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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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würde. Sie würden auf dem Laufenden sein. In diesem Augenblick hielt die Neuigkeit die Finanzwelt in Atem. Überall klingelten Telefone, seine Rivalen bogen sich vor Lachen und ergötzten sich am Unglück von Krane Chemical. Auch im Internet würden die jüngsten Nachrichten aus Mississippi kursieren.
    Bei jeder anderen Party hätte er, der große Carl Trudeau, sich einfach wegen Krankheit entschuldigen lassen. Er tat immer nur, wonach ihm gerade der Sinn stand. Ging es jemanden was an, wenn er sich in letzter Minute entschloss, eine Party ausfallen zu lassen? Doch dies war nicht irgendeine Party.
    Brianna hatte es geschafft, sich in den Beirat des Museum of Abstract Art zu schleimen, und heute Abend fand dessen pompöse Gala statt — Designerkleider, Smokings mit Kummerbund, die neuesten Ergebnisse der plastischen Chirurgie, perfekt gebräunte Teints, Diamanten, Champagner, Foie gras, Kaviar, ein prominenter Koch. Eine diskrete Auktion für die kleinen Fische und eine öffentliche für die Bonzen. Doch am wichtigsten war, dass jede Menge Kameras vor Ort sein würden, genügend, um die illustren Gäste davon zu überzeugen, dass sie der Mittelpunkt der Welt waren. Die Oscar-Verleihung war nichts dagegen.
    Der Höhepunkt des Abends - zumindest für einige - würde die Versteigerung eines Kunstwerks sein. Jedes Jahr beauftragte der Beirat eigens für dieses Event einen »kommenden« Maler oder Bildhauer mit der Schaffung eines Werkes, das in der Regel bei der Auktion über eine Million Dollar erzielte. Das Gemälde des letzten Jahres, die verstörende Darstellung eines von einer Kugel zerfetzten menschlichen Gehirns, erzielte sechs Millionen. Das Werk dieses Jahres war ein deprimierender Haufen schwarzen Tons, aus dem Bronzestäbe hervorragten, in denen ein geübtes Auge die Silhouette eines jungen Mädchens erkennen konnte. Die Plastik trug den rätselhaften Titel Missbrauchte Imelda und hätte unbeachtet in einer Kleinstadtgalerie in Mississippi gestanden, wäre nicht über ihren Schöpfer, ein gequältes argentinisches Genie, das Gerücht im Umlauf gewesen, er sei akut selbstmordgefährdet. Sollte er Ernst machen, würde das traurige Ereignis den Preis seiner Werke umgehend verdoppeln, was gewieften New Yorker Kunsthändlern und Sammlern klar war. Brianna hatte Broschüren im Penthouse herumliegen lassen und mehrfach angedeutet, dass sich die Missbrauchte Imelda in ihrem Foyer, direkt neben dem Aufzug, fabelhaft machen würde.
    Ihm war klar, dass sie von ihm erwartete, das verdammte Ding zu kaufen. Hoffentlich kam es nicht zu einem hitzigen Bietergefecht. Sollte er tatsächlich Besitzer des Kunstwerks werden, hoffte er schon jetzt, dass der Suizidkandidat bald Ernst machte.
    Brianna tauchte aus dem Ankleidezimmer auf, in dem Kleid von Valentine. Die Hairstylisten waren verschwunden, offenbar hatte sie es allein geschafft, das Kleid und die Klunker anzulegen. »Fantastisch«, sagte er, und es stimmte tatsächlich. Trotz der hervorstehenden Knochen und der sich abzeichnenden Rippen war sie noch immer eine wunderschöne Frau. Ihre Frisur sah eigentlich genauso aus wie am Morgen, als sie am Frühstückstisch ihren Kaffee getrunken und er ihr einen Abschiedskuss gegeben hatte. Jetzt war er um tausend Dollar ärmer, sah aber kaum einen Unterschied.
    O ja, er kannte den Preis von Vorzeigefrauen nur zu gut. Der Ehevertrag sicherte ihr ein Taschengeld von einhunderttausend Dollar pro Monat zu, solange die Ehe bestand, und fünfundzwanzig Millionen, falls sie zerbrach. Außerdem würde man ihr das Sorgerecht für Sadler zusprechen, wobei der Vater mit einer großzügigen Besuchsregelung rechnen durfte - falls ihm nach Besuchen zumute war.
    Kaum saßen sie im Bentley, schoss dieser schon aus der Tiefgarage. Als sie über die Fifth Avenue fuhren, sagte Brianna: »Mein Gott, ich habe ganz vergessen, Sadler einen Gutenachtkuss zu geben. Was bin ich bloß für eine Mutter?«
    »Ihr geht's gut«, entgegnete Carl, der dem Kind ebenfalls nicht Gute Nacht gewünscht hatte.
    »Ich fühle mich schrecklich«, sagte Brianna, scheinbar von sich selbst angewidert. Ihr langer schwarzer Prada-Mantel war offen, sodass der Fond des Bentley von ihren atemberaubenden Beinen dominiert wurde. Beinen, die vom Boden bis zu den Achselhöhlen zu reichen schienen. Nackten Beinen ohne Strümpfe. Beinen, die er bewundern, berühren und streicheln durfte, und es war ihr auch ziemlich egal, ob Toliver einen Blick riskierte. Sie agierte auf einer Bühne,

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