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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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dem, was Erich gesagt hatte, traf so sehr zu, dass Barbara der Gedanke daran schmerzte. Der Mensch ist unersättlich!, dachte sie. Noch in der Nacht war sie von dem Glück des Augenblicks erfüllt und wäre bereit gewesen, sich damit zu bescheiden. Doch inzwischen hungerte sie nach mehr. Der Augenblick des Glücks sollte Ewigkeit werden, und der Gedanke, dass alles vielleicht schon in Kürze nichts weiter als eine verblassende Erinnerung sein würde, erschien ihr geradezu unerträglich.

    Wo die Grenze zwischen dem Ordensland und dem schamaitischen Niemandsland lag, konnte niemand genau sagen. Es gab keinen Grenzstein und keinen Posten, an dem das zu erkennen gewesen wäre – darüber hinaus war die Zahl der Menschen, die in diesem Landstrich lebten, recht gering.
    Aber irgendwann blieb Valdas stehen und ließ verlauten, dass er hier umzukehren gedenke.
    Â»Wenn Ihr Euren Weg geradeaus fortsetzt, müsstet Ihr auf die Handelsstraße in Richtung der Burg Doblen treffen. Von da zieht Ihr entweder Richtung Mitau weiter, besteigt dort ein Schiff und lasst Euch flussabwärts bis nach Riga bringen, oder Ihr reist mitten durch Kurland, um die Stadt zu erreichen.«
    Â»Dann habt Dank für Eure Dienste«, erklärte Barbara und bot ihm erneut eine Bezahlung in Silber an.
    Valdas lehnte abermals ab.
    Â»Wenn Ihr Bernsteinschmugglern wie Algirdas zu helfen bereit seid, dann verstehe ich ehrlich gesagt Eure Skrupel nicht, diese Bezahlung anzunehmen«, mischte sich Erich ein. »Dass Ihr das alles nur wegen der Freundschaft tut, hat mir von Anfang an nicht eingeleuchtet!«
    Valdas ging darauf nicht weiter ein.
    Er holte etwas unter seiner Kleidung hervor. Es war ein zusammengefaltetes Stück Papier. »Algirdas pflegt für mich Nachrichten mitzunehmen, die er dann seinerseits den Botenreitern des Ordens oder jemand anderem übergibt, die sie dann weiter nach Norden tragen. Wie viele davon tatsächlich ihren Bestimmungsort erreichen, weiß ich natürlich nicht – aber im Abstand mehrerer Monate oder eines Jahres erhalte ich auf dem umgekehrten Weg oft auch eine Antwort.«
    Barbara nahm das Papier an sich.
    Â»Und nun wollt Ihr, dass wir ebenfalls eine solche Botschaft überbringen?«, schloss sie.

    Â»So ist es! Sie ist rein persönlicher Natur.«
    Â»Und an wen ist sie gerichtet?«
    Â»An meine Mutter. Da ich nicht ins Ordensland zurückkehren konnte, habe ich sie auch nicht mehr gesehen, seit wir aus Goldingen geflohen sind.«
    Â»Und wo finden wir sie?«
    Â»Sie lebt hochbetagt im Johannenstift zu Riga.«
    Â»Eure Mutter ist eine Nonne?«
    Â»Die Neigung zur Heilkunde und der Pflege von Kranken hat sie mir offenbar vererbt. Ich wuchs in einem klösterlichen Waisenhaus auf, meine Mutter ist die Tochter eines Bauern, der keinen Buchstaben zu schreiben wusste. Wäre ich anderswo aufgewachsen, wäre ich nie Arzt geworden. Aber wer weiß, welches Unglück mich stattdessen getroffen hätte.«
    Barbara steckte das Papier ein. »Ich werde dafür sorgen, dass Eure Mutter es erhält. Das Stift, das Ihr erwähntet, ist mir durchaus bekannt. Das Haus Heusenbrink hat immer großzügig dafür gespendet.«
    Â 
    Hier trennten sich also ihre Wege von denen des angeblichen Mannwolfs. Valdas zog mit seinem getreuen Tier davon, während Barbara und Erich Richtung Doblen ritten.
    Gegen Abend kamen sie dort an. Der Komtur zu Doblen war Gernot von der Tann, ein guter Bekannter ihres Vaters. Bevor man ihm die Komturei Doblen übertragen hatte, hatte er als Bernsteinvogt des Ordens in Riga gedient und mit Heinrich Heusenbrink einige Jahre auf das Engste zusammengearbeitet.
    Selbstverständlich bekamen sie auf der Burg Quartier, allerdings sehr viel bescheidener, als es in Memelburg der Fall gewesen war.
    Erich nächtigte in einem der Schlafsäle, die für die Ritterbrüder
zur Verfügung standen, während Barbara eine Unterkunft bei den Halbschwestern bekam, die im örtlichen Ordenskrankenhaus ihren Dienst taten. Sie wohnten nicht in der Stadt, da es ihnen im Fall eines Angriffs, wie es sie in der Vergangenheit häufig gegeben hatte, oblag, die Verwundeten zu versorgen. Und das konnte nicht in der Stadt, sondern nur in der eigentlichen Trutzburg geschehen.
    Gernot von der Tann stellte Barbara allerdings die Bedingung, in der Zeit ihres Aufenthalts auf der Burg Frauenkleider zu tragen oder zumindest die

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