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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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erhielt Gilbert die Telefonnummern der beiden schwulen Jurastudenten, die Meyerchec und Spano nachspionierten.
    Ebenfalls unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählten sie Gilbert die gesamte Geschichte und zeigten ihm ihre Akte. Sie hatten vier aufschlussreiche Tage in Chicago verbracht, wo sie in Meyerchecs Bar gegangen waren und ihm erzählt hatten, sie seien neu in der Stadt und suchten Freunde. In den vielen Stunden, die sie in dem Lokal verbrachten und mit den Stammgästen tranken, hörten sie nicht ein einziges Mal von einem Prozess in Mississippi. Auf den Fotos des Clarion-Ledger hatte Meyerchec blondes Haar und trug eine flippige Brille. Die Aufnahmen, die die Studenten in der Bar in Chicago gemacht hatten, zeigten ihn mit dunklerem Haar, und eine Sehhilfe schien er auch nicht zu brauchen. Spano hatten die Studenten in einem Designcenter besucht, wo er als Berater für Hauskäufer mit beschränkten Mitteln tätig war. Sie behaupteten, eben in ein altes Gebäude in der Nachbarschaft eingezogen zu sein, und unterhielten sich zwei Stunden lang mit ihm. Irgendwann fragte sie Spano, dem ihr Akzent aufgefallen war, wo sie herkämen. Als sie Jackson, Mississippi, sagten, zeigte er keinerlei Reaktion.
    »Kennen Sie die Stadt?«, fragte einer der Studenten.
    »Nur vom Durchfahren«, erwiderte Spano, ein in Mississippi registrierter Wähler mit einem Führerschein des Bundesstaates, der beim Supreme Court ebendieses Bundesstaates Berufung eingelegt hatte. Obwohl sich Spano nie in Meyerchecs Bar blicken ließ, schienen die beiden Männer tatsächlich ein Paar zu sein. Auf jeden Fall wohnten sie unter derselben Adresse in einem Bungalow in der Clark Street.
    Die Jurastudenten hatten immer wieder in der leeren Wohnung in Jackson angerufen und waren dort vorbeigefahren, hatten aber nie jemanden angetroffen. Nachdem sie vor einundvierzig Tagen an die Tür geklopft hatten, klemmten sie einen Werbeprospekt in einen kleinen Spalt in der Nähe der Klinke. Der Prospekt war noch da, die Tür war nicht geöffnet worden. Der alte Saab hatte sich nicht von der Stelle gerührt, und ein Reifen war platt.
    Gilbert fand die Story faszinierend und verfolgte sie hartnäckig. Der Versuch, in Mississippi zu heiraten, roch nach einem zynischen Komplott, um die gleichgeschlechtliche Ehe zum Brennpunkt des Wahlkampfes zwischen McCarthy und Ron Fisk zu machen, was ausschließlich McCarthy Stimmen kostete.
    Gilbert bedrängte den radikalen Anwalt, der Meyerchec und Spano vertrat, aber ohne Erfolg. Zwei Tage lang verfolgte er Tony Zachary, brachte jedoch nichts aus ihm heraus. Seine Anrufe bei Ron Fisk und dessen Wahlkampfzentrale blieben ohne Antwort. Er telefonierte sowohl mit Meyerchec als auch mit Spano, wurde aber rasch abgewimmelt, als er sich nach ihrer Verbindung mit Mississippi erkundigte. Also beschränkte er sich auf ein paar ausgewählte Zitate von Nat Lester und prüfte die Fakten, die die Jurastudenten ausgegraben hatten.
    Dann schloss er seinen Bericht ab und schickte ihn an seine Zeitung.
30
    Bei dem ersten Streit ging es um die Frage, wer überhaupt in den Saal gelassen wurde. Auf der Seite der Verteidigung hatte Jared Kurtin seine Truppen voll unter Kontrolle. Dort gab es keine Probleme. Dafür ging es auf der anderen Seite umso turbulenter zu.
    Sterling Bintz legte frühzeitig mit einem Gefolge von Anwälten und Schlägertypen einen lärmenden Auftritt hin, behauptete, mehr als die Hälfte der Bowmore-Opfer zu vertreten, und verlangte deswegen eine führende Rolle bei den Verhandlungen. Mit seiner abgehackten, nasalen Stimme und dem im Süden des Bundesstaates Mississippi völlig unbekannten Akzent machte er sich sofort allgemein unbeliebt. Wes überredete ihn schließlich, sich hinzusetzen, aber das war nur vorübergehend. F. Clyde Hardin verfolgte den Streit von einer sicheren Ecke aus, knabberte an einem Keks und betete um eine schnelle Einigung. Das Finanzamt schickte seine Briefe mittlerweile per Einschreiben.
    Ein landesweit bekannter Staranwalt aus Melbourne Beach, Florida, der sich auf Giftmüllskandale spezialisiert hatte, traf mit seinem Team ein und warf sich ins Getümmel. Angeblich vertrat er ebenfalls Hunderte von Geschädigten, und er fand, in Anbetracht seiner großen Erfahrung mit Schadenersatz-Sammelklagen müsse er die Klägerseite vertreten.
     
    Bald stritten sich die beiden Sammelklagenspezialisten um angeblich abgeworbene Mandanten.
    Siebzehn weitere Anwaltskanzleien kämpften um ihre Position.

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