Die Bernsteinhandlerin
hatte. Barbara kannte seinen Namen, er hieà Sven Katthult und kam von der Insel Bornholm. »Aber die Heirat einer bestimmten Person, die ich hier und jetzt nicht näher erwähnen möchte, scheint doch so gut wie die einzige Möglichkeit zu sein, am Bernsteinhandel teilzuhaben!«
Erneut brach Gelächter aus, so manchem der Anwesenden wollte das allerdings beinah im Halse stecken bleiben.
»Genau damit sind wir bereits bei einem der zentralen Probleme, die uns alle seit geraumer Zeit beschäftigen«, ergriff nun wieder Gunter SpieÃlauf das Wort. »Bei der Willkür des Ordens nämlich. Zurzeit mag es mancher so sehen, dass das Haus Heusenbrink davon profitiert, weil man es mit Handelsprivilegien bedacht hat. Aber es könnte der Augenblick kommen, da sich viele Dinge ändern und neue Bündnisse geschlossen werden sollten.«
»Neue Bündnisse? Warum so sibyllinisch und nicht klar heraus, wer sich mit wem verbünden soll?«, fragte Barbara.
»Nun, die Entwicklung im preuÃischen Teil des Ordenslandes wird Euch nicht ganz unbekannt geblieben sein, nehme ich an«, meinte SpieÃlauf.
»Ich war vor kurzem noch dort«, berichtete Barbara.
»Dann werdet Ihr ja gespürt haben, wie es in einigen Städten gärt. Es könnte der Tag kommen, da man auch hier in Livland einen Bund gegen Gewalt gründen müsste â¦Â«
»⦠der dann aber nicht gleich eine leichte Beute unseres heiÃgeliebten Erzbischofs Silvester Stodewescher werden dürfte!«, ergänzte ein anderer, schon etwas älterer Sprecher, nachdem er einen tiefen Schluck aus seinem Krug genommen hatte.
»Oder gewisser Kreise in Lübeck!«, fügte Barbara hinzu.
»Wir sollten unsere Interessen klar erkennen«, erklärte Sven Katthult nun mit einer für Barbara überraschenden Nüchternheit, zumal er zuvor noch versucht hatte, sie nach Kräften lächerlich zu machen. »Solange das Bernsteinmonopol besteht und Euer Haus vom Orden privilegiert wird, gibt es für die Heusenbrinks keinen Grund, die Seiten zu wechseln oder einen Bund gegen Gewalt wie in PreuÃen zu unterstützen. Doch falls sich das Blatt wenden sollte und der Orden seinen Einfluss und sein Monopol verliert, dann wärt Ihr zu schwach, um Eure Position zu halten. Ihr brauchtet Verbündete.«
Barbara war sich vollkommen darüber im Klaren, dass sie ihre Worte nun sehr sorgfältig wählen musste. »Ich habe mit meinem Vater sehr oft über die Veränderungen gesprochen, die der Lauf der Zeit mit sich bringt«, sagte sie und bemerkte, dass es plötzlich so still im Raum war, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Offensichtlich war es ihr gelungen, von ihren Gesprächspartnern wenigstens so ernst genommen zu werden, dass man bereit war, ihr Gehör zu schenken. »Niemand, der bei Verstand ist, wird unter veränderten Bedingungen neue Bündnisse ausschlieÃen.«
Sven Katthult lachte. »An Euch muss eine Diplomatin verloren gegangen sein«, meinte er und leerte den restlichen Inhalt seines Krugs in einem Zug.
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Mitternacht war bereits vorbei, als Barbara sich in Begleitung von Thomas Bartelsen und ihren beiden Waffenknechten auf den Rückweg machte.
An den Ãllaternen und Kerzenfackeln, die die StraÃen der nächtlichen Stadt erleuchten sollten, wurde mit Absicht gespart, denn die vorherrschende Meinung im Rat war, dass ein Ãbermaà an nächtlicher Beleuchtung eine Aufforderung zu
sündigem Lebenswandel darstellte. Damit würden nur Wirtsleute und Dirnen ermutigt, ihre Geschäfte allzu lang auszudehnen. So war es in den StraÃen verhältnismäÃig dunkel; eine im Vergleich mit anderen Städten höhere Zahl von Nachtwächtern sollte allerdings dafür sorgen, dass niemand sich des Nachts bedroht fühlen musste.
Barbara fröstelte, sie zog sich den Mantel enger um die Schultern und schlug den Kragen hoch. Von der Düna her wehte ein kühler Wind, der durch die geraden, wohlgeordnet wirkenden StraÃen fegte.
»Ihr habt Euch groÃartig geschlagen«, lobte Bartelsen. »Es mag viele Gründe für die Schwarzhäupter gegeben haben, Euch zu verachten â doch in meinen Augen habt Ihr diese sämtlich widerlegt.«
»Ihr wart schon ein Schmeichler, als ich Euch zum ersten Mal vor drei Jahren in Lübeck begegnete â¦Â«, gab Barbara zurück.
»Damals wollte
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