso nicht!“ Dabei blickte er ihr tief in die Augen.
Caro verspürte erneut das unwiderstehliche Verlangen, ihn in seine Schranken zu weisen. „Finden Sie nicht, Sie sollten langsam aufhören, mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe?“, meinte sie spitz und nahm einen Schluck Wein. „Ich bin wirklich alt genug, um auf mich selbst aufzupassen!“
„Solange Sie hier unter meinem Dach wohnen, erwarte ich, dass Sie sich danach richten, was ich Ihnen … rate!“, entgegnete Felix bestimmt, wenn auch mit einem kleinen, diplomatischen Ausweichmanöver, denn das Wort „befehlen“ hatte ihm schon auf der Zunge gelegen. „Folgen Sie einfach von jetzt an Ihrem gesunden Menschenverstand, dann wird es keine Komplikationen geben“, sagte er abschließend und begann den Tisch abzuräumen. „Übrigens, Sie sollen Martin noch anrufen, er hat schon nach Ihnen gefragt!“
Caro zuckte zusammen. „Ach du meine Güte, das habe ich komplett vergessen!“, rief sie und eilte nach oben in ihr Schlafzimmer, um zu telefonieren. Sie berichtete Martin kurz über die Fahrt und dass sie gut angekommen war.
„Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass Felix zur Zeit in unserem Haus wohnt“, meinte Martin entschuldigend. „Ich hatte ja keine Ahnung davon, dass er schon wieder aus den USA zurück ist. Aber er will ja nur ungestört arbeiten, und ihr werdet euch sicher gut vertragen. Er ist ein ziemlich ruhiger Mensch und absolut zuverlässig. Vielleicht ist es ja sogar ganz nett für dich, wenn du nicht immer ganz alleine bist?“
Caro schnaubte ins Telefon. „Für ein bis zwei Tage wird es schon gehen. Dann wird die Brücke ja wieder befahrbar sein und ich komme zurück“, meinte sie entschlossen.
„Das kommt überhaupt nicht in Frage! Du hast zwei Wochen Urlaub und die nimmst du auch!“, erwiderte Martin energisch und fuhr fort: „Was ist da zwischen euch beiden eigentlich los? Felix hat auch schon so seltsame Andeutungen gemacht. Habt ihr ein Problem mit einander?“
„Dein Freund Felix behandelt mich, als wäre ich gerade mal zehn Jahre alt, und kommandiert mich ständig herum. Ich komme mit so dominanten Menschen eben nicht besonders gut klar. Aber wenn das Wetter besser wird, kann ich ihm ja aus dem Weg gehen, und dann komme ich sowieso wieder nach Hause.“
„Nichts da!“, entgegnete Martin erneut. „Du bleibst, wo du bist, und erholst dich gefälligst – das ist nämlich der Zweck der Übung. Wenn du willst, rede ich mit Felix. Er ist mein bester Freund, und was du da über ihn sagst, klingt mir so gar nicht nach seiner Art. Vielleicht ist er heute nur einfach nicht besonders gut drauf. Eigentlich müsstet ihr euch blendend verstehen – er hat einen ausgeprägten Sinn für Humor, er fotografiert genauso gerne wie du, und seine Vorliebe für gute Bücher müsste euch Gesprächsstoff für Jahre liefern. Also tu mir den Gefallen und vertrag dich mit ihm, dann wirst du zwei wundervolle Wochen in den Bergen verbringen! Jetzt hören wir aber besser auf zu telefonieren, deine Handyrechnung wird sonst astronomisch hoch. Ich rufe morgen Abend noch einmal an, ok?“
„Ok, Martin, aber dass ich hier zwei Wochen bleibe, das kannst du dir wirklich aus dem Kopf schlagen.“
„Vielleicht komme ich am Wochenende mal vorbei und sehe nach dem Rechten. Ich habe Felix schon ewig nicht mehr gesehen, und ein paar Tage in der frischen Bergluft könnten mir auch nicht schaden. Keine Angst, ich schlafe auf dem Sofa im Wohnzimmer, und ich bringe eine gute Flasche Wein mit. So, nun ist aber wirklich Schluss. Grüße Felix von mir und schlaf gut, Caro!“
„Gute Nacht, Martin, und danke trotz allem.“ Caro legte auf und musste gähnen. Ihre Armbanduhr zeigte zwar erst halb Zehn, aber sie war von der Fahrt doch rechtschaffen müde. Also ging sie noch einmal kurz nach unten, holte sich ein spannendes Buch aus dem reichlich bestückten Bücherregal und verzog sich mit einem kurzen „Gute Nacht!“ in die Richtung des Computers, an dem Felix konzentriert arbeitete, in ihr
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